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Angel 01 - Die Engel

Angel 01 - Die Engel

Titel: Angel 01 - Die Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Kilworth
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Gefühls gestellt, hatte sich über sein Selbst erhoben, und seine Arroganz hatte heller gestrahlt als die Essenz seines Seins.
    Dann wusste der Engel, dass er sich in eine unhaltbare Position manövriert hatte, denn er war sich bewusst, wie groß die Schande war, die er durch seine Taten auf sich geladen hatte, und er wusste auch, dass seine Bestrafung schwerwiegend sein musste.
    Engel fallen, sie werden nicht in den Abgrund gestoßen.
    Dieser Engel wurde nicht hinuntergeschubst: Er hatte sich selbst über die Kante geworfen. Er hatte sich unbewusst aufgemacht, um sich zu zerstören, ohne es zu wollen, und das hatte er nun geschafft. So funktionieren die furchtbaren, konzentrischen Widersprüchlichkeiten der Macht über das eigene Selbst, wenn ein Wesen sein eigener Wächter und sein eigener, strengster Richter ist. Ein kleiner Same der Selbstverherrlichung sät die Fäulnis im tiefsten Kern, bis der Geist seine Erleuchtung verliert und in die Dunkelheit stürzt.
    Es stimmte schon, dass die Gebote, die Moses gegeben wurden, für die Menschen und nicht für die Engel Gültigkeit hatten, aber dieser Engel hatte einen Krieg auf Erden ausgetragen, was beispiellos war. Jeder Besuch erforderte einen Auftrag. Der Engel hätte Übereifer anführen, um Vergebung flehen, auf mildernde Umstände hinweisen können: die Hitze des Gefechts, die wilde Jagd bis in die hintersten Winkel von Himmel und Hölle, den unbewussten Übertritt – aber jetzt nicht mehr, jetzt war es zu spät. Jetzt konnte der Engel sich einfach nicht mehr selbst davon überzeugen, dass er im Recht war. Er war zu lange auf der Erde geblieben, hatte unter den flüchtigen Schatten, die die Sterblichen waren, zu viele Tode verursacht.
    Wenn er ganz ehrlich sein wollte, musste er zugeben, dass er schon immer ein wenig eingebildet gewesen war, ein bisschen zu arrogant. Er hatte sich selbst mehr als einmal für diesen offensichtlichen Stolz bestraft. Irgendwann hatte sein Stolz ihm eingeflüstert, er sei für Höheres bestimmt, und seine Ungeduld hatte ihn zu diesem übereifrigen Verhalten verleitet. Jetzt sah er sich seinem Sturz gegenüber.
    Der Engel saß nackt auf den kahlen Dielenbrettern eines verlassenen Hauses, mit hängenden Schultern, rundem Rücken und hängendem Kopf. Sein wunderschönes Gesicht hatte er in die Hände gestützt und mit den schmalen Fingern bedeckt. Die Beine waren angewinkelt und unter den Hintern gezogen. Er war wie ein Ei, das wartete.
    Plötzlich pulsierte etwas durch seine Lendengegend, gefolgt von einem schrecklichen, unerträglichen Schmerz. Es begann in seinem Unterleib, in diesem weichen Bereich zwischen seinen Beinen, und breitete sich aus, bis der Schmerz ihm ins Gehirn schoss. Wie Nadeln, die auf sein Fleisch einprasselten, als wären alle Nervenenden in seinem Körper ausgerissen und dann wieder eingepflanzt worden.
    Als das furchtbare Brennen von schnellem Wachstum, von Fleisch, das zu schweren Knospen anschwoll, reifte und dann zu der Blume zwischen seinen Beinen erblühte, ihn panisch zusammenzucken ließ und er sich in diesem Schmerz noch enger zusammenrollte, fühlte er sich zum ersten Mal als Er, als geschlechtliches Wesen.
    Sein Schmerzensschrei zerriss ihm fast den Schädel, als er den Schrecken der Verwandlung durchlebte.
    Körperlicher Schmerz, geistiger Schmerz.
    Der Geist wurde ebenfalls von einer Wandlung erfasst, genau wie der Körper. Während seine Genitalien grotesk erblühten und wie eine große, hässliche Frucht zwischen seinen Oberschenkeln heranwuchsen, wurde seine Seele von einem Geschwür beschmutzt, das wie Säure in ihm brannte. Während das Ding zwischen seinen Beinen auf enorme Größe anschwoll und aus ihm hervorstach wie der Ast eines Baumes, begleitet von seinem verschrumpelten Sack, vertrocknete der Geist in seinem Inneren wie Haut auf totem Fleisch.
    Gefühle, die es bisher in ihm nicht gegeben hatte, durchfluteten ihn.
    Angst und Hass, Furcht und dumpfes Misstrauen, Trotz und Böswilligkeit, und viele, viele noch seltsamere, unwillkommene Gefühle. Er spürte den hässlichen, aufgeblähten Horror der Lust, den ekelhaften Geschmack von ungezähmtem Verlangen, die Frustration ungestillter Rache. Da waren Bedürfnisse, die erfüllt, maßlose Gier, die befriedigt, eigenes Verlangen, das gestillt werden musste. All das erfüllte seinen Geist und seinen Körper wie eigenständige kleine Dämonen und rang mit ihm um die Kontrolle über sein Selbst. Kleine Stimmen, die nach seiner Aufmerksamkeit

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