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Angst in deinen Augen

Angst in deinen Augen

Titel: Angst in deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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meine Gefühle zu erwidern schien. Zumindest solange die Krise andauerte. Als es vorbei war, entschied sie, dass ich eigentlich doch nicht so beeindruckend wäre. Und sie hatte recht.“ Er blieb stehen und schaute sie an. „Es ist dieses verdammte Ding, das man Realität nennt. Sie zieht uns ab einem bestimmten Moment alle nackt aus, bis nur noch übrig bleibt, was wir wirklich sind. Und in meinem Fall ist das ein hart arbeitender Cop. Größtenteils aufrichtig. Intelligenter als manche, weniger intelligent als andere. Kurz gesagt, ich bin kein Held. Ich bin nur ein normaler Polizist. Und als ihr das schließlich dämmerte, machte sie auf dem Absatz kehrt und ließ einen kreuzunglücklichen, aber weiser gewordenen Grünschnabel zurück.“
    „Und du denkst jetzt, eines Tages mache ich auch auf dem Absatz kehrt.“
    „Auf jeden Fall ist es das, was du tun solltest. Weil du so viel mehr verdienst, Nina. Viel mehr, als ich dir je geben kann.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Was ich will, hat nichts damit zu tun, was ein Mann mir geben kann.“
    „Denk an Robert. Was du mit ihm hättest haben können.“
    „Robert ist das perfekte Beispiel! Er hatte alles. Alles, bis auf das, was ich von ihm wollte.“
    „Was wolltest du denn, Nina?“
    „Liebe. Loyalität.“ Sie begegnete mutig seinem Blick. „Aufrichtigkeit.“
    Er schloss die Augen und zählte bis zehn. Das, was sie eben genannt hatte, waren Dinge, die er ihr geben konnte. Dinge, die er jedoch nicht wagte, ihr zu geben.
    „Im Augenblick denkst du, es ist genug“, wandte er ein. „Aber du würdest sicher bald herausfinden, dass es eben doch nicht reicht.“
    „Es ist mehr, als ich von Robert je bekommen habe.“ Und mehr, als ich von dir je bekommen werde, sagten ihre Augen.
    Er versuchte sie nicht vom Gegenteil zu überzeugen, sondern drehte sich um und ging zur Tür.
    „Ich sage jetzt Pressler Bescheid, dass er reinkommen soll. Er wird den Tag über hier bleiben.“
    „Das ist nicht nötig.“
    „Du solltest nicht allein bleiben, Nina.“
    „Ich werde nicht allein sein.“ Sie schaute zu ihm auf. „Ich kann zu meinem Vater gehen. Er hat diese tolle Alarmanlage. Ganz zu schweigen von den Hunden. Jetzt, wo wir wissen, dass es nicht Daniella ist, die herumrennt und Bomben legt, sollte ich dort eigentlich sicher sein.“
    Er konnte ihr nicht in die Augen schauen, es tat einfach zu weh. Deshalb sagte er nur kurz angebunden: „Ich fahre dich hin.“

12. KAPITEL
    W ir glauben zu wissen, wem der Anschlag galt“, berichtete Sam. „Es war unser wundervoller Staatsanwalt Liddell.“
    Chief Coopersmith starrte Sam und Gillis über den Konferenztisch hinweg an. „Sind Sie sicher?“
    „Alles deutet darauf hin. Die Bombe lag unter seinem Sitz. Seine Frau und er wären auf der Stelle tot gewesen. Und die Karten waren eine Woche im Voraus bestellt.“
    „Wer saß sonst noch in der Reihe?“
    „Richter Dalton saß sechs Sitzplätze weiter“, gab Gillis zurück. „Die Chancen stehen gut, dass er ebenfalls getötet worden wäre. Oder zumindest schwer verletzt.“
    „Und die anderen Leute in dieser Reihe?“
    „Scheiden unserer Meinung nach aus, weil sie zu unbedeutend sind. Ach ja, Ernie Takeda hat heute Nachmittag angerufen und die Untersuchungsergebnisse durchgegeben. Die Machart der Bombe deutet zweifelsfrei auf Spectre hin.“
    Coopersmith lehnte sich zurück und seufzte müde. Sie waren alle müde, die letzte Nacht hatte die gesamte Mannschaft schwer in Atem gehalten.
    „Wissen wir, wer ihn angeheuert hat?“
    Sam und Gillis schauten sich an. „Wir können nur wilde Spekulationen anstellen“, sagte Gillis.
    „Billy Binford?“
    Sam nickte. „Nächsten Monat ist sein Prozess. Und Liddell hat sich vehement gegen jeden Kuhhandel ausgesprochen. Es kursieren Gerüchte, dass er eine Verurteilung als Sprungbrett für eine politische Kampagne nutzen will. Ich denke, der Schneemann weiß, dass er eine lange Zeit hinter Gittern verbringen muss. Vermutlich will er Liddell loswerden. Für alle Zeit.“
    Als die Besprechung um halb sechs zu Ende war, sprintete Sam zur Kaffeemaschine. Er hatte gerade den ersten Schluck genommen, als Liddell zur Tür hereinkam. Beim Anblick der Schürfwunden im Gesicht des Staatsanwalts verspürte er unwillkürlich ein Gefühl der Befriedigung. Obwohl die Verletzungen nur geringfügig waren, hatte Liddell letzte Nacht am lautesten nach einem Arzt geschrien. Seine Frau, die sich den Arm gebrochen hatte, hatte ihren Gatten

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