ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)
während sie ihm weiter über den Kopf strich. »Und ich werde deine Mutter sein. Und zusammen mit Herb werden wir drei eine wundervolle Familie bilden.«
Danny lächelte.
In diesem Augenblick überkam Bill ein fast unüberwindlicher Impuls, die ganze Sache abzublasen, Danny beschützend in die Arme zu schließen, die Loms aus seinem Büro zu vertreiben und ihnen auf ewig Hausverbot in St. F’s zu erteilen.
Er überwand die Versuchung. Das war diese Vater-Sohn-Sache, die ihr egoistisches, besitzergreifendes Haupt hob. Er musste sich von dem Jungen lösen.
»Du hast doch nicht wirklich Angst vor mir, nicht wahr, Danny?«, schmeichelte Sara.
Er drehte sich um und sah zu ihr auf.
»Nein. Ich habe nur Angst, von hier wegzugehen.«
»Du musst keine Angst haben, Danny, mein Liebling. Heute Abend soll es schneien, das heißt, morgen gibt es weiße Weihnachten. Komm mit uns und ich verspreche dir, dieses Weihnachten wird absolut unvergesslich werden.«
Etwas an ihren Worten jagte Bill einen Schauer über den Rücken, aber er zwang sich dazu, Danny loszulassen und ihn zu Sara zu führen.
Als Danny seine Arme um ihre Hüften legte und Sara den Jungen umarmte, hatte Bill einen Kloß im Hals. Er drehte sich um, damit die anderen nicht sahen, dass er Tränen in den Augen hatte.
Ich muss loslassen!
3.
»Ich würde lieber absagen, Nick«, sagte Bill in den Hörer. »Es schneit wie verrückt.«
Nicks Stimme im Hörer klang blechern und wirklich verärgert.
»Seit wann schreckt ein bisschen weißes Zeug dich von etwas ab? Entweder du kommst jetzt sofort hierher oder ich komme, Schnee hin, Schnee her, bei dir vorbei und zerre dich hierhin.«
»Wirklich, Nick, ich bin hier ganz gut aufgehoben.«
»Die Quinns werden gekränkt sein, wenn du nicht kommst. Und außerdem halte ich es für keine gute Idee, wenn du Weihnachten allein verbringst – vor allem dieses Jahr.«
Er verstand und wusste Nicks Besorgnis zu schätzen. Er hatte immer den größten Teil der Weihnachtsfeiertage bei seinen Eltern verbracht. Aber in diesem Jahr …
»Ich bin nicht allein. Ich werde Weihnachten mit den Jungs verbringen. Was mich daran erinnert, dass ich jetzt nach ihnen sehen muss. Wir sehen uns Samstagabend. Fröhliche Weihnachten für dich und für die Quinns.«
»Na gut«, sagte er resigniert, »wie du willst. Frohe Weihnachten, Bill.«
Bill legte auf und ging den Korridor hinunter, um nach den Jungen zu sehen. Im Schlaftrakt war es ruhig. Die ganze Woche über hatte Aufregung im ganzen Haus geherrscht, die stärker wurde, als der Weihnachtsbaum geschmückt wurde, und die vor ein paar Stunden zu hektischer Nervosität geworden war, als er das Aufhängen der Strümpfe an dem alten, nie genutzten Kamin im Speisesaal unten überwacht hatte. Aber jetzt waren alle Jungen im Bett und die, die nicht bereits schon schliefen, taten ihr Bestes, einzudösen. Denn jeder wusste, das Christkind würde nur kommen, wenn alles im Haus schlief.
Weihnachten. Für Bill war es die schönste Zeit im Jahr. Das lag daran, dass er mit den Jungen zusammen war. Um diese Zeit waren sie so aufgeregt, vor allem die Kleinsten. Die strahlenden Augen, die erwartungsvollen Gesichter, die Unschuld ihrer unbändigen Vorfreude. Am liebsten hätte er das wie Wein in Flaschen gefüllt, um es aufzuheben und herauszulassen, wenn die Dinge trübsinnig und träge wurden.
Und seit dem Feuer im März hatte es den einen oder anderen Tag gegeben, wo er ein paar Flaschen von dem Zeug hätte brauchen können. Morgen war eine Art Meilenstein, ein Mahnmal des Schreckens auf seiner persönlichen Straße: das erste Weihnachten in seinem Leben, an dem er seine Eltern nicht anrufen konnte, um ihnen frohe Festtage zu wünschen.
Eine schmerzende Leere breitete sich in seiner Brust aus. Er vermisste sie, mehr als er es jemals für möglich gehalten hätte. Aber er würde den morgigen Tag überstehen. Die Jungen würden ihm darüber hinweghelfen.
Zufrieden, dass alle schliefen oder zumindest kurz davor standen, tappte Bill nach unten und begann die Geschenke aus einer verschlossenen Abstellkammer zu holen. Die meisten waren von den hiesigen Gemeindemitgliedern gespendet und von den Schwestern eingepackt worden, die die Jungen in der Grundschule Zur Heiligen Frau Von Lourdes nebenan unterrichteten. Alles gute Leute, die sich ehrenamtlich betätigten, damit jeder der Jungen wenigstens ein oder zwei Geschenke zu Weihnachten bekam.
Als er die Geschenke unter dem Baum verteilt hatte, trat
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