Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)
Glos ( CSU ): »Was sie in der Lage ist auszuhalten, physisch und psychisch – da reichen nur ganz wenige heran.«
Ihrem außenpolitischen Berater Christoph Heusgen geht es anders, zumindest auf längeren Kanzlerreisen. Sobald Merkel vorn am Pult steht und eine nicht ganz so wichtige Rede hält, kämpft Heusgen in einer der vorderen Stuhlreihen mit dem Schlaf. Meistens verliert er, der Kopf sackt nach vorn. Aber die Euro-Krise überfordert mitunter auch Heusgens Chefin Angela Merkel. Ein CDU -Ministerpräsident erzählte vor nicht langer Zeit, wie sie ihm spät am Abend eine Facette der Probleme schnell noch erklären wollte. »Und dann fielen ihr beim Reden die Augen zu.« Ähnlich ergeht es ihr fast auch im Bundestag, als sie Ende Juni 2012 nach 15 Stunden Verhandlungen über den Europäischen Rettungsfonds ( ESM ) nur 90 Minuten (im Regierungsflieger) zum Schlafen kommt, danach aufflammende Kritik an den Gipfel-Ergebnissen in der Fraktion niederreden muss – und am Ende eine Regierungserklärung im Bundestag abgibt. Ziemlich fahrig wirkt sie da, ihre Rede ist völlig überladen mit Fachworten, die wie ein Korsett sind, das den Körper aufrecht hält, auch wenn er eigentlich in sich zusammensacken will. Bis 23.00 Uhr geht dieser Tag noch, dann ist wieder einmal eine Etappe in der Euro-Krise geschafft – die letzte vor der nächsten.
Und private Hobbys? Hat die Kanzlerin Hobbys? Nun, in Wahrheit weiß man fast nichts über den Rest von Privatleben, den sie neben der Kanzlerschaft (vielleicht) noch hat. Auch engste, loyale Parteifreunde waren in diesen sieben Jahren kein einziges Mal bei ihr zu Hause, weder in der Berliner Wohnung gegenüber dem Pergamon-Museum noch im Wochenendhaus in der Uckermark. Zu privaten Einladungen kommen zumeist Gäste aus der Wissenschafts-Community ihres Mannes Joachim Sauer. Wie es in den Privaträumen eingerichtet ist, welche Bücher in den Regalen stehen, davon gibt es kein bekanntes Foto, kein einziges. Man darf lediglich wissen, dass die Kanzlerin eine große Blumenfreundin und -kennerin ist, dass sie im Garten der Uckermark-Datsche Gemüse und Kartoffeln zieht und dass sie gern kocht (und isst). Der Regierungssprecher erzählt manchmal, wie er sie am Wochenende in der Uckermark erreicht, wo als Hintergrundgeräusch die Töpfe auf dem Herd klappern. Dass Merkel ihrem Mann gern das Frühstück macht, darf in keinem Magazin-Porträt fehlen, ebenso ihre Rinderroulade und dass sie keine süßen Desserts isst, sondern meist einen Teller mit Käse und Obst bestellt. Als Hobby geht vielleicht auch noch durch, dass sie ein handfester Fußball-Fan ist. Natürlich weiß ein Polit-Profi wie Merkel, dass öffentlich hergezeigte Emotionen bei Fußball-Spielen Millionen Deutschen gut gefallen. Aber wahr ist auch: Sie kann regelrecht fachsimpeln und bekannte öffentlich, dass sie gern einmal mit dem spanischen Nationaltrainer Vincent del Bosque essen gehen würde. Als Bayern München 2012 das Champions League-Finale in den letzten Minuten versemmelte, hat sie keine Stunde später auf einer Auslandsreise im Lift schon die Spiel-Analyse parat: Der Bayern-Coach hätte nie und nimmer Thomas Müller auswechseln dürfen …
Das sind heitere Runden, wenn die Kanzlerin aufdreht. »Sie ist gern … gesellig«, sagt einer, der häufiger dabei ist, zum Beispiel bei den so genannten »Kaminabenden« der CDU / CSU -Ministerpräsidenten am Donnerstag vor einer Bundesrats-Sitzung. Da gibt es auch das eine oder andere Glas Wein, für die Kanzlerin meist weiß, manchmal rot. Sie gilt als durchaus trinkfest, zur Not bis tief in die Nacht. So geht es auch nach den berüchtigten Koalitionsausschüssen im Kanzleramt oft noch Stunden im kleineren Kreis weiter, ob nun zu Zeiten der großen Koalition oder unter Schwarz-Gelb. Aber weil sie eine Frau ist, kann Angela Merkel selbst in reinen Männerrunden immer genau dann Schluss machen, wenn ihr danach ist.
Und sie erzählt gern Witze. Auf die Frage in einem Fragebogen des SZ-Magazins , ob sie einen Witz habe, antwortete sie lakonisch: »Immer«. Außerdem kann Merkel verblüffend gut andere Groß-Politiker imitieren. Die Stimmlage von Guido Westerwelle zum Beispiel. Das von äh-Pausen zerhackte Stakkato einer Stoiber-Äußerung. Oder das flirrend Flatterhafte des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Das dunkel raunende von Russlands Wieder-Staatschef Wladimir Putin, den klebrigen Altherren-Charme von Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi mit
Weitere Kostenlose Bücher