Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
besten Bänke belegen, Football-Helden auf einer Party und Filmstars in einem Klub. Ein halbes Dutzend Engel fläzt sich in dem Separee oder hängt davor herum. Sie scherzen und lachen, jeder von ihnen mit einem Drink in der Hand und einem Glamourgirl am Arm. Der ganze Bereich ist voller Frauen. Entweder reiben sie ihre Körper an den Männern, um von ihnen beachtet zu werden, oder sie stolzieren langsam wie auf dem Laufsteg an ihnen vorbei und betrachten sie mit hungrigen Augen.
Diese Engel sind bedeutender als die übrigen im Klub – sie sind größer, bulliger und haben eine Aura beiläufiger Gefährlichkeit an sich, die den anderen fehlt. Eine Gefährlichkeit, die Tiger in der Wildnis ausstrahlen. Sie erinnern mich an die Engel, die wir aus dem Klub haben herauskommen sehen und die Raffe meiden wollte.
Sie alle tragen Schwerter, und das mit beiläufiger Eleganz. Wikinger-Krieger würde ich mir so vorstellen – glatt rasierte, etwas modernisierte Wikinger. Ihre Ausstrahlung und ihre Haltung erinnern mich an Raffe. Er würde da reinpassen. Ich kann mir gut vorstellen, wie er in dem Separee sitzt und mit der ganzen Gang trinkt und lacht. Na gut, für das Lachen braucht es ein bisschen mehr Vorstellungskraft, aber er kann es, da bin ich mir sicher.
»Siehst du den Typen in dem weißen Anzug?« Fast unmerklich nickt Raffe in Richtung des Grüppchens. Der Kerl ist schwer zu übersehen. Er trägt nicht nur einen weißen Anzug, sondern auch seine Schuhe, sein Haar, seine Haut und seine Schwingen sind milchweiß. Das einzig Farbige an ihm sind seine Augen, die ich aus der Entfernung nicht erkennen kann, aber ich wette, von Nahem sind sie schon allein aufgrund des harten Kontrasts zum ganzen Rest seiner Person ziemlich erschreckend.
Ich habe noch nie zuvor einen Albino gesehen, aber ich bin mir sicher, ein solches Manko an Farbe ist auch unter ihnen selten. Menschenhaut gibt es in dieser Schattierung einfach nicht. Aber schließlich ist er ja auch kein Mensch.
Er lehnt am Rand des runden Separees an der Wand. Er ist der Typ, der nicht richtig dazugehört. Sein Lachen beginnt mit einer halben Sekunde Verzögerung, als warte er auf das Stichwort der anderen Jungs. Die Frauen machen einen Bogen um ihn und achten darauf, ihm nicht zu nahe zu kommen. Er ist der Einzige, der kein Mädchen an sich hängen hat. Er sieht zu, wie sie an ihm vorbeistolzieren, doch er versucht nicht, mit ihnen in Kontakt zu treten. Etwas an der Art, wie ihn die anderen Frauen meiden, bringt mich dazu, ihm auch aus dem Weg gehen zu wollen.
»Du musst für mich da rübergehen und ihn auf dich aufmerksam machen«, flüstert Raffe. Na wunderbar. Ich hätte es wissen müssen. »Bring ihn dazu, dir zur Männertoilette zu folgen.«
»Machst du Witze? Wie soll ich das anstellen?«
»Na, du hast doch deine Mittel.« Seine Augen wandern über mein enges Kleid. »Dir wird schon was einfallen.«
»Und was passiert, wenn ich ihn auf der Toilette habe?« Ich spreche so leise ich kann und vertraue darauf, dass Raffe mich warnen würde, wenn die anderen mich aus dem allgemeinen Geschrei heraushören könnten.
»Wir werden ihn davon überzeugen, uns zu helfen.« Er klingt grimmig. Aber er klingt nicht so, als würde er unsere Chancen, ihn zu überzeugen, besonders hoch einschätzen.
»Was ist, wenn er Nein sagt?«
»Game over. Mission abgebrochen.«
Vermutlich sehe ich jetzt wie die Brünette aus, als Raffe sie gebeten hat, wegzugehen. Ich blicke ihn lang genug an, um ihm die Möglichkeit zu geben, das Ganze als Witz zu deklarieren. Doch ich sehe keinen Humor in seinen Augen. Warum war mir das klar?
Ich nicke. »Ich bringe ihn in die Toilette. Und du tust, was immer nötig ist, um ihn zu einem Ja zu bewegen.«
Ich drücke mich von der Wand ab, trete aus dem Schatten und nehme den Albino ins Visier.
30
Ich bin keine Schauspielerin und so richtig schlecht im Lügen. Außerdem bin ich weit davon entfernt, eine Verführerin zu sein. Ist ja auch nicht ganz einfach, die Kunst des Verführens einzustudieren, wenn man ständig seine kleine Schwester im Rollstuhl durch die Gegend schiebt. Ganz zu schweigen davon, dass Jeans und weite T-Shirts erst recht keinen Vamp aus einem machen.
Ich zerbreche mir den Kopf, wie ich den Albino auf mich aufmerksam machen soll, aber mir fällt nichts ein.
Während ich den langen Weg um die Lounge herum nehme, hoffe ich auf einen Geistesblitz.
Auf der anderen Seite des Klubs bahnt sich eine kleine Entourage aus Frauen und
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