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Angela Merkel - Ein Irrtum

Angela Merkel - Ein Irrtum

Titel: Angela Merkel - Ein Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cora Stephan
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sich als einzige Kraft in Stellung zu bringen, die aufseiten der bedrohten Natur steht. Alle Parteien haben zu spät erkannt, welch Mehrwert darin steckt, und ausgerechnet in der CDU, die sich doch als wertkonservative, erhaltende Kraft versteht, hatte man lange nicht begriffen, welche Chancen man sich entgehen ließ. In politischer und ökonomischer Hinsicht sowieso, doch vor allem fürs Image ist Natur unersetzlich.
    Politiker sind um ihren Nachruhm besorgt. Sie möchten ihren Namen mit etwas Großem, Großartigem verbunden sehen. Nicht mit dem alltäglichen Kleinkram, mit dem sich das Parlament herumschlägt, nicht mit dem Alltag des Regierungshandelns. Steuerkanzlerin? Rentenreform-Angie? Königin der Spardose? Das zieht nicht. Es muss schon etwas mehr sein.
    Seinem Volk in Sturmflut und Oderhochwasser beigestanden zu haben, ist im Prinzip tauglich, wie man an Helmut Schmidt und Gerhard Schröder gesehen hat. Besser noch machen sich nationale Großtaten. Am besten natürlich, man rettet die Welt.
    Kohl hat im richtigen Moment beherzt nach dem Mantel
der Geschichte gegriffen und Deutschland zur Einheit geführt. Das übertönt manches und womöglich zuletzt auch seinen unwürdigen Abgang. Angela Merkel hat sich noch nicht entschieden, ob sie den Euro oder das Klima retten soll. Als es diese Alternative noch nicht gab, war ihr wahrscheinlich wohler.
    Am 17. November 1994 wurde sie als Umweltministerin vereidigt, sie trat die Nachfolge Klaus Töpfers an. Sie war, auch was diese neue Aufgabe betraf, ein unbeschriebenes Blatt. Aber wozu hat man eine naturwissenschaftliche Ausbildung?
    Umwelt war in der DDR kein Thema. Was für die Atomkraft galt, wurde auch für alles andere vorausgesetzt: Was unter den Bedingungen kapitalistischer Ausbeutung gefährlich ist, gerät in den Händen des Volkes zu einem Segen. Deshalb nahm die DDR gegen gute Devisen der Bundesrepublik bereitwillig ihren Giftmüll ab und machte sich auch sonst keinen Kopf über Energieverschwendung oder Luftverschmutzung. Da »Ökologie« also ein Tabuwort war, weil es auf Probleme verwies, die man im Realsozialismus nicht hatte, war es antisozialistischer Widerstand, in der DDR zur Umweltbewegung zu gehören.
    Von Angela Merkel ist nicht bekannt, dass sie sich schon zu DDR-Zeiten für Umweltschutz interessiert hätte. Und von den westdeutschen Urängsten vor dem Atom wusste sie rein gar nichts, sonst hätte sie nicht gleich zu Amtsantritt die Atomenergie für »beherrschbar« erklärt und den Kohlebergbau für weit gefährlicher.
    Das Thema Atomkraft steht am Beginn ihres Kampfs mit
Gerhard Schröder. Während der »Atomkonsensgespräche« im März 1995 einigten sich die Bundesregierung in Gestalt von Angela Merkel und die SPD in Gestalt von Gerhard Schröder auf einen Kompromiss – der allerdings am fehlenden Rückhalt Schröders in der eigenen Partei scheiterte. Schröder, wie immer fintenreich, wählte die Vorwärtsverteidigung und erklärte sein Scheitern öffentlich damit, dass Merkel politisch naiv, inkompetent und zu Verhandlungen gar nicht in der Lage sei. Das hat sie ihm nicht verziehen. Für ihre Rache hat sie sich viel Zeit gelassen, aber sie ist ihr gelungen.
    Dafür war der Berliner Klimagipfel im April 1995, den sie als gastgebende Umweltministerin leitete, ihr erster großer Erfolg auf internationaler Ebene. Sie wäre am Ende des Verhandlungsmarathons zwar fast in Tränen ausgebrochen, woran ihre heutige Büroleiterin Beate Baumann sie mit der harschen Aufforderung »Nun reißen Sie sich mal zusammen!« hinderte, aber sie hatte es schließlich geschafft, tausend Delegierte aus hundertsechzig Ländern zu einem gemeinsamen Statement zu bringen. Das ist eine enorme politische Leistung, wie viel oder wie wenig ein solches gemeinsames Statement in der Welt der heißen Luft auch bedeuten mag.
    Sie hat sich mit Zähigkeit und Verhandlungsgeschick durchgesetzt. Das war Politik, nicht das alltägliche Kleinklein. Ob es ihr dabei immer darauf ankam, auf welche Ziele sie die anderen jeweils einschwor, ganz zu schweigen davon, ob sie auch einzuhalten waren?
    Angela Merkel hätte sicher nichts dagegen, wenn sie als
Klimakanzlerin in die Geschichte einginge. 39 Die Chancen dafür sehen allerdings nicht richtig gut aus.
    Die Kanzlerin hat ihr klimapolitisches Schicksal eng an das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung geknüpft, insbesondere an seinen Gründer und Direktor Hans Joachim Schellnhuber, Physiker wie sie und Berater der Bundesregierung

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