Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Titel: Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolaus Blome
Vom Netzwerk:
gespaltenes Verhältnis. Zu seinen beiden Nachfolgern, Jürgen Fitschen und Anshu Jain, hat sie noch keine intensive Verbindung, kein Vergleich zu Ackermann. Den hielt Merkel einerseits für den mit Abstand Schlausten unter seinesgleichen (und bewunderte ihn dafür). Andererseits ist sie bis heute stinksauer, mit welcher Nonchalance Ackermann oftmals ignoriert habe, unter welchen politischen Zwängen sie, Merkel, Beschlüsse entwickeln und fassen müsse. Auch hier scheint ihr Urteil gefällt: unten durch. Ein Abendessen für Ackermann wie das zu seinem 60. Geburtstag würde sie nicht noch einmal geben (und er würde es nicht noch einmal annehmen). Stattdessen hat sie inzwischen mehrfach diesen Satz auf Ackermann und die ganze Bankenwelt gemünzt: »Manch einer, der in der Finanzwirtschaft arbeitet, riskiert schon wieder eine dicke Lippe.«
    Wichtige deutsche Bankchefs wiederum werfen Merkel und ihrem Finanzminister vor, ihr Wort gebrochen zu haben. Vor allem Wolfgang Schäuble habe in vertraulichen Runden zu Beginn der griechischen Schuldenkrise ein »gentlemen’s agreement« angeboten: Die Banken mögen bitte die Anleihen des Landes nicht abstoßen und damit die Lage weiter verschärfen. Dafür garantiere er, dass es zu einem Schuldenschnitt nicht kommen werde. Der kam 18 Monate später aber doch – und die Banker fühlen sich hintergangen. Der Graben ist tief. Unter einer Kanzlerin Merkel wird er nicht mehr zu schließen sein.
    Das Ganze beruht freilich auch auf einem Missverständnis: Wortführer wichtiger Branchen, großer Unternehmen und Banken verfolgen ihre (legitimen) Interessen immer noch allzu oft im öffentlichen Raum, ohne das Politische mitzudenken. Ohne in Rechnung zu stellen, wie Politik funktioniert und beständig um Mehrheiten ringen muss. Umgekehrt scheint Angela Merkel nicht zu begreifen, dass mindestens börsennotierte Unternehmen den Gesetzen ihrer Sphäre zu folgen haben, die ebenso wenig auszuhebeln sind wie die politischen. Für Josef Ackermann war der Satz »Wir würden uns schämen, Staatsgeld zu nehmen« bares Geld wert, verschaffte der Deutschen Bank international Vertrauen und Bonität. Für Angela Merkel war derselbe Satz eine Frechheit, weil er die politisch ohnehin heikle Banken-Rettung mit Steuergeldern auch noch verhöhnte. Und nun?
    Man lebt in zwei Regelkreisen, in zwei Welten. In Hintergrundkreisen wird gespottet und werden die Köpfe geschüttelt. Die einen über die Politik, »die von Wirtschaft nichts versteht«. Und die anderen, die Politiker, über die Wirtschaft, die »nicht begreift, dass sie an dem Ast sägt, auf dem sie sitzt«. Die Runden unterscheiden sich eigentlich nur darin, was es dabei für die Journalisten zu Essen gibt: Kartoffelsuppe mit Würstchen bei Merkel; sehr feines Rindfleisch bei Ackermann.
    Wenn aber Politik und Wirtschaft gegenseitig das Vertrauen verlieren, wie sollen die Bürger es dann haben? Das muss in erster Linie eine Kanzlerin beantworten, die mit ihrem Vertrauen durchaus pragmatisch, aber sehr, sehr zögernd umgeht.

Sagt sie auch mal »Scheiße«?
    »Mutti ist sauer.« Drei Worte nur sagt der gestandene Mann aus dem innersten Kreis um Angela Merkel am Telefon. An diesem Nachmittag Ende Januar 2012, als sich die Krise um den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff immer weiter zuspitzt, liegt irgendetwas in seiner Stimme, dass man spürt: Der Mann weiß, wovon er redet.
    »Mutti ist sauer« heißt: Jetzt kommt’s gleich dicke, ganz dicke.
    Angela Merkel ist kein Engel. »Scheiße« ruft sie deutlich häufiger, als man bei einer Bundeskanzlerin meinen würde – und zwar in allen Varianten. Das kann Journalisten treffen, die nichts Böses ahnend auf einer Auslandsreise morgens beim Rührei sitzen und quer über den Frühstücks-Tisch wegen einer Falschmeldung angeraunzt werden: »Wer von Ihnen schreibt denn so einen Sch…?« Das kann Spitzendiplomaten treffen, die Merkel erklären wollen, wie die USA funktionieren: »Es ist mir sch… egal, was der Herr sagt.« Oder sie benutzt den Fluch dreimal in dreißig Minuten beim Erklären einer für Deutschland besonders vertrackten Situation in der Euro-Krise – wie die Faust, mit der man auf den Tisch haut, um bestimmte Punkte besonders zu betonen. Manche Männer, auch Kanzler, haben beides gemacht, geflucht und gehauen. Merkel kommt ohne Faust aus. Zugleich gilt als gesichert, dass US-Präsident Barack Obama das »Schei…«-Wort an jenem Abend korrekt auf Deutsch auszusprechen lernte, als

Weitere Kostenlose Bücher