Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
irgendwie erinnere ich mich ja auch – und dann fängt alles an zu verschwimmen.» Betreten schaut sie zu Boden. «Es ist einfach zu peinlich.»
«Wie hat er denn reagiert, als du dich an ihn rangemacht hast?»
Mit gesenktem Blick nimmt Taylor ein Tablett von mir entgegen. «Ab da wird es verschwommen. Aber ich bin ziemlich sicher, dass er mich hat abblitzen lassen.»
«Oh», mache ich und versuche, mitleidig zu klingen. Verstohlen schaue ich zu Luc hinüber und treffe auf seinen Blick. Mit klopfendem Herz wende ich mich ab und nehme mir einen der angestoßenen Äpfel aus dem Korb neben der Kasse. «Luc meint es mit keiner von uns ernst. Sei froh, dass es so gelaufen ist. Wahrscheinlich hattest du einen Schutzengel.»
«Ich will aber keinen Scheiß-Engel, der mich beschützt», erwidert Taylor. «Und was interessiert dich die Sache überhaupt? Du warst doch mit Gabe zusammen. Erzähl mir lieber, wie dein Abend gelaufen ist.»
«Es ist nichts passiert. Und es wird auch nie etwas passieren», erwidere ich. Was natürlich eine Lüge ist, irgendetwas ist passiert – bei mir zumindest. Und ich muss herausfinden, was ich tun muss, damit es wieder aufhört.
An unserem Tisch setze ich mein Tablett mit lautem Knall ab. «Wir haben etwas beschlossen», verkünde ich. «Wir möchten unseren Tisch wieder für uns allein haben. Ihr müsst euch einen anderen Platz suchen.»
Amüsiert sieht Luc mich an. Gabe wirkt überrascht.
Taylor dreht sich wütend zu mir um. «Seit wann bist du hier die Chefin?»
«Weißt du noch, worüber wir eben geredet haben?», fahre ich sie an. «Oder ist dir das auch schon wieder entfallen?»
«Setz du dich doch woandershin, wenn es dir hier nicht passt.»
«Das tue ich auch.»
«Dann tu’s doch.»
Hocherhobenen Hauptes – und ohne Tablett – verlasse ich den Tisch, an dem ich seit zweieinhalb Jahren mit meinen besten Freundinnen gesessen habe. Angelique Preston lächelt hämisch, als sie sieht, dass ich nicht weiß, wohin. Wutentbrannt stürze ich aus der Cafeteria. Draußen vor der Tür bleibe ich stehen und schaue durch das Bullauge in der Tür zurück. Riley will mir nachlaufen, aber Taylor hält sie zurück, ehe sie sich auf meinem Stuhl zwischen Luc und Gabe niederlässt. Nach kurzem Zögern setzt auch Riley sich wieder hin.
Ich werde Taylor umbringen.
Wie kann sie es zulassen, dass Typen sich einfach zwischen uns drängen? Vor Wut laufen mir die Tränen über die Wangen. Blindlings stolpere ich über den Flur nach draußen.
Auf dem Rasen vor dem Schulgebäude lasse ich mich nieder, lehne mich an eine Mauer, schließe die Augen und halte mein Gesicht der Frühlingssonne entgegen.
Einatmen. Ausatmen.
«Hallo, Frannie.»
Ich reiße die Augen auf. Ryan setzt sich zu mir auf den Rasen. Der Rest der Band probt vor der Turnhalle.
«Ist alles in Ordnung?», erkundigt er sich.
«Ja.»
Er glaubt mir nicht, das erkenne ich an seinem Blick, aber er hakt nicht nach. Ich weiß, es ist egoistisch, aber in diesem Augenblick sehne ich mich so nach etwas Unkompliziertem und Vertrautem, dass ich mich an ihn lehne. Er legt den Arm um mich, und so sitzen wir für eine Weile einfach nur da, während Ryan mir von seinem Bruder, seinem Hund und einem neuen Gitarrenriff, das er gelernt hat, erzählt.
Irgendwann fällt mir auf, dass er nicht über uns redet. Und dass seine Hand auf meiner Schulter liegen bleibt. Und dass ich mich an ihn drücke statt andersherum.
Ich richte mich auf und schaue ihn an. Irgendetwas hat sich verändert. «Wie läuft es denn so mit der Band?»
Ryan holt tief Luft. «Gut. Sogar sehr gut. Delanie ist phantastisch. Toll, dass du uns den Tipp gegeben hast.»
Irgendetwas schwingt in seiner Stimme. «Und weiter?», frage ich mit gehobenen Brauen.
Ryan lächelt verschämt und sieht zu Boden.
Okay, ich verstehe. Delanie hat mich offensichtlich nicht nur in der Band ersetzt.
«Das freut mich, Ryan. Wirklich.» Und das ist die Wahrheit. Ich bin tatsächlich froh, dass Ryan jemand Neues gefunden hat. Und trotzdem macht es mich ein bisschen traurig.
Ryan drückt meine Schulter. «Bist du sicher, dass es dir gutgeht?»
Ich lächle ihn an. «Ja, alles in Ordnung.»
Er rappelt sich auf, wirft mir noch einen langen Blick zu und geht dann zu seinen Bandkollegen zurück.
Ich höre zu, wie sie ein paar Stücke improvisieren. Dann ziehe ich die jüngsten Briefe aus Pakistan aus meiner Tasche und blättere durch die Seiten.
Als ich wieder aufschaue, steht Luc vor mir.
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