Angels - Meine Rache waehrt ewig
hatte sie vor, in der Nacht zurückzukehren und ein paar Kisten mitzubringen – obwohl ihr der Gedanke zu schaffen machte, sich allein hier unten im Dunkeln aufzuhalten.
Sie machte sich auf den Weg zurück nach oben, stieg die Stufen zu ihrem Apartment hinauf und schnappte sich den Laptop. Es waren noch ein paar Stunden bis zu ihrer Schicht im Diner, und sie wollte in den Coffeeshop gehen, wo sie drahtlos ins Internet kam und vielleicht ein paar Gerüchte aufschnappen konnte. Sie hatte bereits herausgefunden, dass das Bayou Coffee am anderen Ende des Campus in der Nähe vom Wagner House bei den Studenten am beliebtesten war. Sie drehte ihr Haar zu einem Knoten zusammen und setzte eine Baseball-Kappe auf, dann rannte sie los.
Von ihrer Tür zum Coffeeshop waren es zwanzig Minuten, und wie es der Zufall wollte, machten zwei asiatische Studenten soeben einen kleinen Tisch am Fenster frei. Kristi stürzte darauf zu, ließ ihren Rucksack auf einen der Holzstühle fallen und stellte sich in die Schlange, um einen Vanille-Latte-Macchiato und ein Himbeer-Scone zu bestellen. Während die Espressomaschine kreischende Geräusche von sich gab und die Umstehenden mit Dampf umhüllte, ließ Kristi den Blick über die Menge schweifen. Sie erkannte ein paar der jungen Leute, entweder aus Seminaren oder weil sie ihnen im Studentenwerk, in der Bibliothek oder sonstwo auf dem Campus über den Weg gelaufen war.
Zum Glück wurde niemand vor ihren Augen grau.
Sie gab gerade ihre Bestellung auf, als sich die Tür öffnete und ein großes, langbeiniges Mädchen eintrat, mit glattem braunem Haar, das bis zur Hälfte ihres Rückens reichte. Sie kam Kristi bekannt vor, und sie ordnete sie als eine Kommilitonin ein, die für gewöhnlich in der Nähe von Ariel O’Toole saß. Die Studentin blickte über die Tische, als suchte sie jemanden.
»Hey«, sagte Kristi, als sie an ihr vorbeiging. Wie war ihr Name noch mal? Zinnia? Zahara? Irgendwas mit Z …
»Oh, hallo.« Das Mädchen sah aus, als hätte es ebenfalls Probleme, Kristi einzuordnen.
»Zena, stimmt’s? Du bist eine Freundin von Ariel?«
»Oh … ja.«
»Ich bin Kristi, wir haben zwei Seminare zusammen belegt. Grottos Vampyrismus und Prestons Kreatives Schreiben.«
»Hm …«, sagte Zena gleichgültig.
»Hast du Lucretia gesehen?«
»Stevens? Nicht seit letzter Woche, glaub ich. Ich war ziemlich beschäftigt damit, mich auf das Stück vorzubereiten.«
»Du bist am Drama Department«, vermutete Kristi, und die junge Frau errötete sichtlich.
»Ja.«
»Bei Vater Mathias?«
»Hm. Ich stehe eigentlich nicht auf Moralitäten, aber nun ja, es ist ein Anfang. Er hat versprochen, wenn ich mich gut mache, wird er mich für etwas mit mehr Tiefe in Erwägung ziehen. Ich glaube, sie geben im Frühling Tennessee Williams’
Endstation Sehnsucht,
und ich würde liebend gern die Rolle der Blanche DuBois spielen.«
»Wer nicht?«, sagte Kristi, obwohl sie absolut kein Interesse daran hatte, zu schauspielern oder überhaupt auf einer Bühne zu stehen. »Was gefällt dir denn nicht an diesen Moralitäten?«
»Ich weiß auch nicht«, sagte Zena mit einem Schulterzucken und richtete den Blick auf das riesige Angebot an Getränken über dem Kopf der Baristi. »Ist halt Vater Mathias’ Spezialität, schätze ich.« Sie trat an den Tresen und bestellte Chai-Tee mit Milch und einen Muffin.
Zena schien an einer weiteren Unterhaltung nicht interessiert zu sein, deshalb kehrte Kristi an ihren Tisch zurück und öffnete den Laptop. Halb auf den Bildschirm, halb auf Zena konzentriert, knabberte sie an ihrem Scone.
Noch bevor Zenas Bestellung fertig war, öffnete sich die Tür erneut, und Trudie trat ein. Ihr rundes Gesicht war gerötet, und sie wirkte außer Atem. Ihr Blick fiel auf Zena. Rasch trat sie zu ihr und gab ihre Bestellung auf. Fünf Minuten später waren die Freundinnen aus dem geschäftigen Bereich um den Tresen verschwunden und ließen sich in einer Nische in Kristis Nähe nieder, die zwei junge Mütter mit ihren Babys soeben freigemacht hatten.
Kristi strengte sich an, ihr Gespräch zu belauschen, schnappte aber nur ein paar Worte auf, darunter auch »Glanzer«. Vater Mathias Glanzer. Und »Moralität«. Vermutlich das Stück, das Zena ganz schön zu beschäftigen schien. Und dann vernahm sie noch das Wort »Schwestern«. Mehr nicht.
Kristi beschloss, dass es schäbig war, die beiden zu belauschen, und wollte soeben damit aufhören, als Lucretia in einem langen schwarzen
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