anderbookz Short Story Compilation
dahin.
RENEBE: Halt! Wer ist da? Zieht.
MOTOFENE tritt ein: Er, dessen Name dein Blut zu Eis erstarren lassen wird.
RENEBE: Der Sohn des toten Königs!
MOTOFENE: Ach, tot für Euch und die ganze übrige Welt, doch lebendig für mich und so beständig wie jener Stern, um den sich die ächzende Erdachse dreht. Aufruhr und Lärm von draußen. Vernehmt Ihr nun die Schreie Eures Fleisches und Blutes und Eurer Freundschaft, solche Schreie wie jene, die ich die vergangenen vierzehn Jahre über im Wachen wie im tiefsten Schlaf vernommen habe. Vernehmt Ihr sie nun in Ewigkeit.
RENEBE: Wachen! Zu mir!
MOTOFENE: Zu Euch? Seht Ihr jene Sterne, die vor Eurem prächtigen Fenster zur Erde regnen? Für jeden stirbt eine Frau, ein Kind, ein Freund. Ihr saht zu, sie mein Vater bis auf das blanke Gebein aufgeschlitzt wurde und befahlt doch nicht den Todesstreich! Für Euch habe ich meine Schmiede einen prächtigen Anzug machen lassen. Ganz aus Eisen und Bronze, wie es einem König gebührt! Ihn werdet Ihr tragen, um über den Palasthof hinwegschauend Eure Toten, Bürger und Freunde, zu erblicken. Ihr werdet einen guten, erhabenen Aussichtspunkt haben, denn er wird aus Tauen von feinstem Hanf geschaffen sein. Motofenes Soldaten treten ein. Geht sanft mit ihm um. Wird entwaffnet. Und nun, mein früherer König, hinaus. Obgleich voll heißer Sterne, ist die Nacht kalt. Fürchtet nicht die Berührung der Bronze. In Bälde werdet Ihr gewandet sein, meine Männer wärmen bereits den Anzug für Euch.
Abgang und Vorhang.
Robert ging an dem stöhnenden weißen Mann vorbei und hinter dem Markt weiter die Straße hinunter. Er war zu Mr. Freds Buchladen im Geschäftsviertel von Onitsha unterwegs. Er folgte der breiten Neumarktstraße und bemühte sich, den lärmenden Straßenbahnwagen auszuweichen, die in ihren Gleisen auf die Stadtmitte zutuckerten.
Er trug seine beste Kleidung, obwohl es Samstagmorgen war. In den Händen hielt er sein Stück, das er mit dem Tintenfüller in ein anderes Schulheft übertragen hatte. Er hatte von dem Angestellten des Bücherladens auf dem Markt erfahren, daß der einzige sichere Weg, Mr. Fred zu finden, darin bestand, ihm am Samstagmorgen in seiner Werkstatt aufzusuchen, wenn er letzte Hand an den Onitshaer Wöchentlichen Vulkan legte.
Robert sah zwei Wayway-Vögel auf dem einzigen Telegrafendraht sitzen, der zur Relaisstation im Geschäftsviertel führte. Dem alten Aberglauben gemäß war ein Wayway ein böses Omen, zwei waren ein gutes, drei kündigten eine Überraschung an.
»Mr. Fred ist beschäftigt«, sagte die Frau im Büro des Wöchentlichen Vulkan . Ihr Schreibtisch war mit Exemplaren von Broschüren, die in Mr. Freds Buchladen gedruckt worden waren, alten Ausgaben des Vulkan und einem großen Bild von Mr. Fred umgeben, der unter der riesigen Uhr, auf deren Zifferblatt das Motto der Ägypter, ZEIT IST GESCHÄFT, in seinem Morgenrock ernst dreinblickte.
Der Kalender auf ihrem Schreibtisch, mit dem Bild eines nigerianischen Autors für jeden Monat, war im Oktober 1894 aufgeschlagen. Eine Liste der Bücher dieses Autors, die bei Mr. Fred erschienen waren, war am unteren Rand jeder Seite angefügt.
»Ich würde gern Mr. Fred wegen meines Stückes sprechen«, sagte Robert.
»Deines Stückes?«
»Ja. Ein aufrüttelndes historisches Theaterstück. Es heißt Motofukos Rache .«
»Hat dein Stück die vorschriftsmäßige Form?«
»Es folgt den besten Regeln der Dramaturgie«, sagte Robert.
»Laß es mich einmal sehen.«
Robert zögerte.
»Ist es maschinegeschrieben?« fragte sie.
Ein kaltes Frösteln durchlief Robert.
»Alle Manuskripte müssen maschinegeschrieben sein, zweizeilig mit breiten Rändern«, sagte sie.
Ein Kloß steckte in Roberts Kehle. »Aber es ist in meiner saubersten Handschrift«, sagte er.
»Ich bin sicher, daß es das ist. Mr. Fred liest alles selbst, er ist ein sehr beschäftigter Mann und besteht auf maschinegeschriebenen Manuskripten.«
Die letzten drei Wochen brachen wie ein aus Schlamm und Stroh gebauter Damm über Robert herein.
»Vielleicht, wenn ich mit Mr. Fred spräche ...«
»Es wird dir nicht helfen, wenn dein Manuskript nicht maschinegeschrieben ist.«
»Bitte, ich ...«
»Na schön. Du wirst bis nach eins warten müssen. Mr. Fred muß den Vulkan noch in die Endform bringen und darf nicht gestört werden.«
Es war halb elf.
»Ich warte«, sagte Robert.
Um die Mittagszeit herum verschwand die Dame, und ein junger Mann in einer Weste ließ sich auf
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