Angelglass (German Edition)
in Prag hat das Schloss in Aufruhr versetzt. Schnell wird eine Audienz vorbereitet, und schon bald finde ich mich selbst in der großen Halle zu Rudolfs Thron kniend wieder, während der Holländer dem Kaiser vorgestellt wird. Der Hof ist von Drebbel fasziniert, und alle dürfen sich in der große Halle zusammendrängen, um anzuhören, was er zu sagen hat. Lang steht neben Rudolf und verzieht das Gesicht. Obwohl ich zu ihm hinsehe, blickt er nur kurz in meine Richtung. Jeppe tollt um Rudolfs Thron herum und wirft mir schamlose, anzügliche Blicke zu. Sir Anthony und Percy sehen einander stirnrunzelnd an. Brahe und Kepler sind da, ebenso Finn, und sogar Arcimboldo hat der Unterbrechung seiner Porträtsitzung gnädigerweise zugestimmt.
Drebbel steht vor Rudolf; das Dutzend Männer, das ebenfalls im Bauch seines seltsamen Fahrzeugs versteckt war, befindet sich in der hinteren Ecke des Raums neben einer großen Holzkiste. Die Atmosphäre ist erwartungsvoll gespannt, während Rudolf den Besucher in Augenschein nimmt.
»Herr Drebbel«, sagt der Kaiser schließlich, »Ihr habt im heiteren Prag heute Abend für recht viel Aufruhr gesorgt. Man hat mir gesagt, Ihr wäret die Moldau unter Wasser hinaufgefahren? Ist das möglich?«
Drebbel verneigt sich tief. »In der Tat, Exzellenz, es ist möglich. Erst vor Kurzem habe ich mein Unterseeboot fertiggestellt und gedacht, dass es keinen besseren Anlass für eine Jungfernfahrt gäbe, als es Kaiser Rudolf von Böhmen zu präsentieren.«
»Mir ist durchaus bewusst, dass viele meiner Soldaten, die Zeugen Eurer dramatischen Ankunft waren, das ein oder andere Bier in der Taverne getrunken haben«, sagt Rudolf, während seine Augen funkelnd umherblicken. »Dies ist doch wohl keine Fantasie eines betrunkenen Lanzenträgers, nicht wahr?«
Die anwesenden Soldaten ziehen scharf die Luft ein, doch Rudolf ist weiterhin in guter Stimmung.
»Keinesfalls, Exzellenz«, erwidert Drebbel. »Mein Fahrzeug ist so einfach, dass ich mich frage, wieso es noch kein anderer vor mir erfunden hat. Ein hölzerner Rahmen, der völlig von Leder bedeckt ist und das Wasser vom Eindringen abhält. Und zwölf Seeleute treiben das Schiff mit Rudern an, die in lederverkleideten Taschen stecken und ebenfalls kein Wasser hindurchlassen.«
»Aber wie könnt Ihr denn alle unter Wasser atmen?«
»Ich bin so etwas wie ein Alchemist, Exzellenz«, erwidert Drebbel lächelnd. »Ich habe eine chemische Substanz entwickelt, die die Luft für mich und meine Mannschaft reinigt, sowie eine Reihe von Blasebälgen und Pumpen, um sie in meinem Fahrzeug zirkulieren zu lassen.«
Rudolf klatscht begeistert in die Hände. »Ich muss dieses Fahrzeug umgehend sehen. Lasst es sofort ins Schloss bringen!«
Drebbel runzelt die Stirn und blickt zu Lang. Der Kammerherr tritt vor. »Eure Exzellenz, noch während wir hier sprechen, wird bereits genau erörtert, wie sich der Transport dieses Apparats ins Schloss bewerkstelligen lässt. Aber ich glaube, dass Euch Herr Drebbel in der Zwischenzeit eine andere Apparatur präsentieren kann.«
Drebbel gibt seiner Mannschaft ein Zeichen, die Holzkiste in die Mitte des Raums zu tragen.
»Ich hoffe, diese Apparatur ist mindestens genauso faszinierend wie das wundervolle Unterseeboot, das mir anscheinend nicht zu sehen erlaubt ist«, sagt Rudolf leicht gereizt.
»Es ist vielleicht sogar noch erstaunlicher«, sagt Drebbel, während seine Männer die Holzverkleidung entfernen und ein großes, von einem weißen Tuch verdecktes Gerät zum Vorschein kommt.
Der Holländer fasst nach einem Zipfel des Tuchs, schlägt es mit einer überschwänglichen Geste zurück und präsentiert eine komplizierte Anordnung aus farbigen Kugeln und elliptischen Bahnen.
Kepler scheint etwas wiederzuerkennen und stößt einen erstaunten Ruf aus. »Seht mein Perpetuum mobile!«, verkündet Drebbel. »Die Leute sagten, es könne nicht gebaut werden, aber ich, Cornelius Drebbel, habe die Schwarzmaler widerlegt!«
»A…aber«, unterbricht ihn Kepler, der sich sogleich einen eiskalten Blick von Lang einhandelt. Drebbel verbeugt sich vor dem Wissenschaftler. »Wenn ich nicht irre, muss dies Meister Johannes Kepler sein, die Inspirationsquelle meiner Arbeit.«
»Inspiration?«, fragt Rudolf.
»Gewiss, Eure Exzellenz«, sagt Drebbel. »Es sind Meister Keplers Studien über die Gesetze der Planetenbewegung, die mich zur Konstruktion dieser Maschine angeregt haben. Voilà!«
Rasch betätigt Drebbel ein oder zwei Hebel am
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