Angst
Jugularvene herausgeleitet wird. Man benötigt ungefähr dreizehn Liter Konservierungsflüssigkeit, um eine Leiche vollständig zu desinfizieren und zu präparieren. Außerdem werden die Körperöffnungen mit einer Mischung aus Formaldehyd, Methanol, Ethanol und anderen Mitteln gereinigt.
Die Sache ist jedoch folgendermaßen: Unser Mörder hat keine ordentliche Arbeit geleistet. Er hat die kleinen Einstiche in die Karotisarterie und Jugularvene vorgenommen, hat ungefähr vier Liter Konservierungsflüssigkeit hineingepumpt und ein wenig Blut aus der Jugularvene auslaufen lassen, dann jedoch nicht weitergemacht.«
Sherlock schaute ins Kaminfeuer und sagte bedächtig: »Also weiß er entweder nicht, wie der Vorgang richtig ablaufen muss, oder es ist eine Art Ritual, das ihm als Vorgeschmack genügt und ihm Befriedigung verschafft.«
Savich nickte. »Ja, und er hat sie kunstvoll drapiert. Er mag es als Teil einer Zeremonie angesehen haben, hat es wahrscheinlich mit besonderer Ernsthaftigkeit, beinahe Ehrerbietung, getan. Vielleicht wollte er den Körper für eine Weile konservieren, bevor er ihn irgendwo begräbt.«
»Mir gefällt die Sache ganz und gar nicht«, erklärte Dix. »Ein Ritualmord? Ich habe mir auch gedacht, dass dieser Typ so etwas schon einmal getan haben könnte, aber ich hatte gehofft, Sie würden mir widersprechen.«
»Das wissen wir nicht mit Sicherheit, Dix, doch alles deutet darauf hin«, sagte Ruth. »Hat Dr. Himple Ihnen gesagt, ob die Einstichstellen zugenäht waren?«
»Nein, daran kann ich mich nicht erinnern. Aber er hat erwähnt, dass die Stichwunde in ihrer Brust keine Spuren von Blut aufwies. Sie ist gesäubert worden.«
»Teil des Rituals«, meinte Ruth. »Er hat gründliche Arbeit geleistet. Gibt es eigentlich Bestattungsunternehmen in Maestro, Dix?«
»Natürlich. Tommy Oppenheimer ist der Leiter des Peaceful Field Bestattungsinstituts in der Broadmoor Street. Er ist der Mann von Penny, einer meiner Deputys. Tommy ist ein anständiger Kerl, ein wenig nervös und gluckenhaft, was Penny betrifft, aber es hält sich noch im Rahmen. Ich werde ihn fragen, ob jemand Erkundigungen zum Thema Einbalsamierung eingeholt hat oder ob jemand in seiner Branche von einem irgendwie auffälligen Mitarbeiter gesprochen hat, der jetzt oder vor Kurzem entlassen wurde.«
»An Ihrer Stelle würde ich Dr. Himple ans Herz legen, allen seinen technischen Assistenten mit Zerstückelung zu drohen, falls einer von ihnen ausplaudern sollte, dass Konservierungsflüssigkeit in dem Opfer gefunden wurde«, riet Sherlock.
Dix schüttelte den Kopf. »Unglaublich, dass der Wahnsinnige tatsächlich einen Einbalsamierungsritus an Erin vollführt hat. Diesen Umstand dürfen ihre Eltern niemals erfahren.«
»Sie sollten am besten persönlich mit den technischen Assistenten sprechen, Dix«, sagte Sherlock. »Das sollte die Angelegenheit länger unter Verschluss halten, insbesondere wenn Sie ihnen die potenziellen Folgen vor Augen führen. Sie müssen ihnen klarmachen, was es für die Eltern bedeuten würde, wenn sie es herausfänden. Dillon wird MAX auf die Einbalsamierung ansetzen, um zu sehen, ob es schon einmal Fälle nach diesem Muster gab.«
Dix kratzte sich am Rücken und legte die Füße an den Knöcheln übereinander. »Als ich aus New York wegzog, hatte ich geglaubt, ich hätte die Verrückten hinter mir gelassen. Was für eine Fehleinschätzung! Wäre Ruth an diesem Tag nicht auf Schatzsuche in die Winkel’s Cave gegangen, wäre Erin Bushnell einfach für immer verschwunden. Niemand hätte auch nur den geringsten Anhaltspunkt, was mit ihr geschehen ist. Man würde sich fragen: Hat sie etwa ihre Sachen gepackt und ist ohne ein Sterbenswörtchen zu sagen einfach abgehauen, oder ist sie mit irgendeinem Kerl durchgebrannt, den bisher niemand gesehen hat, oder ... hat jemand sie verschleppt?« Er hielt schlagartig inne und blickte zu Boden. Seine Hände waren in seinem Schoß zu Fäusten geballt. Er war kreidebleich. Warum geht ihm das so nah, fragte sich Ruth erstaunt. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. »Dix, was ist mit Ihrer Frau Christie geschehen?«
Einen unvorstellbar langen Moment antwortete Dix nicht, bewegte sich nicht, sah keinen von ihnen an. Schließlich blickte er zu Ruth empor, die nun neben ihm stand. »Meine Frau ... Christie ... sie ist vor fast drei Jahren verschwunden.«
»Und Sie wissen nicht, was mit ihr geschehen ist, nicht wahr?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie war eines
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