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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Mann
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DDR-Oberen, die auf „Abtrünnige“ immer reagierten wie eine verlassene Verlobte, die LP wieder einstampfen könnten. Andererseits war „Der Traumzauberbaum“ auch weiter in den Läden, obwohl Vroni Fischer das Land verlassen hatte. Und auch „Mimmelitt, das Stadtkaninchen“ wurde, wie sich herausstellte, ganz normal weiterverkauft.
    Nach dem unerfreulichen Besuch bei Lacky fuhren wir nach Hause und trafen vor unserer Tür auf einen Mitarbeiter des Komitees für Unterhaltungskunst. Freundlich haben wir ihm erst mal eine gute Tasse Westkaffe angeboten und ihm dann erzählt, was uns zu dieser schwerwiegenden Entscheidung veranlasst hatte. Nachdem er eine Weile so tat, als hätten wir nur Hirngespinste, brach es plötzlich aus ihm heraus. Er erzählte, dass er über einen solchen Schritt auch schon nachgedacht hätte. Das haben wir übrigens sehr oft erlebt. Viele beneideten uns um den Mut, den man aufbringen musste, um zu zeigen, dass man raus will aus diesem Land.

    Ich wollte keine Zeit verlieren und fing sofort mit den Ausreisevorbereitungen an. Zeit hatte ich zur Genüge, denn es waren natürlich sämtliche Konzerte storniert worden. Trotz des sicheren Ziels vor Augen lebten wir nach dem Antrag im Ungewissen: Ständig rechneten wir damit, dass sie uns von heute auf morgen rausschmissen, und es gab einiges, was ich denen nicht da lassen wollte. Ich hatte Unmengen an Büchern und Schallplatten, die ich auflisten wollte, meine Bühnengarderobe, die ich ja nun nicht mehr brauchte und verkaufte, um an Geld zu kommen. Außerdem war ich dem Komitee für Unterhaltungskunst noch Geld schuldig, das ich mir für mein Yamaha Grand-Piano geborgt hatte. Da von unserer Gage, die wir für die Tournee bekommen hatten, noch genug bei der Künstleragentur lag, konnte ich meine Schulden jedoch sofort begleichen. Allen, die immer glaubten, dass DDR-Musiker stinkereich waren, sei gesagt, dass der Flügel wie schon erwähnt 32.000 Mark gekostet hatte. Für eine solche Summe konnte man sich in der DDR schon ein kleines Häuschen kaufen. Wir waren eben verrückt und steckten alles Geld in unsere Musik.
    Ich verkaufte alle Technik, die ich besaß. Aber meinen Flügel wollte ich nicht hergeben. Costa Cordalis war zu dieser Zeit auf DDR-Tournee und mein alter Kumpel von der Geff-Harrison-Band war als Tontechniker mit von der Partie. Bei Nacht und Nebel kam er mit dem Tournee-Truck zu mir nach Berlin-Buch und lud mein kostbares Instrument ein. So war mein Flügel schneller im Westen als ich selbst. Er wurde dort verkauft und ich hatte wenigstens ein bisschen Startkapital für unser neues Leben.
    Darauf sollten wir aber noch warten müssen, denn so schnell wollte man uns nicht ziehen lassen.

    Im Juni 1984 stellte sich heraus, dass ich schwanger war. Das war mir ganz recht, jetzt hatte ich ja endlich Zeit. Leider verlor ich das Kind kurze Zeit später – wohl wegen der Aufregung. Mein Mann Udo hatte nämlich einen Einberufungsbefehl bekommen. Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet. Wer einen Ausreiseantrag stellte, outete sich ja als Feind der DDR und ausgerechnet so einer sollte nun die DDR verteidigen? Ich hatte schreckliche Angst um ihn, denn es gab Gerüchte, dass einem Verräter schon mal ein kleiner Unfall während des „Dienstes an der Fahne“ geschehen konnte. Zum Glück ging aber alles gut. Im Nachhinein kann man sogar sagen, dass die Nationale Volksarmee uns finanziell noch über die Runden geholfen hat, denn Udo hatte ja nicht schlecht verdient und musste dementsprechend bezahlt werden.
    Im Oktober kehrte er von der Armee zurück und ab diesem Zeitpunkt gingen wir jeden Dienstag zum Rathaus Pankow um zu fragen, ob denn unser Antrag schon bearbeitet worden wäre. Die zuständige Dame, Frau Walter, behandelte uns wie Kriminelle und riet mir eindringlich, mir endlich Arbeit zu suchen, denn ich würde ja nun asozial sein und Asoziale würden in der DDR weggesperrt. Wo hätte ich denn arbeiten sollen? Zum Glück konnte Udo wenigstens ab und zu Musik machen. Günther Fischer hat ihn immer wieder gern geholt.
    Im April 1985 wurde ich noch einmal zum Komitee für Unterhaltungskunst bestellt. Man wollte wissen, ob ich denn meinen Ausreiseantrag nicht wieder zurückziehen möchte – nach einem dreiviertel Jahr. Natürlich wollte ich das nicht und hatte auch das Gefühl, dass man ganz froh darüber war. Und dann ging alles relativ schnell. Auf einmal hatten wir neue Bearbeiter im Rathaus, dieviel freundlicher waren. Es hieß,

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