Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
beiden bei mir seid, wenn Crydeol wieder erwacht, denn ich kann nicht sagen, wie er reagieren wird, wenn er mich sieht. Ich habe es eben nur nicht erwähnt, weil ich nicht wollte, dass der Durandi es mitbekommt.“
„Mach ich Renyan, aber wie finde ich den Weg durch den Wald? Ich habe ihn nie zuvor betreten.“
Renyan kniete vor ihr nieder und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Wenn du die Waldgrenze erreicht hast, halte nach einem weißen Raben Ausschau. Er wird euch leiten.“
Leeni nickte. „Nach einem weißen Raben, mach ich!“
Kurz darauf kam Jesta mit Lago und Nevur wieder die Straße hinauf und führte sie bis an Crydeol heran. „Das ist Lago“, sagte er zu Renyan und hielt ihm die Zügel hin. „Er gehört Crydeol. Er ist ein gutes Pferd und wird euch sicher zu eurem Ziel bringen.“
Renyan musterte das Tier vor sich und blickte dann zu Nevur hinüber. „Und ist das dein Tier?“, fragte er skeptisch.
„Ja, das ist Nevur, mein Esel und nicht minder tapfer als des Generals Pferd!“
„Du solltest deinen Esel nehmen und wieder nach Hause reiten, Durandi. Dein Herr braucht schnellstmögliche Hilfe und wir haben keine Zeit mehr“, erwiderte Renyan, der Crydeol nun vorsichtig auf Lago setzte und sich hinter ihm in den Sattel schwang.
„Crydeol ist nicht mein Herr!“, erwiderte Jesta zornig. „Und glaubt ihr wirklich, er hätte meine Gesellschaft die ganze Reise bis hierher geduldet, wenn ich und mein Esel ihn aufgehalten hätten?“
Unentschlossen blickte Renyan abwechselnd zu Jesta und dem Esel.„Nun gut. Aber erwarte keine Rücksicht meinerseits. Ich nehme doch an, dass dir etwas daran liegt, dass Crydeol wieder gesund wird, habe ich recht?“
Jesta nickte entschlossen. „Allerdings! Er wird es doch schaffen, oder?“
„Nicht wenn wir uns noch weiter hier aufhalten!“ Er führte Lago herum, nickte Leeni zum Abschied noch einmal zu und ritt dann zusammen mit Jesta eilig die Straße hinunter.
Der Rabe und der Einsiedler
Schon bald hatten sie den Fuß des Molgebirges erreicht und verließen die große Gebirgsstraße in östlicher Richtung.
So schnell er konnte galoppierte Jesta hinter Renyan her, der soeben die große Brücke des Lyrdas überquert hatte und nun weiter nach Osten ritt. Vorbei an hohen Gräsern, die sich sanft im Wind wiegten, ritten sie geschwind weiter, bis vor ihnen in der Ferne ein großer Wald am Horizont auftauchte.
Die Wipfel der hohen Bäume leuchteten wie ein undurchdringliches Meer aus rotgoldenen Blättern und je näher sie kamen, desto überwältigender war ihr Anblick. Dieser Wald war anders als die Wälder die Jesta zuvor gesehen und betreten hatte, denn irgendetwas Magisches schien von diesem auszugehen und erfüllte sein Herz mit Hoffnung und Zuversicht. Schon während sie in den Wald hinein ritten, atmete er den angenehmen, schweren Duft der Bäume ein und ihm war, als würde eine belebende Frische seinen Körper durchströmen.
So ritten sie einige Zeit weiter, bis sich plötzlich der Weg vor ihnen gabelte und Renyan stehen blieb.
Jesta führte Nevur neben Lago und sah Renyan fragend an. „Warum haltet ihr an?“
Renyan betrachtete nachdenklich die beiden Wege, die jeweils rechts und links vor ihnen weiter in den Wald hinein führten. „Weil ich nicht weiß, welchen der beiden Wege wir nehmen müssen.“
„Wie bitte? Was soll das heißen, ihr wisst es nicht? Sagtet ihr nicht, ihr wärt schon einmal hier gewesen?“
Renyan antwortete ihm nicht gleich und starrte in den Wald hinein, als ob er nach irgendetwas Ausschau halten würde. „Ja, das sagte ich. Doch das hat nichts zu bedeuten. Dieser Wald ist nicht wie andere Wälder, Durandi. Fühlst du es denn nicht?“ Renyan sah ihn eindringlich an und forderte ihn mit einer Handbewegung dazu auf sich umzusehen. „Der Geruch, der von den Bäumen ausgeht und die Luft, die uns umgibt. Spürst du ihre Wirkung nicht?“
Jesta wusste nicht recht vorauf sein Gegenüber hinaus wollte und zuckte unwissend mit den Schultern. „Was genau meint ihr? Das Einzige, was ich behaupten kann ist, dass ich mich ausgeruht fühle, so als hätte ich einen langen und erholsamen Schlaf hinter mir.“
Renyan nickte. „Das macht der Wald, Jesta. Dieser Wald ist verzaubert, er…er lebt!“
Jesta starrte ihn mit großen Augen an. „Er lebt? Was meint ihr damit, er lebt? Und was hat das alles damit zu tun, das ihr euch nicht mehr an den Weg erinnern könnt?“
„Es ist nicht so als hätte ich es vergessen.
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