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Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Titel: Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolaus Blome
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ausgemacht. Einen vormals strategisch wichtigen Umweltminister und CDU -Hoffnungsträger hat sie darüber schon verschlissen. Seinem weitaus geschickteren Nachfolger droht dasselbe Schicksal. Der Ausbau gerade der Solarenergie ist außer Kontrolle, die Preise für Strom steigen auch im Jahr 2013 weiter, was die Energiewende stetig mehr in Misskredit bringt. Immerhin: Anfang 2013 versucht der neue Minister Peter Altmaier die Notbremse zu ziehen, doch wie gut es ihm gelingt, steht in den Sternen. Denn das System der föderalen Bundesrepublik ist denkbar ungeeignet, das hochkomplexe Vorhaben zentral zu managen. Gift für die Kanzlerin.
    Nur zu einem strategischen Strang passte die Fukushima-Wende bestens: zur Präsidial-Kanzlerin Angela Merkel, die ihre politischen Gegner nicht niederkämpft, sondern deren Puls bis zum Stillstand senkt. In Wahlkampf-Zeiten wie jetzt nennen die Merkel-Vertrauten in der CDU -Zentrale es »asymmetrische Demobilisierung« und sind fürchterlich stolz auf diesen Kniff. Ihnen steckt auch acht Jahre danach noch der Schock der Bundestagswahl 2005 in den Knochen: Mit klirrender Reform-Rhetorik machte Merkel nicht das eigene Lager stark, sondern Gerhard Schröder, den Kanzler einer eigentlich abgewirtschafteten rot-grünen Koalition. Er nutzte jede Angriffsfläche, die Merkel bot, vertauschte ebenso skrupellos wie geschickt die Rollen von Regierung und Opposition – und brachte die CDU an den Rand einer katastrophalen Niederlage. Seitdem bietet die Merkel- CDU in fast allen Wahlkämpfen möglichst wenig Angriffsfläche, trocknet zugleich jene Themen aus, mit denen die politischen Gegner ihre Gefolgsleute traditionell an die Urne bringen. Wie gut das gegen den SPD -Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück funktionieren wird, muss sich zeigen. Klar ist nur: Die SPD ist gewarnt. Parteichef Sigmar Gabriel, so wird berichtet, habe sich früh für Steinbrück entschieden und gegen Fraktionschef Frank Walter Steinmeier, und zwar mit dem Satz: »Noch so einen Schlafwagen-Wahlkampf wie 2009 mache ich nicht mit.«
    Aber bei allen Problemen der Energiewende könnte die asymmetrische Demobilisierung noch einmal funktionieren: Während sie im Herbst 2013 mit ihren eigenen Trümpfen weiter stechen kann, ist eine große Anti-Atom-Kampagne für die Grünen unmöglich geworden. Ähnlich geht es der SPD mit dem bundesweiten Mindestlohn. Merkels Zugeständnisse und die Beschlüsse der CDU rechtzeitig vor der Wahl waren so etwas wie der (Todes-)Kuss der Dementoren in den Harry-Potter-Romanen. Wenn also am Wahltag 2013 die Unions-Anhänger ihrem Ruf gerecht werden, alles in allem die pflichtbewussteren Wahlgänger zu sein, geht die Rechnung tatsächlich auf. Das ist deshalb so wahrscheinlich, weil Merkels Wahlkampf-Trümpfe auf der präsidialen Höhe einer Euro-Gipfel-Kanzlerschaft wachsen. Wohl gemerkt, diese Entwicklung ist nicht Merkels Verdienst. Aber ihr Vorteil.
    Wenn es über Monate, vielleicht Jahre immer neu um das Schicksal des Euro geht, wirkt nämlich aller anderer (heimischer) Streit wie geschrumpft, und wer sich trotzdem darin ergeht, wie ein Zwerg. Solange Angela Merkel die letzte rote Linie nicht überschreitet, solange sie Euro-Bonds und damit eine deutsche Total-Haftung für alle Staatsschulden im Euro-Raum verhindert und der Euro weitgehend heile bleibt, zahlt die Krise auf das Wahl-Konto Merkels ein. Tatsächlich ist in den letzten zwei Jahren eine europäische Innenpolitik entstanden, in der sich nationale Regierungen jetzt so raufen wie sonst nur die Parteien im nationalen Parlament. Die Probleme der griechischen oder spanischen, ja sogar der zypriotischen Banken müssen Bundestags-Abgeordnete inzwischen fast so sehr interessieren wie die Probleme der deutschen Rentenversicherung. Wenn ein weibstoller Party-Clown wie Silvio Berlusconi erst das wichtige Euro-Land Italien in den Reformstau dilettiert und später noch einmal einen Wahlkampf fast gewinnt, dann ist das nichts mehr für die bunten Seiten der Blätter allein. Dann ist das zentral für die deutsche Finanzpolitik und ein Fall für den Bundestag. Und wenn auch noch Frankreich, der wichtigste Europa-Partner überhaupt, sich seit dem Wahlsieg der Sozialisten nötigen Reformen verweigert – dann gehört das europaweit auf die Tagesordnung. Und genau das geschieht: Ein einziger BILD -Artikel (»Wird Frankreich das neue Griechenland?«) löste Ende 2012 eine Flut von ähnlichen Berichten aus, gipfelnd auf dem Cover des Economist »Die Bombe in der

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