Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
Therese Dürrenberger und ich hatten uns angefreundet. Krämer nannte uns „Zwergengruppe“. Ich war zwar die Kleinste von allen, aber die beiden anderen waren auch nicht besonders groß. Körperlich, meine ich. Als Schauspielerin waren beide überragend. Nach den Vorstellungen kehrten wir in der berühmten Paris-Bar ein, gegenüber dem Theater. Da saßen Udo Walz, Otto Sander und viele andere Berühmtheiten. Und wir mittendrin.
Nach ein paar herrlichen Wochen war alles vorbei. Abgespielt. Ein letztes Mal fuhr ich ins Theater, um meine Unterlagen abzuholen. Auf dem Theaterhof lag unsere abgebaute Treppe aus dem Bühnenbild. Da setzte ich mich drauf und heulte Rotz und Wasser, so elend war mir zumute.
Gleichzeitig hatte ich Grund, mich sehr zu freuen. Obwohl ich eine der Hauptrollen spielte, war meine Bezahlung im Gegensatz zu den anderen Protagonisten lächerlich. Das hatte ich dem Künstlerdienst zu verdanken, der mich falsch beraten hatte. Zur letzten Vorstellung schenkte mir Grete Wurm ein hübsches kleines Täschchen. Zu Hause fand ich darin 3.000 D-Mark! Sie schrieb, dass sie sich schämte, wie man mich übers Ohr gehauen hatte und wollte das wieder gut machen. Im Osten ging das Gerücht um wie unpersönlich unddesinteressiert die Menschen im Westen sind. Ich habe das ganz anders erlebt und zähle bis heute Kollegen von damals zu meinen Freunden.
Der Sommer war da und wir konnten uns dank Grete Wurm einen kleine Reise in den Schwarzwald und sogar einen Ausflug nach Frankreich leisten. Viele DDR-Bürger hatten das Land in der Zwischenzeit verlassen und ich fand es toll, als ich sogar vor dem Straßburger Dom erkannt und freudig begrüßt wurde.
Wieder in Berlin hatte der Künstlerdienst eine neue Aufgabe für mich: Auf dem Bahnhof Witzleben spielten wir unter der Regie von Johannes Felsenstein ein Stück zur 700-Jahrfeier von Berlin.
Danach ging es wieder zurück an das Theater des Westens. Der berühmte August Everding, genannt „Intendant aller Intendanten“ inszenierte das Musical „Oliver!“ von Lionel Bart. Ich sollte die Waisenhausaufseherin Mrs. Corney spielen – das war keine leichte Aufgabe, plötzlich in das böse Fach zu wechseln. Zuvor verkörperte ich mit der Lucy in der „Dreigroschenoper“ eine 16-Jährige, und nun sollte ich auf der Bühne älter sein, als ich es wirklich war. Frohgemut nahm ich die Herausforderung an und war natürlich wieder todunglücklich als alles vorbei war.
August Everding war ein wirklicher Star unter den Regisseuren und ein Medienprofi vor dem Herrn. Meist saß er in der Mitte des Zuschauerraumes und gab von dort aus Regieanweisungen, während seine Assistenten auf der Bühne dafür sorgten, dass wir alles richtig machten. Wehe, ein Fotograf betrat das Geschehen. Dann sprang dieser eher kleine, rundliche Mann hoch, erklomm mit einem Sprung die Bühne und machte Ballett.
Meine gute Zeit am Theater des Westens sollte noch etwas andauern.
Am Jahresende 1987 kamen Caterina Valente und Silvio Francesco für zwölf Shows ins Haus. Begleitet wurden sie vom Theaterorchester unter der Leitung von Rolf Kühn. Und es wurde ein Backgroundchor gebraucht!
Ich konnte es kaum fassen, als man mich bat dort mitzusingen. Caterina Valente war eines meiner Kindheitsidole. Sie trug neben Cornelia Froboess sozusagen „Schuld“ daran, dass ich auch auf die Bühne wollte. Ich kannte sie als Schlagersängerin, als Jazzsängerin und als Schauspielerin. Mit dieser Frau sollte ich nun gemeinsam auf einer Bühne stehen dürfen?
Die Proben waren sehr aufwendig. Caterina Valente plante, ihre großen Welthits zu singen. Das erforderte mehr als nur ein „Haahuhaa“ im Backgroundgesang. Da ging es richtig zur Sache und alles vom Blatt. Ich war sehr froh, dass ich durch die Lakomy-Schule gegangen bin. Was ich bei ihm gelernt hatte, konnte ich nun wieder auffrischen und anbringen.
Caterina war hinreißend nett, angenehm in der Zusammenarbeit und bescheiden – wie fast alle wirklich großen Künstler, denen ich begegnet bin. Wir feierten ihren 58. Geburtstag gemeinsam, und nach dem Abschiedskonzert beschenkte sie uns großzügig. Ich bekam von ihr die erste Bodylotion meines Lebens geschenkt – ganz feines Zeug von Armani.
Danach war erst einmal Ruhe im Karton. Ich hatte gut verdient, aber auch gut ausgegeben. Ulrike war knapp ein Jahr und wir wollten ihre Kindheit gern auf Film festhalten. Die Videokameras waren damals noch riesengroß und sündhaft teuer. Aber wir dachten, wann,
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