Angels of the Dark: Verruchte Nächte
ihr aus.
Hatte sie, eine bloße Sterbliche, den Naga auf irgendeine Weise gespürt?
Zacharel betrachtete sie eingehender. Unter einem papierdünnen Nachthemd, das schmutzig und zerrissen war, zitterte ihr schlanker Körper. Langes Haar lag zerzaust um ein zartes Gesicht, die Strähnen so schwarz, dass sie schon fast in einem atemberaubenden Mitternachtsblau schimmerten. Dunkle Schatten zeichneten die durchscheinende Haut unter ihren Augen und ihre Wangen waren eingefallener, als sie sein sollten. Ganz zu schweigen davon, dass sie von grausamen Blutergüssen und Kratzern überzogen waren. Ihre Lippen waren rot und spröde. Ihre Augen waren eisblau, und in ihren Tiefen sah er einen niemals endenden Sturm des Leids toben, den zu ertragen kein Mensch die Kraft besaß.
Nein, diese Augen gehörten keiner Sterblichen, wurde ihm klar. Sie gehörten der Gemahlin eines Dämons.
Irgendwo da draußen gab es einen Hohen Herrn der Dämonen – die gefährlichsten unter all den Ausgeburten der Hölle –, der diese Menschenfrau als sein alleiniges Eigentum betrachtete. Sein, um sie zu besitzen, sie zu foltern … sie auf jedwede Art zu genießen, nach der es ihn verlangte. Der Dämon hatte ihre Augen vergiftet, hatte sie gezeichnet und gleichzeitig dafür gesorgt, dass sie in die Geisterwelt blicken konnte, die parallel zur Ebene der Sterblichen existierte. Seine Welt. Und mit dieser Tat hatte er auch andere Dämonen auf sie aufmerksam gemacht.
Sie musste eine willige Partnerin gewesen sein, denn dazu konnten Menschen nicht gezwungen werden. Verführt, ja. Betrogen, absolut. Begierig, mit den dunklen Künsten herumzuspielen, zweifellos. Aber niemals gezwungen.
War der Hohe Herr ihrer müde geworden? War sie deshalbhier, ohne seinen Schutz? Nein, entschied Zacharel in derselben Sekunde. Ein Dämon wurde seines Menschen niemals müde. Er blieb bis zum bitteren, blutigen Ende – oder bis der Mensch vernünftig wurde und ihn zwang, zu verschwinden.
Warum hatte er sie also nicht einfach umgebracht, um sein Verbrechen zu vertuschen? Verbindungen zwischen Dämonen und Sterblichen waren bei Todesstrafe verboten. Und die Strafe würde über Dämon und Mensch ausgesprochen. Nicht dass Zacharel oder einer seiner Männer die hier töten würden. Das stand immer noch nicht auf dem Tagesprogramm. Es würde keinen Kollateralschaden geben.
„Bleib weg von mir“, sagte sie und schreckte Zacharel aus seinen Gedanken auf. Ihre Stimme klang rau, vielleicht durch Medikamente, vielleicht durch Überanstrengung. Oder war das ihr natürliches Timbre? „Mich willst du nicht zur Feindin haben.“
Für jemanden, der sich entschlossen hatte, sein Leben an das eines Dämons zu binden, schien sie nicht besonders zufrieden mit dem Ergebnis zu sein. Er hätte wetten mögen, dass sie verführt oder hereingelegt worden war und es jetzt bereute.
So selten fanden diese Menschen zur Vernunft, bevor es zu spät war. Dabei musste es nicht so sein.
„Wenn du noch einen Schritt näher kommst, tu ich dir weh.“ Offensichtlich hatte sie japanische Wurzeln, doch in ihren Worten schwang nicht die Spur eines Akzents mit – was den Klang ihrer Stimme nur umso exotischer machte. Weich und melodiös, der perfekte Gegensatz zu ihren klaren Gesichtszügen.
„Tu mir weh, Weib. Bitte, tu esss …“ Mit tödlich rasselndem Schwanz glitt der Naga um das Bett herum. Zwischen seinen Fangzähnen züngelte seine gespaltene Zunge hervor. „Dasss gefällt mir – vor jedem Sssnack.“
Der Lakai wollte sie nicht um ihretwillen, sondern weil die Kreaturen der Unterwelt nichts lieber mochten, als ihre Brüder zu bestehlen. Stoff zum Prahlen war Gold wert, genau wie das daraus entstehende Überlegenheitsgefühl. Na ja, deshalb und weil es jeden Dämon erregte, jemandem Schaden zuzufügen, dessen Schutz die Eine Wahre Gottheit befohlen hatte.
Die Frau spannte sich an. „Wag es, mich anzufassen, und ich schwöre dir, ich finde einen Weg, mich von diesen Fesseln zu befreien. Und dann reiße ich dir den Kopf ab. Solche wie dich hab ich schon öfter geköpft, schon gewusst? Hey, vielleicht waren das sogar Freunde von dir, was meinst du?“
Eine interessante Antwort. Das war mehr als bloße Reue.
Auf die tapferen Worte erntete sie ein erwartungsvolles Fauchen. „Du lügssst, du lügssst, und dasss macht sssolchen Ssspassss. Kössstlich.“
„Ich mein’s todernst. Du glaubst wirklich, eine Kleinigkeit wie Fesseln könnte mich davon abhalten, dir wehzutun? Dein Hirnschaden
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