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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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müssen. Meinen Dank, Baron. Wie kommt es, daß ich Sie zum ersten Male bei Hofe sehe?
    Madame, mein ältester Bruder, der unsern Vater ersetzt, hat mir befohlen, bei meinem Regimente zu bleiben, und in den sieben Jahren, die ich in den Heeren des Königs zu dienen die Ehre habe, bin ich nur zweimal nach Versailles gekommen.
    Die Königin heftete einen langen Blick auf das Gesicht des jungen Mannes und sagte dann zu ihm: Sie gleichen Ihrem Bruder. Ich werde Ihren Bruder schelten, daß er gewartet hat, bis Sie sich selbst bei Hofe einfanden. Und sie wandte sich gegen die Gräfin, ihre Freundin um, die sich durch den ganzen Auftritt in ihrer Unbeweglichkeit nicht hatte stören lassen.
    Doch völlig anders verhielt sich die übrige Versammlung. Elektrisiert durch den Empfang, den die Königin dem jungen Mann hatte zu teil werden lassen, übertrieben die Offiziere aus Leibeskräften den Enthusiasmus für die königliche Sache, und man hörte in jeder Gruppe Ausdrücke von einem Heldenmut erschallen, der ganz Frankreich zu bändigen imstande gewesen wäre. Marie Antoinette benützte diese Stimmung, die offenbar ihren geheimen Gedanken schmeichelte.
    Sie hatte mehr Neigung zum Kampf, als zur Geduld, zum Widerstreben, statt zum Nachgeben. Von den ersten Nachrichten an, die ihr von Paris zugekommen, war sie auch zu einem hartnäckigen Widerstand gegen diesen Geist der Rebellion entschlossen, der alle Vorrechte der französischen Gesellschaft zu verschlingen drohte.
    Auf die paar Worte, die der Graf von Charny gesprochen, auf das von den Anwesenden ausgesprochene Hurrah der Begeisterung sah sich Marie Antoinette im trügerischen Hoffnungsschein an der Spitze einer mächtigen Armee; sie hörte in der Einbildung ihre ungefährlichen Kanonen rollen und ergötzte sich an dem Schrecken, den sie den Parisern einflößen müßten, wie an einem entscheidenden Sieg.
    Trunken von Jugend, Vertrauen und Liebe, zählten Männer und Frauen um sie her die glänzenden Husaren, die schweren Dragoner, die furchtbaren Schweizer, die geräuschvollen Kanoniere auf, und lachten über die plumpen Piken mit den rohen hölzernen Stielen, ohne daran zu denken, daß am Ende dieser gemeinen Waffen die edelsten Köpfe Frankreichs sich erheben sollten.
    Ich, murmelte die Prinzessin von Lamballe, ich habe mehr Angst vor einer Pike, als vor einer Flinte.
    Weil das häßlicher ist, meine liebe Therese, erwiderte lachend die Königin; doch in jedem Fall beruhige dich. Unsre Pariser Pikeniere sind nicht so viel wert, als die Schweizer Pikeniere von Morat, und die Schweizer von heute haben mehr als Piken: sie haben gute Musketen, mit denen sie vortrefflich zielen.
    Oh! was das betrifft, dafür stehe ich, sagte Herr von Bezenval.
    Die Königin wandte sich abermals gegen Frau von Polignac, um zu sehen, ob ihr alle diese Versicherungen ihre Ruhe nicht wiedergeben würden; doch die Gräfin schien trauriger als je.
    Die Königin, die in ihrer unendlichen Zärtlichkeit dieser Freundin die königliche Würde zum Opfer brachte, flehte vergebens um ein lachenderes Gesicht.
    Die junge Frau blieb düster und schien in die schmerzlichsten Gedanken versunken.
    Diese Entmutigung hatte aber keinen andern Einfluß auf die Königin, als den, sie zu betrüben. Die Begeisterung unter den jungen Offizieren erhielt sich auf derselben Höhe, und alle entwarfen, um ihren Kameraden, den Grafen von Charny, versammelt, den Schlachtplan.
    Mitten unter dieser fieberhaften Belebtheit trat der König allein, ohne Diener, ohne Befehle und lächelnd ein.
    Ganz glühend von den Gemütsbewegungen, die sie um sich her angefacht hatte, eilte die Königin ihm entgegen.
    Als man den König erblickte, stockte jedes Gespräch, und bald herrschte das tiefste Stillschweigen; jeder wartete auf ein Wort des Herrn, auf eines jener Worte, die elektrisieren und unterjochen.
    Man horchte, man bebte, man zog mit dem Atem die ersten Worte ein, die aus dem königlichen Munde kommen sollten.
    Madame, sagte Ludwig XVI., unter allen diesen Ereignissen hat man vergessen, mir mein Abendbrot in meinem Zimmer aufzutragen; machen Sie mir das Vergnügen, mir hier das Abendbrot zu geben.
    Hier? rief die Königin erstaunt.
    Wenn Sie die Güte haben wollen!
    Aber .... Sire ....
    Es ist wahr, Sie plauderten .... Nun, während ich zu Nacht speise, werde ich auch plaudern.
    Das einfache Wort »Abendbrot« hatte jeglichen Enthusiasmus in Eis verwandelt. Doch bei den letzten Worten: während ich zu Nacht speise, werden wir

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