Andromeda
ihren Lauf von den Bergen herab in die weiten Ebenen hinein gebahnt haben. Ihr tief eingeschnittenes Bett war deutlich auszumachen und ebenso die sich dunkler abhebenden, weit unter das Normalniveau herunterreichenden gigantischen Mulden der ehemaligen Ozeane. Wie groß mußte die Not der Tantaliden geworden sein, wenn sie sogar ihr Wasser in der GROSSEN AMÖBE zu Energie verbrannt hatten!
Wie gesagt, dies alles fand ich – Zeichen des Unterganges und des immer beängstigender werdenden Verfalls –, doch die ganze Zeit über dachte ich nach, wie es nun eigentlich weitergehen sollte.
Unversehens fand ich mich in der Lage Commodore Castors. Auch er hatte vor jener letzten Frage gestanden: Gewalt um jeden Preis – ja oder nein? Und alles nur, um unsere Verschollenen wiederzufinden. Ich verstand ihn nun besser. Dennoch befand ich mich in einer etwas günstigeren Situation. Ich war nicht mehr blind. Ich wußte heute mehr, als wir damals alle zusammen auf Tantalus gewußt hatten. Dennoch lief es auch für mich darauf hinaus, Hand anzulegen an die verschlossenen Türen und die Tantaliden zu nötigen, meine Anwesenheit endlich zur Kenntnis zu nehmen.
Nur Türen öffnen wollte ich – aber hatten wir nicht auch auf Tantalus nur versucht, eine Tür zu öffnen? Es war ein Teufelskreis. Obwohl ich die Tantaliden vor Augen gehabt hatte, blieb die Gefahr, daß auch ich aus Unkenntnis Folgereaktionen auslösen könnte, die dann nicht bloß für mich lebensbedrohend sein würden.
Ich sah nur eine Lösung: so behutsam vorgehen, daß jederzeit noch die Möglichkeit zum Innehalten und zur Umkehr bestand. Ich durfte kein Leben gefährden – jedenfalls kein fremdes. Mich selbst durfte ich opfern, vielleicht auch noch meine Kameraden – denn waren wir nicht schon Geopferte in einem weiteren Sinn? Doch darüber hinaus war alles tabu für mich.
An diesem Punkt angelangt, kam jedesmal tiefe Niedergeschlagenheit über mich. Die Türen und gläsernen Wände würde ich also aufreißen müssen – und dann?
Warum kamen mir nicht die ALKAREN entgegen? Warum nahmen sie mir nicht wenigstens etwas ab von der Last dieser Entscheidung? Sie waren doch da, sie lebten doch, es hätte doch alles so einfach sein können.
Es war schon ein eigenartiger Zwischenzustand, in dem ich mich während dieser Tage befand. Denn wenn auch alles, was ich unternahm, darauf hinauslief, mich und die AMÖBE auf den letzten Akt dieses Dramas vorzubereiten, so zögerte ich den end-gültigen Entschluß doch immer wieder hinaus.
Längst hatte ich herausgefunden, daß es eigentlich kein Material gab, welches dem Zugriff der AMÖBE zu widerstehen vermochte. Wenn man es ihr befahl, durchbohrte sie Häuserwände und Felsen, grub Tunnel und Gänge in erstaunlich kurzer Zeit, und nur, daß man es ihr eben befehlen mußte. Von sich aus tastete sie all dies nicht an. Es gehörte wohl zum Programm, das ihr anerzogen worden war. Und noch etwas trat dabei zutage und gab all meinen Beobachtungen recht: Im Gegensatz zu metallischer Nahrung bekam ihr siliziumhaltige Kost ganz und gar nicht. Es schien bei der Verwandlung dieses und verwandter Elemente ein Energiedefizit in der AMÖBE zu entstehen. Sie setzte dann Kraft zu, statt welche zu gewinnen. Doch das machte mir letztlich keine Sorge. Dazu war sie schließlich da, und jede andere Maschine verbrauchte ja auch Energie, wandelte sie um in nicht mehr nutzbare Formen.
Den letzten Anstoß gab schließlich jene Stimme in der Nacht. Ich hatte einen anstrengenden Reisetag hinter mir, an dessem Ende ich noch etwas Neues entdeckt zu haben glaubte – seltsame kuppelförmige Gebilde fern am Horizont, von einem flirrenden, hellen Schein überwölbt. Das wollte ich mir am nächsten Morgen genauer ansehen, hatte aber auf meinem Lager noch lange Spekulationen darüber angestellt, worum es sich dabei handeln könnte. Dann war ich endlich eingeschlafen, in unruhige Träume verfallen, bis die Stimme mich aufweckte.
Es war eine große Stimme, eine echte Stimme, akustisch getragen, keine Telepathie diesmal, und bewirkte, daß ich mit einem Schlag in den Wachzustand zurückkehrte.
Dies aber rief die Stimme mit metallischem Ton: „Wanderer, oh, Wanderer! Vernimm das Wort des GROSSEN ZENTRUMS! Halte dich zur Evakuierung bereit. Die Lösung der ABSCHLUSSFRAGE steht bevor, und die Prognose ist nicht günstig. Sieben mal sieben Planetenumdrehungen hast du noch Frist. Finde dich im Morgengrauen der fünfzigsten Umdrehung beim Rundbau ein. Dort
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