Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)
Anschlusses der Stankos ein. Es klingelte zehnmal. »Er meldet sich nicht«, erklärte Tyler seinem Chef, der sich neben ihm hinter ein Auto duckte.
»Versuch es immer wieder. Nick Barnes müsste jeden Moment eintreffen, dann kann er das übernehmen, aber wir müssen möglichst schnell in einen Dialog mit dem Mann treten«, sagte Tylers Chef. Nick Barnes war der beste Mann im Morddezernat, wenn es darum ging, bei einer Geiselnahme die Gefahrensituation für alle Beteiligten zu entschärfen.
Tyler tippte erneut die Nummer ein und hörte es endlos lange klingeln. Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es war kurz nach dreiundzwanzig Uhr dreißig. Er hob den Blick zu der Wohnung im zweiten Stock, wo das Leben zweier Kinder an einem seidenen Faden hing. Ihm stand eine lange Nacht bevor.
Annalise hielt vor ihrer Wohnung an, froh, dass die Straße menschenleer war. Keine Reporter, keine Kameraleute, niemand, der sie sah, als sie den Wagen vor dem Haus abstellte.
Sie stieg aus und blickte zum zweiten Stock hinauf, wo sie von der Straße aus ein Licht sehen konnte. »Tja, Kleiner, da hast du dir große Probleme eingehandelt«, sagte sie leise und ging zur Tür.
Sie schloss auf und betrat den Laden. Ein kleines Sicherheitslämpchen brannte und beleuchtete die Gesichter der Puppen in den Vitrinen. Im trüben Licht wirkten sie gespenstisch, ihre Augen glänzten unnatürlich. »Mit euch bin ich fertig«, flüsterte sie.
Sie war ganz erfüllt von der Richtigkeit der Entscheidung, die sie auf der Fahrt hierher getroffen hatte. Sie hatte die Puppen nie so geliebt wie ihre Mutter. Wenn sie tief in sich hineinsah, musste sie sich sogar eingestehen, dass sie sie hasste.
Sie dachte an den Alptraum, der sie schon so oft im Leben gequält hatte: Puppen, die sie würgten, sie erstickten. Sie hätte wissen müssen, dass ihr Unterbewusstsein ihr auf diese Weise riet, loszulassen.
Sie kehrte den Puppen den Rücken zu und lief zur Treppe. »Charlie, falls du da oben bist, kannst du dich auf einiges gefasst machen«, rief sie beim Hinaufsteigen.
Sie erhielt keine Antwort, doch sie wusste, dass er sie, wenn er sich hinter der geschlossenen Tür ihrer Wohnung befand, vermutlich nicht hörte. Im ersten Stock angekommen, schüttelte sie lächelnd den Kopf. Wie sie Charlie kannte, hatte er wahrscheinlich ein halbes Dutzend Filme eingepackt, die ihm seinen unerlaubten Ausflug versüßen sollten.
Sie musste ihm unbedingt klarmachen, dass er ihre Wohnung nicht als Zufluchtsort missbrauchen durfte, wenn er zu Hause Mist gebaut hatte und sich ungerecht behandelt fühlte. Zwar wollte sie ihm beistehen, doch er musste begreifen, dass sie es nicht unterstützte, wenn er von zu Hause weglief, sobald er Probleme hatte.
»Charlie? Bist du hier?«, rief sie auf der Treppe zum zweiten Stock.
Die Wohnungstür war geschlossen, doch auf dieser Etage standen die Aufzugtüren offen. »Charlie, du sitzt ganz schön tief in der Patsche«, sagte sie, als sie die Tür öffnete und ihre Wohnung betrat.
Charlie saß auf dem Sofa, kreideweiß im Gesicht, und neben ihm saß John Malcolm. Sie sah den Hausmeister verblüfft an. »John, was machst du denn hier?«, fragte sie.
»Ich habe auf dich gewartet. Ich habe gesehen, wie sich der Junge hier ins Haus schlich, und da dachte ich, er heckt vielleicht etwas aus.« John machte keine Anstalten, sich von seinem Platz neben Charlie zu erheben.
»Schon gut. Er ist mein Bruder.« Ein unbehagliches Gefühl überkam sie. Charlie sagte nichts, doch in seinen Augen lag ein stummes Flehen.
In ihrem Kopf schrillte eine Alarmglocke. »Danke, John. Ich weiß dein nachbarschaftliches Verhalten zu schätzen, aber jetzt ist alles in Ordnung. Du kannst nach Hause gehen.«
Er lächelte, so wie immer, wenn sie sich im Park trafen. »Ich bin noch nicht bereit, zu gehen. Wir haben etwas zu regeln, Annalise. Du und ich, wir müssen ein Puppengeschäft regeln.«
In diesem Augenblick entdeckte sie das Messer, das er Charlie an die Seite drückte. Als sie die Bedeutung seiner Worte begriff, überkam sie ein fürchterliches Grauen.
Puppengeschäfte. Er war der Puppenmacher. John war der Mörder. Jeder Muskel in ihrem Körper spannte sich an.
»Mach jetzt bitte keine Dummheiten, Annalise. Dieser Junge hier bedeutet mir nichts. Ich würde keinen Moment zögern, ihn zu erstechen. Dich will ich. Dich brauche ich.«
»Ich tue alles, was du von mir willst. Ich gehe mit dir, wohin du willst. Aber lass ihn in Ruhe.« Um ihre eigene Sicherheit
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