Angels of the Dark: Verruchte Nächte
sie eben die letzten paar Stunden damit verbracht, sich um das Wohlergehen dieses Mannes zu sorgen, na und? Eines Mannes, der die Wahrheit über sie kannte. Eines Mannes, der sie vorher beschützt hatte. Woher der plötzliche Sinneswandel?
Zischend sog er den Atem ein, als er sich neben dem verwundeten Mann niederkniete und die Hand über seinen frisch geschorenen Schädel gleiten ließ. „Wie konntest du zulassen, dass sie dir dein Haar nehmen, Krieger? Warum?“
Die zweite Frage hätte sie vermutlich beantworten können, doch sie hatte Koldo versprochen, die Einzelheiten ihres Deals niemals offenzulegen. Also schwieg sie. Allerdings hätte sie gern gewusst, warum die plötzliche Kahlheit seines Freundes Zacharel mehr mitnahm als der Zustand seines Rückens.
Weil beide Männer durch und durch Krieger waren? Weil physischer Schmerz für sie von geringer Bedeutung war, weil sie schon so viel davon durchgemacht hatten? Weil es schlimmer als jede Wunde war, etwas zu verlieren, das wertvoll für sie war, wie Koldos Haar es für ihn gewesen sein musste?
Und ja, sie wusste, dass ihm sein Haar kostbar gewesen war. Die kunstfertig eingeflochtenen Perlen waren ein deutlich sichtbarer Beweis für die Zeit und Sorgfalt gewesen, die er jeder einzelnen Strähne gewidmet haben musste.
„Ich kenne ihn erst seit drei Monaten, doch das Erste, was ich über ihn gelernt habe, war, wie teuer ihm sein Haar war. In all den Jahrhunderten seines Lebens hatte er es nicht ein einziges Mal schneiden lassen“, erzählte Zacharel, und Trauer färbte seineStimme. „Nicht einmal die Spitzen. Ich weiß nicht, warum, aber nach dem, was die Gottheit mir über ihn erzählt hat, vermute ich, es hatte etwas mit seinem Vater zu tun.“
So viele Fragen purzelten in ihrem Kopf umher. „Seinem Vater? Engel werden geboren?“
„Manche der Engel unserer Gottheit wurden … werden geboren, ja, aber einige wurden in voller Lebensgröße erschaffen und ihr vom Höchsten zur Verfügung gestellt.“
„Was ist mit dir?“
„Ich wurde geboren.“ Vorsichtig hob er Koldo auf seine Arme. Mit weichen, genau abgezirkelten Schritten trug er dieses Tier von einem Mann zum Bett und legte ihn bäuchlings hinein. Wieder achtete er peinlich darauf, Annabelle nicht zu berühren. „Sein Haar wird nie nachwachsen, wusstest du das?“
„Aber warum?“
„Ein Opfer wurde dargebracht und akzeptiert. Würde sein Haar nachwachsen, hätte sein Opfer keine Bedeutung.“
Und ich habe ihn darum gebeten . Schwer senkte sich die Schuld auf ihre Schultern, zwang sie beinahe in die Knie. „Bist du dir sicher?“
„Nicht vollkommen, nein. Aber ich kenne den Rat. So funktioniert das bei uns.“
Also dann. „Trotzdem werde ich das als Grund zur Hoffnung sehen, dass sein Haar wieder nachwachsen wird. Jetzt aber zu etwas anderem: Er hat mir gesagt, ich soll ihm nichts von dem … Wasser geben“, sagte sie, „aber es würde ihm doch bestimmt helfen. Seine Schmerzen lindern.“
„Es jetzt zu trinken, würde ihn auf grausamste Art und Weise zerstören. Es ist uns nicht erlaubt, uns selbst mit dem Wasser des Lebens zu heilen, wenn die erlittenen Wunden von einer Mission herrühren, das Wasser zu erhalten . Es ist nicht einmal gestattet, dass andere Engel während des Heilungsprozesses in irgendeiner Weise helfen.“
Armer Koldo . „Er ist ein Engel?“
„Ja. Er hat seine Flügel schon vor langer Zeit verloren.“
„Und jetzt auch noch sein Haar.“ Tränen brannten ihr hinterden Augen. Kein Wunder, dass Zacharel nicht den Wunsch verspürte, mit ihr in Berührung zu kommen. Sie war eine Bedrohung. Sie zerstörte jedes Leben, mit dem sie in Kontakt kam. So war es immer gewesen.
Wieder strich Zacharel mit den Fingern über den blutigen Skalp. Koldos Kopf war nicht rasiert worden, begriff sie. Es sah vielmehr so aus, als wären ihm die Haare in einem Stück ausgerissen worden. „Er wird dich hassen, wenn du ihn bemitleidest“, erklärte er. Eine Warnung, die für sie beide galt?
Koldo hatte etwas ganz Ähnliches über Zacharel gesagt. Wenn diese beiden nicht aufpassten, würde ihr Stolz sie noch um das schönste Gruppenkuscheln bringen. „Nein, das wird er nicht, denn er wird es nie erfahren. Falls du uns hier rausbringen kannst, meine ich. Ich kann hier nicht bleiben. Ich bin schon so lange hier, und die Dämonen …“ Koldo war nicht in der Verfassung, jetzt gegen sie zu kämpfen.
„… werden dich finden, und es wäre besser, wenn sie Koldos geheime
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