Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Mann
Vom Netzwerk:
ungerecht es auch im Westen zugehen konnte, haben wir sehr schnell gemerkt. Alle Musiker, die vor uns die DDR verlassen hatten, bekamen Arbeitslosengeld. Wir nicht. Wir zogen sogar mit einem Anwalt vor Gericht. Das war völlig sinnlos. Dieser Anwalt hat bei der Verhandlung nicht einen einzigen Satz gesagt. Er musste sich um sein Honorar ja auch keine Sorgen machen, man hatte uns Prozesskostenhilfe zugebilligt. Fünfzehn (!) Jahre später bekam ich plötzlich die Aufforderung, ihm 1.000 D-Mark zu zahlen, da ich ja jetzt genügend Geld verdienen würde.
    Zum „Glück“ hatte ich eine Risikoschwangerschaft – ich war ja schon 36 Jahre alt – und bekam Krankengeld. Das war reich bemessen und so kamen wir recht gut über die Runden.

    Als glückliche Mama, 1986

■ Theater, Theater!
    Am 19. Februar 1986 war es so weit: Meine Rike wurde geboren. 19 Stunden habe ich gebraucht, um sie auf die Welt zu bringen. Als ich dieses süße, rothaarige Wesen endlich im Arm hielt, war ich rundum glücklich.
    Mein Leben stand Kopf, alles drehte sich um das Kind. Ich bin in meiner Mutterrolle völlig aufgegangen, habe die Kleine Tag und Nacht mit mir herumgeschleppt und alles für sie getan, was nur möglich war. Udo hatte damals ganz gut zu tun, sodass wir mit seinem Honorar und dem Mutterschaftsgeld gut auskamen.

    Erstes Weihnachten in Familie, 1986
    Langsam aber fing ich an, mir Gedanken zu machen, wie es beruflich weitergehen könnte. Udos Kollege, der Saxofonist Axel-Glenn Müller war fest am Theater des Westens engagiert und brachte mich auf die Idee, meine Bewerbung an den Theaterchor zu schicken. Das wärewas für mich, dachte ich: Chor singen, wieder auf der Bühne sein, vielleicht etwas Geld dazu verdienen. Gesagt, getan. Ich habe mich im Sommer dort vorgestellt und meine LP sowie Zeitungsausschnitte mitgeschickt. Im Herbst lud man mich plötzlich zu einem Vorsingen ein. Oh Schreck, wie bitte? „Ja, Sie haben sich doch bei uns beworben, kommen Sie mal, wir haben hier so ein Casting“, klang es durch das Telefon. Na ja, Casting nannten die das damals nicht, sondern Audition – also eine Anhörung. Die wollten sich also meinen Gesang anhören. Na gut, schnell mit Udo ein paar Lieder geprobt und dann ging es los. Als ich zum Theater kam, traute ich meinen Augen kaum: lauter junge schöne Frauen warteten da, alle um die 20, langbeinig, manche frisch von der Hochschule. Ich sah alle Felle davonschwimmen. Dann kam der Regisseur Günter Krämer. Von seiner Berühmtheit wusste ich damals noch nichts.
    „Na nun singen Sie uns mal was vor“, sagte er. Ich sang „Kutte“ und ein Kinderlied.
    „Können Sie noch etwas richtig Lautes singen?“ Konnte ich – habe mich ans Klavier gesetzt und „Nobody knows you, when you’re down and out“ gesungen.
    „Ich muss mir nun noch die anderen anhören“, meinte er, „Sie hören dann von uns bis Donnerstag.“
    Es war Montag, wie sollte ich es bis Donnerstag bloß aushalten? Kaum war ich zu Hause angekommen, klingelte das Telefon: „Ja, Sie sind es!“ So bekam ich die Rolle der Lucy in der „Dreigroschenoper“ am Theater des Westens. Ich war von den Socken!
    Zu Beginn des Jahres 1987 begannen die Proben, und ich lernte eine andere Welt kennen. Es war der Beginn meiner Theaterkarriere.
    Günter Krämer brachte einen großen Teil des Ensembles aus Bremen mit. Bedeutende Schauspieler, darunter Therese Dürrenberger als Polly, Grete Wurm als Mrs.Peachum. Martin Reinke war Mackie Messer und Ingrid Caven die Seeräuber-Jenny. Krämer meinte: „Angelika, du kannst doch so toll singen. Ich möchte, dass du die „Arie der Lucy“ singst. Das war wirklich ein Vertrauensvorschuss. Diese Arie ist aus vielen Inszenierungen rausgeflogen, weil sie wirklich sehr schwer ist. Auch ich hätte Probleme mit der ursprünglichen Tonart gehabt. Von den Weill-Erben erhielt ich daraufhin die Genehmigung,das Lied in einer anderen Tonart zu singen. Nun etwas tiefer gesetzt, machte ich daraus eine richtige Rocknummer. Krämers Inszenierung war ein Wahnsinnserfolg, jeden Abend standen die Leute mit Pappschildern vor dem ausverkauften Theater: „Suche Karte“. Ein Kritiker schrieb, ich mache aus der Arie der Lucy „ein Bravourstück sozialkritischer Entlarvung“.

    Als Lucy in der Dreigroschenoper am Theater des Westens, 1987
    Ich hatte Blut geleckt und wollte unbedingt weiter Theater spielen. Grete Wurm – wer erinnert sich nicht an die Oma Drombusch aus dem ARD-Erfolg „Diese Drombuschs“ –

Weitere Kostenlose Bücher