Andular II (Die Erneuerung des Kreises) (German Edition)
dessen Pfeile niemals ihr Ziel verfehlten und so griff er im selben Moment als er den Pfeil freigab an das Amulett, das ihn umgehend zu seinem dunklen Herrscher zurückbrachte.
Doch wie mittlerweile ein jeder weiß, verfehlte der Pfeil sein Ziel und bohrte sich anstatt in Inoels Leib in die Brust des Königs. Da Inoel die Tochter eines Schicksalswebers war, vermochte keine der irdischen Waffen ihr einen Schaden zuzufügen und so wich der Pfeil von seiner Route ab und suchte sich das nächstgelegene Ziel. Und das war Inoels Vater, der direkt neben ihr gestanden hatte.
Doch auch diese Nachricht ereilte Salagor, und da er keinen Sinn darin sah, einen weiteren Versuch zu unternehmen, wartete er noch lange Zeit, bis der Tag kommen würde, an dem seine Armee so groß wäre, um jeden, der es wagen würde sich ihr in den Weg zu stellen, gnadenlos zu vernichten. Seine Armee würde die Stadtmauern Vaskanias niederreißen und letztendlich mit Inoel wieder nach Namagant zurückkehren, wo er sie ein für alle Mal beseitigen würde. Keinem seiner Diener würde dies gelingen, dieser Aufgabe musste er sich selbst widmen. Und in Namagant, unterstützt und bewacht von seiner Armee und dem Schattenwall, würde ihn niemand in die Quere kommen.
Was Salagor laut der Erkenntnis des Wolkenwals aber nicht berücksichtigt hatte, war, dass der Kristall durch sein Eingreifen mit der Zeit allmählich an Kraft verlor. Wenn die geraubten Splitter von Andulars Träne nicht bald wieder an ihren ursprünglichen Platz gelangen würden, würde das dem Gleichgewicht so sehr schaden, dass der Welt dadurch über kurz oder lang der totale Zerfall drohte.
Als der Wolkenwal nach langer Zeit alle Fragen beantwortet hatte, sprach er noch ein letztes Mal zu dem Vanyanar:
„Meister Jindo, ich habe mich aus Scham in die Tiefen des Sees zurückgezogen, weil ich mit Schuld an dem trage, was bald mit unserer Welt geschehen wird. Dass ich mich dem Willen Salagors nicht widersetzen konnte, betrübt mich zutiefst. Ich bin schwach und mit jedem Tag werde ich schwächer. Ein letztes Mal habe ich mich vor einiger Zeit am Himmel blicken lassen, um mich von dieser Welt zu verabschieden. Doch es besteht noch Hoffnung, jetzt da ihr hier seid. Als Letzten des alten Kreises bitte ich euch, die Splitter zu mir zurückzubringen, damit ich sie wieder mit Andulars Träne vereinigen kann! Doch vorher muss Salagor vernichtet werden. Sucht euch Freunde, deren Treue und Aufrichtigkeit ihr euch sicher seid und dann erneuert den alten Kreis! Es spielt keine Rolle, woher sie stammen, aber vergewissert euch, dass sie reinen Herzens sind. Geht und erneuert den alten Kreis! Geht und stellt euch Salagor! Ich bedaure mein Handeln und ebenso das ich euch nicht früher von der lauernden Gefahr in Kenntnis setzen konnte, aber solange die Splitter sich in Salagors Besitz befinden und er nicht vernichtet ist, kann ich euch nicht helfen. Ich kann mich ihm nicht widersetzen. Weder kann ich den Schattenwall durchdringen und euch berichten, wie weit sich seine dunkle Macht bereits auf Namagant ausgebreitet hat. Aber vielleicht könntet ihr es. Findet eine Möglichkeit den Schattenwall zu umgehen und begebt euch nach Namagant. Ich wünsche euch alles Glück dieser Welt.“
Dann tauchte sein massiger Körper wieder unter die Wasseroberfläche und verschwand.
Lange Zeit standen sie noch oberhalb der Klippe und machten sich Gedanken über die Worte des Wolkenwals, als plötzlich ein Schrei des weißen Raben die stille Abenddämmerung zerriss, die sich mittlerweile über die Insel gelegt hatte.
Alle drei drehten sich in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war und jetzt sahen sie Avakas, der von den hohen Hügelkuppen zu ihnen hinunter geflogen kam und sich schließlich auf Candols Arm niederließ.
„Er ist so aufgebracht“, bemerkte Jesta.
„Irgendetwas stimmt nicht!“, sprach Candol leise und versuchte den Raben wieder zu beruhigen, aber der sprang sogleich wieder auf und flog ein Stück weiter den Kessel hinauf, wo er sich auf einen der Bäume setzte.
„Was hat er denn?“, rief Jesta und starrte Avakas hinterher.
„Das Boot!“, rief der Vanyanar plötzlich und machte sich sogleich auf den Rückweg.
„Das Boot? Was ist denn mit unserem Boot?“
„Beeil dich, Jesta. Irgendwas stimmt hier nicht!“, antworte Candol und eilte hinter dem Vanyanar her durch die ersten Baumreihen.
Am Strand angekommen, sahen sie, weshalb Avakas sie gerufen hatte. Das kleine Boot, das sie doch
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