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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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seine Flagge.
    Charlie brachte Satan schnell von der Startlinie weg und entkam dem ersten turbulenten Gedränge. Er befand sich dicht am Geländer, im Windschatten des Rappen und eines zweiten Braunen, als das Rennen in vollem Gang war. In mühelosem Lauf führten sie das Feld um die erste lang gezogene Kurve an, und jeder der drei Jockeys behielt die beiden anderen wachsam im Auge.
    Das restliche Feld begann zurückzufallen, als sie das erste Mal an der Tribüne vorbeikamen. Die Zuschauer brüllten bereits, und Charlie ließ Satan die Zügel ein wenig lockerer, aber nur so viel, dass er nicht allzu früh erschöpft sein würde.
    Der Braune, der in Führung lag, wurde langsamer; sein Jockey trieb ihn mit Sporen und Peitsche voran. Satan griff weiter aus und holte an der Außenseite des Rappen auf, bis sie Kopf an Kopf lagen. Charlie konzentrierte seinen Blick auf den anderen Braunen. Donnernd nahmen sie die letzte Kurve. Die Ziellinie war in Sicht.
    Der tapfere kleine Braune versuchte weiter mitzuhalten, aber er hatte nicht mehr den Atem dazu. Als sie zum zweiten Mal an der Tribüne vorbeikamen, war er ins Feld zurückgefallen. Satan und der Rappe liefen noch immer Kopf an Kopf.
    Charlie ließ Satan nun freien Lauf. Er erhob sich in den Steigbügeln, beugte sich tief über den gestreckten Hals und feuerte ihn an. Der Rappe war immer noch neben ihm. Die Ziellinie war keine zwanzig Yard mehr entfernt.
    Da traf die Peitsche des anderen Jockeys klatschend auf Charlies Wange. Charlie zuckte zusammen. Konzentration und Gleichgewicht waren dahin. Ein Stiefel traf sein Bein und stieß seinen Fuß aus dem Steigbügel. Der Rappe zog davon.
    Satan legte die Ohren zurück, als Charlie ganz unerwartet an dem Zügel riss, verzweifelt bemüht, nicht aus dem Sattel zu fallen. Der Rappe lag jetzt um eine Nasenlänge in Führung; er griff weiter aus und entfernte sich immer mehr. Verwirrt und erschrocken über das, was da mit dem Mann auf seinem Rücken geschah, tat Satan einen Fehltritt. Er stolperte; ein Vorderhuf bohrte sich in die hart gestampfte Erde, und grausam verrenkte sich das schlanke Bein.
    Unter dem Gebrüll der entzückten Menge schoss der Rappe über die Ziellinie. Der einheimische Jockey richtete sich in den Steigbügeln auf und nahm den Jubel mit ausgebreiteten Armen entgegen.
    Vor Angst und Schmerz wiehernd, stürzte Satan zu Boden. Schwarze Punkte tanzten vor Charlies Augen, als er aufschlug und das Tier über ihn hinwegrollte. Atemlos lag er da; er hörte nur die Stille, die auf die anderen Pferde folgte, als sie vorübergedonnert waren, und spürte das Gewicht Satans auf sich, der sich unter Qualen wand.
    Raue Hände zogen Charlie auf die Beine, und der Tierarzt untersuchte Satan rasch. Charlie war verwirrt und benommen. Allmählich kam er wieder zu sich. Er hörte laute streitende Stimmen und erblickte das zufriedene Grinsen des Jockeys, der gesiegt hatte, in der Menge.
    »Du mieser Hund!«, schrie Charlie und riss sich los von denen, die ihn zurückhalten wollten. Er versuchte, durch das Gedränge zu dem wieselgesichtigen kleinen Kerl zu gelangen. »Ich schlag dir den verdammten Schädel ein, du Dreckschwein!«
    Das grinsende Gesicht tauchte in der Menge unter, und Charlie hörte plötzlich nur noch eine Stimme, die sich aus dem Gewirr erhob. Es war eine ruhige Stimme voller Erfahrung und Trauer. »Das Pferd muss erschossen werden.«
    Charlie kämpfte sich zu Satan zurück. Der Kupfergeschmack der Angst erfüllte seinen Mund, und der Schweiß auf seiner Haut war kalt trotz der Hitze.
    Satan lag auf der Seite. Die breite Brust hob und senkte sich, während er nach Atem rang. Der wunderschöne Glanz seines Fells war schon dahin, und vorwurfsvolle, schmerzerfüllte Augen verdrehten sich, sodass nur noch das Weiße der Augäpfel zu sehen war. Der edle Hals bog sich nach hinten, und gebleckte Zähne richteten sich zum Himmel.
    »Satan?«, flüsterte Charlie und fiel neben dem Tier auf die Knie. »Oh, Satan! Was hab ich nur getan?« In diesem Augenblick hätte er dem Pferd die Qualen gern abgenommen. Hätte gern alle Preisgelder geopfert, die er je noch hätte gewinnen können, wenn nur Satan wieder gesund werden könnte.
    »Tut mir Leid, mein Freund. Hat sich das Bein gebrochen. Ich kann nichts für ihn tun.«
    Charlie hob den Kopf, als er das Klicken der Patrone in der Kammer hörte. »Nicht. Bitte nicht«, flehte er. »Es muss doch eine Möglichkeit geben.«
    Ein ernstes Gesicht mit freundlichen Augen schaute auf

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