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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Mann
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Reifen noch Felgen. Vier Ziegelsteine stützen ihn anstelle der Räder. Ich war fassungslos – allerdings nicht sehr lange. Kurzerhand schnappte ich mir unseren Manager Kammi (Kammi, weil er wie ein Kamikazekämpfer Auto fuhr) und fuhr mit ihm zur SED-Kreisleitung nach Bergen. Wenn es um die Arbeit ging, habe ich mich sogar mit der Partei eingelassen. Wir haben dort ein schönes Fass aufgemacht:„Was ist denn los in diesem Land – die Leute klauen sich schon gegenseitig die Reifen von den Autos. So kann der sozialistische Kulturbetrieb nicht aufrecht erhalten werden …“ Wir wirkten scheinbar so überzeugend, dass ich bald mit einem Satz nagelneuer Reifen durch die Gegend kutschierte.

■ Den heirate ich
    Auch bei Obelisk blieb es natürlich nicht aus, dass die Musiker wechselten. Wir haben uns musikalisch weiterentwickelt und so mancher konnte da nicht mehr mithalten.
    Also wurde umgebaut. Unser damaliger Gitarrist, Rainer Kühn, von uns Bühnen-Kühn genannt, entpuppte sich als sehr begabter Bassist. Folglich brauchten wir einen neuen Gitarristen. Franz Bartzsch hatte mir vor längerer Zeit einen „mordsmäßigen“ Gitarristen namens Udo Weidemüller empfohlen. Udo hatte vor meiner Zeit schon einmal bei Obelisk gespielt und Andreas schwärmte in den höchsten Tönen von ihm. Im Frühjahr 1981 spielten wir auf der Leipziger Messe und plötzlich stand Udo – noch in Armeeuniform – vor uns. Er wollte mal seine alte Band besuchen. Wir kamen ins Gespräch und danach verkündete ich vollkommen überzeugt: „Den werde ich heiraten.“
    Ich bin da eher spontan. Sehen, quatschen, heiraten. Das Heiraten hat dann zwar noch ein bisschen gedauert, aber ich war sehr daran interessiert, dass er sich unserer Band anschloss. Zum Glück folgten die anderen meinem Wunsch. Udo war als Gitarrist eine Ausnahmeerscheinung und sein Spiel passte haargenau zu unserer Musik.

    Von links: Udo Weidemüller (Gitarre), Rainer Kühn (Bass) Andreas Bicking (Gesang, Keyboard, Saxofon), Matthias Philipp (Drums), Andreas Fregin (Keyboard, Management), 1982
    Zuerst hatte er jedoch seine Armeezeit abzudienen. Er war geschieden, lebte aber noch mit seiner Exfrau zusammen. Das war in der DDR nicht ungewöhnlich, der Wohnungsmangel war eklatant.
    Als er dann schließlich zu uns stieß, wohnte er, wie die anderen auch, bei mir, in meiner kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung. Ich war so etwas wie die Mutter der „janzen Bande“, habe für alle gekocht, gewaschen und mir die Sorgen angehört. Meine damalige Hauswirtin hat sich wahrscheinlich bekreuzigt. Aber wir waren ein ganz anständiges Völkchen.
    Ich war mit allen meinen Mitbewohnern gut Freund, nur mit Udo lief es etwas anders. Nach einer ausgedehntenSommertournee, auf der wir uns nähergekommen waren, verabschiedete er sich plötzlich: „Tschüss, ich muss nun wieder nach Leipzig.“ Nach einem Tag stand er wieder vor meiner Tür. Ihm war aufgefallen, dass es ihm mit mir doch ganz gut gefiel. Mir gefiel es mit ihm auch ganz gut und von nun an waren wir für die nächsten 17 Jahre fest verbandelt.
    Ich fand es klasse, dass wir bei der nächsten großen Tournee ein Paar waren. Da ging es nämlich an die „Trasse“ – dabei handelte es sich um eine Erdgasleitung, die von der DDR als Jugendprojekt über Jahrzehnte hinweg gebaut wurde. Eine ganz besondere Erfahrung.
    Wir erwarteten, dass die in der Sowjetunion vielleicht nicht ganz so locker sind wie wir und uns kein Doppelzimmer geben würden. Das wollten wir auf jeden Fall umgehen – es musste also vor der Reise geheiratet werden. In der DDR ließ sich ein solches Vorhaben relativ schnell in die Tat umsetzen. Im Oktober verkündete ich Lacky, dass ich gedenke, nun eine biedere Ehefrau zu werden. Er und seine Frau Moni schenkten mir großzügig die Ausrichtung der Hochzeitsfeier. Geheiratet wurde im Rathaus Pankow, Mittagessen gab es im berühmten Künstlerklub „Möwe“ in der Luisenstraße und gefeiert wurde in Lackys Haus. Da haben die beiden sich nicht lumpen lassen. Kellner, leckeres Buffett, viel Sekt – und ich durfte einladen, wen ich wollte. Natürlich unsere Freunde, die Band, etliche befreundete Journalisten und aus Westberlin meinen Bruder Ecki und meine Mutter, die sich zur Feier des Tages sogar in Brokat gekleidet hatte.
    Kurz darauf flogen wir in die Sowjetunion zur Trasse. Wir landeten in der Ukraine, in Lwiw oder auch Lemberg. Dort erlebte ich meinen ersten Kulturschock. Die Toiletten auf dem Flugplatz waren unglaublich

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