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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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braucht, der sich mit allen Feinheiten eines Rechtsverfahrens auskennt. Und dieser Fachmann, Madame, das bin ich.«
    Angélique sah, wie er kurz die Augen schloss, schluckte, und schließlich seine ganze Aufmerksamkeit dem Staub widmete, der in einem Lichtstrahl tanzte. Sie war verwirrt.
    Â»Aber Ihr habt doch gerade gesagt, der Prozess sei bereits eingeleitet.«
    Â»Immer mit der Ruhe, schöne Dame. Ich sagte lediglich, dass
ich mit der Einleitung des Prozesses beauftragt wurde... aber so etwas kann zwanzig Jahre dauern.«
    Das Eintreten des Advokaten und des Jesuiten unterbrach ihn.
    Â»Was für einen seltsamen Vogel habt Ihr denn da mitgebracht?«, wollte Angélique von Desgrez wissen.
    Â»Keine Angst, er ist nicht gefährlich. Er ist ein kleines Insekt, das sich von alten Akten ernährt, aber ein kleiner Gott auf seinem Gebiet.«
    Â»Er spricht davon, meinen Gemahl zwanzig Jahre im Gefängnis verfaulen zu lassen!«
    Â»Monsieur Clopot, Ihr redet zu viel und habt Madame verärgert«, sagte der Advokat.
    Der kleine Mann schrumpfte noch ein wenig mehr zusammen und zog sich in eine Ecke zurück, wo er sich an die Wand drückte. Die Ähnlichkeit mit einer Küchenschabe war unverkennbar.
    Um ein Haar hätte Angélique laut aufgelacht.
    Â»Ihr springt mit Eurem kleinen Aktengott aber ziemlich hart um.«
    Â»Das ist die einzige Macht, die ich über ihn habe. Um die Wahrheit zu sagen, er ist hundertmal reicher als ich. Aber nun sollten wir uns hinsetzen und die Lage besprechen.«
    Â»Es steht also fest, dass es zu einem Prozess kommen wird?«
    Â»Ja.«
    Die junge Frau musterte ihren Bruder und ihren Advokaten, in deren Zügen sich leises Widerstreben spiegelte.
    Â»Das hat dir die Anwesenheit von Monsieur Clopot ja bereits verraten«, sagte Raymond schließlich. »Aber es ist uns nicht gelungen, dafür zu sorgen, dass dein Gemahl vor ein Kirchengericht gestellt wird.«
    Â»Aber... aber er wird doch der Hexerei beschuldigt?«
    Â»Wir haben alle entsprechenden Argumente vorgebracht und unseren ganzen Einfluss geltend gemacht, das kannst du
mir glauben. Aber ich glaube, der König legt es darauf an, sich katholischer zu erweisen als der Papst. Je näher Monsieur Mazarin dem Grab kommt, desto stärker erhebt der junge Monarch den Anspruch, sich persönlich um alle Angelegenheiten des Königreichs zu kümmern, und dazu gehört auch die Religion. Als genügte es nicht, dass der König die französischen Bischöfe auswählt und nicht eine kirchliche Autorität oder gar der Papst, wie es vorgeschrieben ist. Wie dem auch sei, wir haben nichts weiter erreicht als die Eröffnung eines Zivilprozesses.«
    Â»Aber das ist doch immer noch besser, als wenn man ihn vergessen würde, nicht wahr?«, entgegnete Angélique und suchte in Desgrez’ Augen nach Bestätigung.
    Doch die steinernen Züge des Advokaten entspannten sich nicht.
    Â»Es ist immer besser, sein Los zu kennen, statt jahrelang im Zweifel belassen zu werden«, sagte er schließlich.
    Â»Wir sollten uns nicht zu lange mit dieser Niederlage aufhalten«, sprach Raymond weiter. »Jetzt geht es darum, herauszufinden, wie wir die Leitung des Prozesses beeinflussen können. Der König wird die Mitglieder des Gerichts persönlich zusammenstellen. Unsere Aufgabe wird es sein, ihm begreiflich zu machen, dass es seine Pflicht ist, dabei unparteiisch und gerecht vorzugehen. Welch heikle Aufgabe, das Gewissen eines Königs zu erleuchten...!«
    Â 
    Diese Worte erinnerten Angélique daran, was der Marquis du Plessis-Bellière vor Jahren über Monsieur Vincent de Paul gesagt hatte: »Er ist das Gewissen des Königreichs.«
    Â»Warum ist mir das nicht früher eingefallen?«, rief sie. »Wenn Monsieur Vincent mit der Königin und dem König über Joffrey reden würde, könnte er ihr Herz sicher erweichen.«
    Â»Aber leider ist Monsieur Vincent letzten Monat im Mutterhaus seines Ordens gestorben.«

    Â»Mein Gott!«, seufzte Angélique, und vor Enttäuschung stiegen ihr Tränen in die Augen. »Warum habe ich nicht daran gedacht, als er noch lebte! Er hätte gewusst, wie er mit ihnen reden sollte. Er hätte dafür gesorgt, dass Joffrey vor ein kirchliches Gericht gestellt würde...«
    Â»Glaubst du etwa, wir hätten nicht alles in unserer Macht Stehende versucht, um genau das zu

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