Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
erwidert Luc. Immerhin, er gibt es zu!
«Sieh zu, dass sie sicher nach Hause gelangt», sagt Luc.
«Verrätst du mir nicht, was los ist?»
Aber Luc dreht sich wortlos um und geht langsam die Treppe hinunter. «Und achte darauf, dass sie zu Hause Tür und Fenster verriegelt», ruft er über die Schulter zurück.
Am liebsten wäre ich ihm nachgerannt. Schließlich will ich ihn umbringen. Und küssen. Die Vorstellung, nie mehr mit ihm zusammen zu sein, ihn nie mehr zu berühren, tut so schrecklich weh. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen will, ich empfinde etwas für Luc.
Kann man denn wirklich zwei Jungen gleichzeitig haben wollen?
Hastig kehre ich zu meinem Platz am Küchentisch zurück. Gabe kommt in die Küche. «Wer war das?», frage ich betont beiläufig, doch das verräterische Zittern in meiner Stimme kann ich nicht unterdrücken.
Gabes Miene verschließt sich. «Niemand Wichtiges.» Doch seine blauen Augen sind eine Schattierung dunkler als sonst. Als er sich an den Küchenschrank lehnt, bildet sich auf seiner Stirn eine steile Falte.
«Ist was?», frage ich.
Gabe lächelt, locker und unbeschwert, aber mir macht er nichts vor. «Nichts, worüber du dir Gedanken machen müsstest. Alles in Ordnung.»
O nein, so leicht lasse ich mich nicht abwimmeln. Dazu bin ich viel zu neugierig. «Ich weiß, dass Luc da war. Was hat er gewollt?»
«Anscheinend hat er dich gesucht.»
Verlegen blättere ich durch die Seiten des Physikbuchs. Meine Beine zucken, denn sie wollen aufspringen und Luc nachjagen. «Hat er gesagt, warum?», frage ich so unbeteiligt wie möglich.
«Ich fürchte, das musst du ihn selber fragen.» Gabe klingt frustriert. Seufzend lässt er sich mir gegenüber nieder. «Um noch mal auf gestern zurückzukommen», beginnt er leise.
Ich schaue zur Seite, denn ich möchte nicht darüber sprechen. Es ist mir einfach zu peinlich.
Nach einer Minute des Schweigens fährt Gabe fort: «Es tut mir sehr leid. Du weißt schon …»
Klar, er hat Mitleid mit mir. Ich habe mich angeboten, und er wollte mich nicht.
Aber will ich ihn denn? Will ich das wirklich?
«Ich möchte nur wissen, ob das, was ich empfunden habe …» Seine Stimme versandet, und ich kann kaum noch atmen. «Wolltest du gestern tatsächlich mich?»
Wie gelähmt schaue ich ihn an. Ganz gleich, was ich jetzt sage, es könnten nie die richtigen Worte sein. Für einen langen Augenblick hält er meinen Blick fest. Dann sieht er zu Boden.
«Ich meine, als du mich geküsst hast?», fragt er leise und richtet seinen Blick wieder auf mich. Ich kann ihm nicht in die Augen schauen. Plötzlich wird mir in der Küche alles zu eng. Ich springe auf, laufe ins Wohnzimmer und lasse mich auf das Sofa fallen.
Gabe kommt mir nach. «Das war vermutlich die Antwort auf meine Frage.»
«Nein, das war es nicht.» Ich verberge mein Gesicht in den Händen. «Ich bin total verwirrt. Ich kann nicht aufhören, an Luc zu denken. Aber ich vertraue ihm nicht. Und du …» Nicht einmal den Gedanken kann ich beenden, geschweige denn den Satz.
«In einem Punkt hast du recht. Luc kann man nicht vertrauen.» Gabe setzt sich zu mir und legt mir einen Arm um die Schultern. Und da weiß ich, dass man auch mir nicht vertrauen kann, denn ich lasse die Hände sinken und lehne mich an ihn.
Erst nach einer Weile wage ich es, ihm in die Augen zu schauen, und erkenne all das, wonach ich mich sehne.
Doch ich sehe auch, dass er mit sich kämpft. Sanft berühre ich seine Wange. Gabe zieht mich auf seinen Schoß. Beim letzten Mal wirkte sein Kuss beinah verzweifelt, doch diesmal ist er so sanft und zärtlich, dass ich mich sehnsüchtig an ihn schmiege, bis mich Liebe und Frieden durchdringen.
O Gott, ich liebe ihn, oder?
Eine Träne läuft über meine Wange. Gabe schließt mich fest in seine Arme. In meinem Körper breitet sich Hitze aus, aber ich zittere, als wäre mir kalt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit löse ich mich von Gabe, schaue ihn an und frage mich, wie ich mir jemals etwas anderes als das hier wünschen konnte. Jetzt glaube ich, dass es falsch war, nicht an die Liebe zu glauben, denn ich erkenne sie in Gabes Augen.
Behutsam wischt er meine Tränen ab.
«Tut mir leid», sage ich, ohne recht zu wissen, weswegen ich mich diesmal entschuldige. Wegen allem, vermute ich.
«Du musst nichts sagen.» Gabe legt mir einen Finger auf die Lippen. Dann zieht er mich wieder an sich und drückt mir einen Kuss auf das Haar. Ich merke, dass er ebenfalls zittert.
«Ist alles
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