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Angel 01 - Die Engel

Angel 01 - Die Engel

Titel: Angel 01 - Die Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Kilworth
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er war erleichtert. Es war die Erleichterung darüber, nicht töten zu müssen, insbesondere keinen Minderjährigen. Für Dave gab es nichts Schlimmeres, als für den Tod eines Kindes verantwortlich zu sein.
    » Stell dich da drüben an die Wand«, schnauzte er.
    » Sie hat mich dazu gezwungen«, schrie der Junge. » Sie hat mich gezwungen.«
    » Stell dich an die Wand!«
    Diesmal gehorchte der Junge und stellte sich mit dem Gesicht zur Wand. Er fing an zu weinen. Vanessa kam ihm zu Hilfe. Die Worte brachen aus ihr hervor: » Er hat Recht, Dave, ich habe ihn gebeten, mir dabei zu helfen. Du weißt schon, wir haben doch darüber gesprochen, und du wolltest mir ja nicht helfen, also habe ich mir jemanden gesucht, der es tun würde.«
    Dave schwirrte der Kopf.
    » Wovon redest du da?«
    » Wir haben doch darüber gesprochen, Dave. Einer von uns muss sterben, um Kontakt mit den Vorgesetzten des Engels aufnehmen zu können, und dieser Jemand muss ich sein. Das ist der einzige Weg, um ihn aufzuhalten.«
    Der Junge drehte sich um und starrte sie an. Auf seinen Wangen waren Tränenspuren.
    » Ihr seid ja irre«, heulte er, » alle beide. Verrückte Idioten. Was macht ihr denn mit mir?«
    Dave verpasste ihm einen leichten Arschtritt.
    » Verschwinde. Wenn ich dich noch einmal sehe, breche ich dir beide Beine, verstanden?«
    Der Junge drehte sich zu Vanessa um, da er sich offenbar noch nicht sicher war, ob er wirklich so einfach davonkommen sollte.
    » Geh schon, Joey«, sagte sie.
    Ein drittes Mal musste man es Joey nicht sagen. Er huschte aus der Tür wie ein Hase, dem die Meute auf den Fersen ist. Sie hörten, wie er die Wohnungstür hinter sich zuschlug. Es klang so, als würde er immer drei Treppenstufen auf einmal nehmen.
    Eine Weile herrschte Schweigen, dann steckte Dave seine Waffe weg und schüttelte den Kopf. Er war stinksauer auf sie, nicht nur, weil sie versucht hatte, sich umzubringen, sondern auch, weil sie einen Jugendlichen dazu benutzen wollte. Sie wirkte übermüdet, erschöpft. Jetzt, wo ihr die Sicherheit des Todes genommen worden war, musste sie die Qual durchstehen, dem Leben wieder gegenüberzutreten: den Schmerz, wenn Blut durch Adern fließt, die durch fehlende Zirkulation betäubt waren. Ihr eingefrorener Geist war wieder aufgetaut.
    » Vanessa«, seufzte er, » warum willst du dich umbringen?«
    » Weil …«
    » Nein, warum? Wirklich, warum?«
    Sie ließ sich rückwärts aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Dann stürzte sie sich in einen langen Monolog: » Ich weiß es nicht, doch, ich weiß es schon, ich war in letzter Zeit so glücklich, mit dir, und ich weiß, dass das nicht lange anhalten kann, das tut es nie, so etwas wird mir immer wieder weggenommen, schau doch« – sie entblößte ihren Unterarm –, » ich habe sogar damit aufgehört, mich zu verbrennen, du hast mich geheilt, keine brennenden Betten mehr, keine Zigaretten auf der Haut, du bist der Einzige, mit dem ich schlafen kann, ohne dass so etwas passiert, und das ist seltsam, denn du bist in so vielen Dingen meinem Vater so ähnlich, da sollte man doch meinen, das sei ein Auslöser, man sollte meinen, das würde mich an ihn erinnern und alles nur noch schlimmer machen, aber das tut es nicht, vielleicht, weil er ja schon tot ist, er ist schon verbrannt, und so etwas kann einem ja nicht zweimal passieren, ich weiß auch nicht, ich weiß nur, dass ich im Moment einfach glücklich bin, und das ist der beste Zeitpunkt, um es zu tun, man soll gehen, wenn es am schönsten ist, nicht, wenn man deprimiert ist und die ganze Welt hasst …«
    Er unterbrach sie, indem er über ihre Wange streichelte.
    » Vanessa, ich hätte diesen Jungen fast getötet. Ich hätte ihn fast erschossen.«
    Sie sah ihm ins Gesicht.
    » Nein, hättest du nicht. Du tust so etwas nicht, Mutter Teresa.«
    Er versteifte sich.
    » Wo hast du diesen Namen her?«
    Jetzt lächelte sie.
    » Manovitch.«
    » Oh, der.« Dave nickte. » Tja, ich schätze du hast Recht, aber lenk jetzt nicht ab. Hier geht es darum, dass du versucht hast, Selbstmord zu begehen, egal, ob du es selbst getan oder jemanden beauftragt hast, das macht keinen Unterschied. Niemand sagt, dass das mit uns ewig halten wird, aber verdammt nochmal, du musst es auch nicht absichtlich verkürzen. Ich genieße es nämlich auch.«
    » Du … brauchst mich?«
    » Im Moment brauche ich dich mehr als irgendjemanden sonst. Erst als der Hausmeister mir gesagt hat, du hättest Besuch, habe ich erkannt, dass …

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