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Anderer Welten Kind (German Edition)

Anderer Welten Kind (German Edition)

Titel: Anderer Welten Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ehmer
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Erleichterung darüber ins Gesicht geschrieben stand. Zwar nicht Norddeutschland und Skandinavien, eher Richtung Hamburg, Bremen, das schmälerte aber nicht seine gute Laune, die schon seit ein paar Tagen anhielt, und auch Ingeborg schien gelöster. Das Jahr fing gar nicht schlecht an.
    Christian, dem beinahe rausgerutscht war, dass das Aussehen gar nichts damit zu tun habe, biss sich auf die Lippen und versteckte sich hinter seiner Zeitung. Wenn schon seine Eltern ihn nicht erkannt hatten, dann bestünde ja die Hoffnung, dass ihn auch sonst niemand erkennen würde. Er würde sich jedenfalls dumm stellen. Wenn ich die nächsten Tage überstehe, bin ich vielleicht aus dem Schneider, dachte er.
    Beruhigt war er keinesfalls und Angstszenarien, in denen er erwischt, verhöhnt und verlacht würde, türmten sich in seinem Kopf, als er später in seinem Bett lag und versuchte, Schlaf zu finden. Die Erinnerungen an Ricky von Dülmen brachen mit ihrer ganzen Wucht über ihn herein und in der Dunkelheit des Zimmers verstärkten sich die Bilder, die er mit einem heftigen Kopfschütteln zu verscheuchen suchte. Erst weit nach Mitternacht gelang es ihm, einen oberflächlichen Schlaf zu finden, aus dem er immer wieder hochschreckte. Am meisten graute ihm vor dem Morgen. Er wusste nicht, wie er den Tag durchstehen sollte. Als er das Kratzen an der Tür hörte, war er längst wach.
    Beim Betreten der Klasse war er auf alles gefasst, nicht gewappnet im Sinne einer Behauptung seiner selbst, eher aus der Ecke heraus zur Verteidigung und Abwehr bereit, aber niemand nahm Notiz von ihm und er ließ sich neben Hartmut Gericke in die Bank fallen, nachdem er mit Stefan ein paar Worte gewechselt hatte.
    Auf Stefans Vorschlag, am Nachmittag etwas gemeinsam zu unternehmen, ging er nicht ein und auch für die nächsten Tage schob er Beschäftigungen vor, die keinen Aufschub duldeten. Stefan spürte, wie ihm der Freund mal wieder auswich, und nahm es achselzuckend hin. Er verbrachte seine freie Zeit so oft er konnte bei Frau Sänger, die ihn zur Genüge beschäftigte.
    Helga fehlte, was er nur halb erleichtert zur Kenntnis nahm. Alles lief normal. Entweder hatte niemand Notiz von dem Foto und dem Artikel genommen oder er wurde nicht mit ihm in Verbindung gebracht. Seine nervöse Spannung wich, als ihn im Laufe des Vormittags Stunde um Stunde und Pause um Pause immer weiter aus der Gefahrenzone brachten. Jeden Blick eines Mitschülers oder Lehrers hatte er dahingehend durchforscht, ob er mehr sein könnte als das, was er zu sein vorgab. Argwöhnischer vielleicht oder gar wissend oder sogar verachtend. Aber er konnte nichts feststellen.
    Erleichtert fuhr er nach Hause. Auf der Toilette dachte er einen kurzen Moment daran, das Tagebuch aus seinem Versteck zu holen. Vielleicht hatte Tante Hermine etwas geschrieben, was ihm eine Orientierung in der verfahrenen Situation bieten konnte, einen Eintrag, den er vielleicht übersehen hatte. Aber er merkte, dass Tante Hermine an Reiz verloren hatte, und er war sich unschlüssig, ob er beim Lesen wieder in diese Stimmung geraten könnte, die ihn für sie begeisterte und die ihm letztendlich tröstlich war. So richtig gab sie kein Muster mehr ab in ihrem Verhältnis zu den Männern, nichts Vergleichbares, worauf er sich hätte ernsthaft beziehen können. In diesem Zögern lag schon eine Entscheidung und er machte sich nicht mehr die Mühe, auf allen vieren die Fliesen der Badewannenummantelung zu lösen, um das Buch aus seinem Versteck zu holen. Außerdem war seine Mutter in der Küche und rief gerade, ob er auch einen Tee wolle.
    „Wenn ich nicht genau wüsste, dass du nicht der Junge auf dem Foto bist …“, begann sie das Gespräch, „… das geht mir gar nicht aus dem Sinn … dann …“ Der Satz blieb unvollendet, sie fügte aber nach einer Weile hinzu: „So eine Ähnlichkeit auch …“ Den Mund gespitzt und die Augen zu Schlitzen, schien sie angestrengt nachzudenken.
    Als Christian nur mit einem „Mhm“ antwortete, sagte sie: „Streich dir doch mal die Haare aus dem Gesicht. So an der Seite, weißt du? Wie der Junge auf dem Foto.“
    „Mama! Lass mich doch in Ruhe! Ich habe keine Lust dazu.“
    Die Antwort fiel heftiger aus, als er beabsichtigt hatte, und auf das verwunderte Gesicht seiner Mutter reagierte er mit einem Tätscheln ihres Unterarmes. „Mir ist nicht danach.“ Ein hilfloses Schulterzucken unterstrich seine Stimmung und milderte die Worte ab.
    „Ist ja gut“, sagte sie und schob

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