Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
kriechenden Bewegungen näher, sodass Jesta sie leise stöhnen hören konnte. Die dumpfe, röchelnde Atmung der Kreatur drang tief in Jestas Gehörgänge, ließ sein Fell zu Berge stehen und lähmte ihn. Er wollte davonlaufen, in die Richtung eilen, in der er Crydeol zuletzt gesehen hatte – doch es gelang ihm nicht. Seine Beine gehorchten ihm nicht mehr.
Plötzlich sprang die Gestalt hervor und Jesta gefror das Blut in den Adern. Die Kreatur vor ihm war kein Mensch. Ihr aschgrauer Körper war bis auf den zerfetzten Lendenschurz nahezu unbekleidet und Jesta konnte erkennen, wie sich jeder einzelne Knochen unter der fleckigen Haut abzeichnete. Die langen, dürren Arme des Wesens reichten fast bis auf den Boden, und aus den dünnen Fingerspitzen der riesigen Hände, wuchsen lange braune Krallen. Aber das Abscheulichste war ihr Kopf. Ein unglaublich großes Maul stach Jesta ins Auge. Der Unterkiefer hing beinahe bis an den Brustkorb herab, so als hätte es sich den Kiefer ausgerenkt, aus dem oben und unten jeweils ein großer Schneidezahn klaffte; braun und faulig. Die eiskalten Augen des Wesens starrten ihn direkt an,
dann sprang es ihn mit einem entsetzlich grellen Schrei entgegen.
Und da erlangte Jesta wieder die Kontrolle über seinen Körper. Mit zitternden Fingern riss er sein Schwert in die Höhe, und ohne zu wissen was er da eigentlich gerade tat, rammte er der Kreatur die Klinge ins Maul, worauf sie sich röchelnd an den dünnen Hals packte und wie von Krämpfen geschüttelt auf Jesta zuwankte. Voller Entsetzen ließ der Durandi das Schwert los, trat zurück, stürzte und fiel, als plötzlich Crydeols Schwert durch die Luft sauste und der Kreatur den Kopf abschlug, der daraufhin mit einem dumpfen Geräusch zu Boden fiel und vor Crydeols Füßen liegen blieb. Der General stemmte rasch einen seiner Stiefel auf den Schädel und zog Jestas Schwert mit einem kräftigen Ruck aus dem blutigen Maul. Schwarzes Blut tropfte von der Klinge.
Als Jesta sich wieder aufgerichtet hatte, sah er im Schein des Feuers zwei weitere Kreaturen am Boden. Auch sie waren tot.
„Was sind das für Geschöpfe?“, rief Jesta und blickte zu Crydeol, der gerade die Klinge seines Schwertes sauber wischte.
„Slynocks!“, antwortete er.
„Und die Schreie? Ich habe Schreie gehört, menschliche Schreie, wie die von Frauen!“
„Das waren die Slynocks, Jesta. Sie verbergen sich in der Dunkelheit und ahmen die Schreie von Menschen nach, um ihre Opfer anzulocken. Ich habe mich auf die Suche nach ihnen gemacht und dich hier am Feuer zurückgelassen, weil Feuer das Einzige ist, das sie fürchten“, antwortete er und legte die toten Körper der Kreaturen etwas abseits auf einen Haufen. „Vielleicht treiben sich noch einige von ihnen hier in der Gegend herum, weswegen wir den Rest der Nacht abwechselnd Wache halten sollten. Aber keine Angst, sie werden sich hüten zu nahe an die Feuerstelle zu kommen, vorausgesetzt, wir halten das Feuer durchgehend am brennen. Also komm und hilf mir noch mehr Brennholz zusammen zutragen.“
„Sie fürchten das Feuer sagt ihr?“, fragte Jesta ungläubig. „Eins von den Biestern ist mir direkt entgegen gesprungen, und es sah nicht so aus, als würden die Flammen ihm Angst einjagen!“ Plötzlich blieb er wie gelähmt stehen. „Die Tiere! Wo sind Nevur und Lago?“ Er schoss an Crydeol vorbei, der ihn gerade noch an der Schulter erwischen konnte und festhielt.
„Den beiden geht es gut! Vermutlich war das Feuer zu niedergebrannt, um sie von einem Angriff abzuhalten.“ Crydeol steckte den Holzscheit wieder in Brand und ging auf die übereinandergelegten Slynocks zu.
„Was habt ihr vor?“, fragte Jesta und wurde Zeuge, wie Crydeol den Haufen der toten Körper in Brand steckte. Ein abscheulicher und beißender Geruch verbreitete sich daraufhin, von dem Jesta sofort übel wurde.
„Der Gestank wird ihre Artgenossen davon abhalten uns noch einmal in dieser Nacht zu besuchen“, rief ihm Crydeol zu und kam wieder zurück.
„Schön“, sagte Jesta und hielt sich die Nase zu, „aber hättet ihr das nicht auch in einiger Entfernung machen können?“
„Hätte ich schon“, antwortete Crydeol und zog ihm die Hand von der Nase, „aber ich bezweifele, dass es dann noch genau so wirkungsvoll gewesen wäre, wie hier an unserem Lager.“
„Warum haben sie sich die letzten Nächte denn nicht gezeigt?“, fragte Jesta und nahm neben ihm am Feuer Platz.
„Ich vermute, dass der Geruch des Hirsches sie
Weitere Kostenlose Bücher