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Angela Merkel - Ein Irrtum

Angela Merkel - Ein Irrtum

Titel: Angela Merkel - Ein Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cora Stephan
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das auf Misstrauen beruht.
    Ein Europa aber, das ohne Nationalstaaten (und nationale Wirtschaften) auskäme, gibt es nicht und wird es womöglich auch nie geben. Und deshalb ist es nicht ganz unbedeutend, wie »Deutschland« sich fühlt. Depressives Grübeln über seine Vergangenheit ist nicht auf dem Niveau der Probleme. Und sein Verschwinden auch nicht: Das Land wird gebraucht, mit seinen Stärken, nicht mit seinen Sensibilitäten.
    Insofern möchte man dankbar sein für eine Bundeskanzlerin, deren Bild von Deutschland nicht angekränkelt wirkt von der drückenden Last der Geschichte. Nein, Angela Merkel hat kein Problem mit Deutschland. Und erst recht nicht damit, von »Deutschland« zu reden. Im Gegenteil. Deutschland zu sagen scheint für sie eine Art Widerstandshandlung zu sein, weil man das früher, in der DDR, nicht sagen durfte. 22 Die DDR selbst sei nie ihr »Heimatland« gewesen.
    Paradox. Gemeinhin sehen nur Neonazis das »Deutschland!«-Rufen als Widerstandsakt an. Doch Angela Merkel fehlt jedes nationale Pathos, bei ihr bekommt »Deutschland« tatsächlich etwas Beiläufiges, Unpathetisches, etwas Normales. Und das, obwohl es in der DDR galt, das Wort davor zu bewahren, aus dem Sprachgebrauch zu verschwinden.
    Das aber ist auch heute noch nötig. »Ich will, dass deutsche
Interessen wieder beachtet und geachtet werden«, hat sie an gleicher Stelle gesagt, und da konnte man ihr nur zustimmen. 23 Und »Ich will Deutschland dienen«, versprach sie nach ihrer Nominierung als Kanzlerkandidatin. Gewiss, denn so heißt es ja auch im Amtseid von Bundeskanzler und Bundespräsident: »Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden werde. « 24
    Das gilt im Übrigen überall auf der Welt als unanstößig – nur in Deutschland nicht. Das Wohl des deutschen Volkes? Sollte man nicht besser von Bevölkerung sprechen? Und wieso deutsch? Und – Interessen? Ökonomische gar?
    Das politisch korrekte Milieu in Deutschland reagiert bei diesen Fragen überaus empfindlich. Das bekam Bundespräsident Horst Köhler zu spüren. Er sprach in einem Interview nach der Rückkehr von einer Reise nach Afghanistan davon, dass auch militärischer Einsatz nötig sein könne, »um unsere Interessen zu wahren« – und darüber müsse man diskutieren. Diesen Beisatz vernahm schon niemand mehr. Man hörte lediglich, dass der erste Mann im Staat deutsche Interessen mit dem Kanonenboot verteidigen wolle. Dabei hatte er nur das Offensichtliche ausgesprochen. 25
    Wir wissen: Köhler nahm den Medienwirbel über das Interview zum Anlass, seinen Rücktritt zu verkünden – die Kritik an ihm lasse den notwendigen Respekt für sein Amt vermissen. Was wir nicht wissen: War das der wahre Grund für die geradezu überstürzte Demission?

    Vielleicht sah er das Wohl des Volkes nicht nur auf fernen Ozeanen, sondern gleich nebenan bedroht: im Berliner Reichstag und im Bundeskanzleramt. Denn kurz vor seinem Rücktritt hatte er ein in Windeseile durch alle Instanzen gepeitschtes Gesetz unterschreiben müssen, das dem Wohl der Deutschen eher nicht zuträglich war. Das hat ein Finanzexperte wie er gewiss schneller durchschaut als der einfache Abgeordnete – ganz zu schweigen von mir als einfacher Steuerzahlerin.
    Es war das Euro-Stabilisierungsgesetz, rund 150 Milliarden Euro deutsches Steuergeld wert, das Horst Köhler am Abend des 21. Mai unterzeichnen musste, nachdem es von Bundestag und Bundesrat im Eilverfahren durchgewinkt worden war. Darin hieß es: »Künftig soll es möglich sein, auf Vorschlag der Kommission Mitgliedstaaten unter bestimmten Bedingungen finanziellen Beistand der Union zu gewähren.« 26 Unter Punkt C »Alternativen« stand: keine.
    Damit war die No-Bail-out-Klausel aus dem Maastricht-Vertrag Makulatur, die den EU-Nationen verbot, die Schulden einer anderen Nation zu bezahlen. Europa war auf dem Weg in eine Transfergemeinschaft – ein Vertragsbruch, der in der Tat den Charakter eines Putsches und den Beigeschmack von Untreue hat. 27 Dem »Wohl des Volkes« konnte das schwerlich gedient haben. Dem deutschen Interesse auch nicht.
    Schade, dass Horst Köhler sich dazu nie geäußert hat. Denn sollte er wirklich zurückgetreten sein, weil er sich nicht ein weiteres Mal an deutschen Interessen vergehen
wollte und hätte er das pointiert öffentlich gemacht, dann wären dem Amt Glanz und eine neue Bedeutung zugekommen.
    Und wir hätten vielleicht eine vernünftige

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