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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Freude an dieser grünen Landschaft voller Giddea, Eukalyptus- und Terpentinbäumen und Akazien, und sie stellte fest, dass das Reiten im Spinnifex-Gras ihr mehr Spaß machte als auf nackter roter Erde. Auch die Wasserlöcher im Schatten von Kalksteinhöhlen und blühendem Blutholz-Eukalyptus gefielen ihr gut.
    Entspannt saß sie auf Clippers Rücken. Der Schecke hatte ein bisschen zugenommen, nachdem er ein paar Tage lang gutes Gras und frisches Wasser bekommen hatte, und sein Fell glänzte wieder. Sogar der Grauschimmel sah gesünder aus, aber sie merkte doch, dass das Tier müde war; hoffentlich würde er lange genug durchhalten, um auf der Rinderfarm seine wohlverdiente Ruhe zu finden. Der Grauschimmel war das einzige Andenken an ihren Vater, das sie hatte.
    Endlich gelangten sie über eine flache Anhöhe, und unten im Tal vor ihnen erschien Warratah. Von goldenem Sonnenlicht überflutet, lag die Farm inmitten eines blutroten Geländes. Das rostige Wellblechdach verschwand fast völlig unter der schneeweißen Blütenpracht eines Jarrahbaums. Violette Bougainvilleenund rote Rosen rankten sich am Wasserturm hinauf, und ein limonengrüner Pfefferbaum spendete Schatten für Viehpferche und Gehege. Eine Gruppe von zitronengelb blühenden Akazien sprenkelte die Pferdekoppel, und die Sonne funkelte auf dem Wasser, das der Billabong noch enthielt. Im Norden des Farmgeländes erstreckte sich eine Rollbahn aus Lehm. Das zweimotorige Propellerflugzeug war nur ein weißer Punkt auf der roten Erde.
    Joe stieß einen leisen Pfiff aus. »Junge, das ist aber eine tolle Farm, die deine Tante da hat!«
    Ellie merkte, dass sie wieder Mut schöpfte. Warratah war schöner, als sie es sich je hatte träumen lassen. Als sie so auf die weitläufigen Nebengebäude und Stallungen hinunterblickte und die gepflegten Rinder auf den Weiden sah, da wusste sie, dass sie nie wieder von hier fortgehen würde, wenn es nicht sein müsste. Erwartungsvoll ließ sie Clipper den flachen Abhang hinuntertraben.
    Beim Überqueren der Koppel hörte sie Hammerschläge auf Metall, und sie entdeckte die Schmiede. Auf dem Hof liefen Männer geschäftig hin und her; sie schleppten Futtersäcke und Sättel und riefen einander unter dem Muhen der Kühe dies und jenes zu. Zahlreiche Holzhütten umstanden den Farmhof. Ellie konnte nur vermuten, wozu sie dienten. Es waren vor allem die prächtigen Pferde auf der Koppel, die ihre Aufmerksamkeit erregten, und das schrille Gekläff der Hunde in dem riesenhaften Zwinger entlockte ihr ein Lächeln.
    Der Duft der Rosen und Akazienblüten stieg ihr zu Kopf und lag noch in dieser Entfernung schwer in der Luft. Ellie verspürte das erste Beben des Zweifels. Dad hatte ihr eigentlich nicht viel von dieser Farm erzählt, und nie hatte er erwähnt, dass ihre Tante reich sei. Aber als sie sich dem letzten Tor näherten, durch das sie auf den Hof gelangen würden, sah sie, dass die Veranda auf der einen Seite abgesackt war. Die Fliegengitter mussten geflickt werden, und das Dach unter der Flut weißer Blüten war unfachmännisch repariert worden. Die Farbe am Haus blätterte ab, die Stufen zur Veranda waren von Termiten zerfressen, und das weiße Ziergitter, das sich wie Spitze am Verandadach entlangzog, hatte auf jeden Fall bessere Zeiten gesehen.
    »Sieht aus, als gäb’s ein Begrüßungskomitee«, brummte Joe, denn überall hielt man in der Arbeit inne. Mindestens fünfzig Augenpaare beäugten sie misstrauisch, als sie näher kamen. »Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«
    Ellie nickte. Ein Gelbwangenkakadu beschimpfte sie kreischend von seiner Stange auf der Veranda. Sie hatte einen trockenen Mund und Herzklopfen, denn sie hatte die elegante blonde Frau erkannt, die ans Verandageländer getreten war. Ellie wusste, das konnte nur Ärger bedeuten.
    »Du liebe Güte!« Charlie schnappte nach Luft. »Ist der alte Drachen etwa deine Tante? Der möchte ich aber nicht im Dunkeln übern Weg laufen.«
    »Haut ab«, krähte der Kakadu. »Kein Logis hier!«
    Ellie unterdrückte ein nervöses Kichern. Es war eine außergewöhnliche Frau, die sie da auf der obersten Stufe erwartete. Sie trug eine Männerjacke, und die ausgebeulte Hose war in dicke Wollsocken gestopft; so stand sie in kräftigen Halbschuhen breitbeinig auf der Veranda. Ihr Monokel blitzte im Sonnenschein. Pfeifenrauch wehte vor ihrem Gesicht und hinterließ eine ingwerfarbene Welle vorn in ihrem dichten, silbrigen Haar. Tante Aurelia sah wirklich nicht so aus, wie

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