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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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doch.«
    Â»Es ist nicht leicht, einen dieser Neuigkeitenkrämer zu erwischen. Es gibt niemanden, der einem so behände zwischen den Fingern hindurchschlüpft. Sie sind überall und nirgends. Claude Le Petit wäre schon zehnmal fast gehängt worden, und trotzdem taucht er immer wieder auf und verschießt seine Pfeile, wenn
man am wenigsten damit rechnet. Er ist das Auge von Paris. Er sieht alles, er weiß alles, und niemand ist ihm jemals begegnet. Ich selbst habe ihn noch nie gesehen, aber ich nehme an, seine Ohren sind größer als ein Rasierbecken, denn der ganze Klatsch der Hauptstadt findet darin Asyl. Man sollte ihn als Spion bezahlen, statt ihn zu verfolgen.«
    Â»Man sollte ihn ein für allemal aufhängen!«
    Â»Unsere lieben, unfähigen Büttel zählen solche Flugschriftenschreiber tatsächlich zu den ݟbelgesinnten Personen‹. Aber sie werden den kleinen Poeten vom Pont-Neuf nie erwischen, wenn mein Hund und ich uns nicht endlich darum kümmern.«
    Â»Tut das, ich flehe Euch an!«, rief Angélique und packte Desgrez mit beiden Händen an seinem grobleinenen Kragen. »Sorbonne soll ihn zu mir schleifen, tot oder lebendig.«
    Â»Ich werde ihn lieber Monsieur de Mazarin übergeben, denn, glaubt mir, mehr noch als Ihr ist das sein ärgster Feind.«
    Â 
    Â»Wie konnte man nur zulassen, dass er so lange ungestraft seine Lügen verbreitet?«
    Â»Ach je! Die beängstigende Stärke von Claude Le Petit liegt darin, dass er niemals lügt und sich nur selten irrt.«
    Â 
    Angélique öffnete den Mund, um zu protestieren, doch dann erinnerte sie sich an den Marquis de Vardes. Sie schwieg und schluckte ihre Wut und ihre Scham hinunter.

Kapitel 10
    U nd mit einem Mal kam der Dezember mit seinen eisigen Nebelschwaden, den vier von Gebeten und allabendlichen Andachten in einer nahen Kirche erfüllten Adventswochen... und schließlich Weihnachten.
    Angélique erschrak bei dem Gedanken, dass das Jahr zu Ende gehen würde, ohne dass Joffreys Schicksal geklärt wäre. Hier in der Île-de-France spürte man den Wechsel der Jahreszeiten sehr viel stärker als im Süden, wo zu jeder Zeit die Sonne schien. Hier war Weihnachten das Mysterium des Lichts, das in die dunklen, kalten Tage einbrach. Und wer sich zu Weihnachten nicht in den sanften Schoß einer Familie zurückziehen konnte, litt eine noch bitterere Einsamkeit.
    Â 
    Zwei Wochen vor Weihnachten begann es zu schneien. Die Stadt legte ihr Festkleid an. In den Kirchen wurden Krippen aus dicker Pappe oder Rocaille aufgebaut, in denen die Figuren der Geburt Christi ihren Platz fanden: das Jesuskind eingerahmt von Ochs und Esel, die es mit ihrem Atem wärmten.
    Â 
    Die Banner der Bruderschaften wurden in endlosen Prozessionen singend durch die mit Schnee und Schlamm bedeckten Gassen getragen.
    Wie es der alljährliche Brauch verlangte, buken die Augustiner vom Hôtel-Dieu Tausende mit Zitronensaft beträufelter Krapfen, und die Kinder schwärmten mit vollen Schüsseln durch ganz Paris aus, um sie zu verkaufen. Nur mit diesen Krapfen
durfte das Fasten gebrochen werden, und das dadurch gesammelte Geld würde helfen, den armen Kranken das Fest mit kleinen Geschenken zu verschönern.
    Gleichzeitig überstürzten sich für Angélique die Ereignisse.
    Â 
    In die finsteren Windungen des schrecklichen Prozesses verstrickt, war ihr kaum bewusst, dass die gesegneten Stunden der Weihnacht und die ersten Tage des neuen Jahres bevorstanden.
    Als Erstes suchte Desgrez sie eines Morgens im Temple auf, um ihr zu berichten, was er über die Ernennung der Richter erfahren hatte.
    Â 
    Â»Der Auswahl der geschworenen Richter ist eine langwierige Untersuchung vorausgegangen. Wir dürfen uns keine falschen Hoffnungen machen, denn es hat ganz den Anschein, dass man sie nicht aufgrund ihres Gerechtigkeitssinns ausgewählt hat, sondern wegen der besonderen Ergebenheit, mit der sie dem König dienen. Darüber hinaus hat man mit Bedacht verschiedene Juristen ausgesondert, deren Treue zum König zwar über jeden Zweifel erhaben ist, aber von denen man auch weiß, dass sie mutig genug sind, um sich gegebenenfalls dem königlichen Druck zu widersetzen. Das ist zum Beispiel der Fall bei Maître Gallemand, einem der berühmtesten Advokaten unserer Zeit, dessen Stellung unanfechtbar ist, da er während der Fronde offen Partei für den

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