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Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)

Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)

Titel: Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Cassidy
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dass er sich selbst nicht mehr daran erinnerte. Max war einer der Obdachlosen, die in dieser Gegend lebten. Er war Alkoholiker, nannte eine Holzkiste sein Zuhause und ließ sich ungefähr einmal pro Woche in der Nähe des Blakely Dollhouse blicken.
    Annalise wusste nicht, ob er sich um den Verstand getrunken hatte oder welches Leid ihn in den Alkoholismus getrieben hatte. Sie wusste nur, dass er ein armer Kerl war, einer von den vielen, die bei Einbruch der Dunkelheit aus ihren Verstecken krochen.
    »Mülltonnen sind schlecht heute«, sagte er, und als er näher an sie herantrat, drang der Geruch von verfaultem Obst, saurem Körperschweiß und billigem Fusel zu ihr herüber. Wie üblich trug er alles, was er besaß, am Körper: eine schmutzige Jeans und trotz der warmen Nacht ein dunkelblaues Sweatshirt unter dem völlig verdreckten Tweedmantel.
    »Heute Nacht sieht’s nicht gut aus in den Mülltonnen, Anna. Kleingeld wäre nett.«
    »Du weißt, dass es kein Geld gibt, Max«, tadelte sie mild. Max tauchte immer dann auf, wenn er kein Geld für Schnaps hatte, und in solchen Nächten beklagte er sich über den Mangel an Lebensmittelresten in den Mülltonnen, in der Hoffnung, sie würde ihm etwas Geld zustecken.
    »Max hat Hunger«, rief er und rieb sich mit seiner großen Hand den Bauch.
    Sie hielt ihm den Beutel mit den Speiseresten entgegen. Er schnappte ihn sich und hielt ihn an die Brust gepresst, als er in das nächtliche Dunkel davonhuschte.
    Im letzten Winter hat sie den Sozialdienst auf Max aufmerksam gemacht, in der Hoffnung, dass man eine Unterkunft für ihn fand oder ein Familienmitglied ausfindig machte, das sich seiner annahm, doch es war vergeblich gewesen. Max hatte eine Winternacht in einem Obdachlosenasyl verbracht, war aber kurz darauf wieder auf die Straße geflüchtet, die er als sein Zuhause ansah.
    Als Annalise die Ladentür aufschloss, wurde ihr bewusst, dass sie und Max etwas gemeinsam hatten. Obwohl sie ihr Loft liebte, hatte sie sich im Grunde dort nie zu Hause gefühlt. Vielleicht lag es daran, dass sie nicht viel Zeit in der Wohnung verbrachte, vielleicht aber auch daran, dass sie niemanden hatte, der sie mit ihr teilte.
    Sie lachte gezwungen und schalt sich innerlich für ihre Albernheit. Als sie in den zweiten Stock hinaufstieg, fragte sie sich, ob Tyler anrufen würde. Sie hoffte darauf, denn zum ersten Mal seit Jahren wurde ihr klar, dass es ihr vielleicht nicht genügte, allein den Traum ihrer Mutter am Leben zu erhalten.

    Als Tyler in seinem Wagen vom Restaurant fortfuhr, kreisten seine Gedanken noch um die Frau, die er dort zurückgelassen hatte. Er fand sie intelligent, überaus humorvoll und inzwischen beinahe atemberaubend schön. Er hatte fast vergessen, dass solche Frauen existierten.
    Auch körperlich sprach sie ihn eindeutig an. Einen Moment lang hatte er sich mitten im Gespräch vorgestellt, wie es wäre, den Reißverschluss ihres Kleids zu öffnen und es ihr von den schmalen Schultern zu streifen. Und als er ihr beim Essen zusah, fragte er sich, wie sie wohl schmecken würde.
    Es war ein angenehmes Zwischenspiel gewesen, doch der Anruf hatte ihn brutal ins wirkliche Leben zurückgerissen, in ein Leben, das wenig Zeit für Angenehmes bot.
    Die Gedanken an Annalise verflüchtigten sich, als er zwei Streifenwagen am Straßenrand sah. Die Scheinwerfer waren auf etwas im Graben gerichtet, und Tyler wusste, dass es sich bei diesem Etwas um eine Leiche handelte.
    Er stieg aus dem Wagen und näherte sich dem Tatort. Dem jungen Streifenpolizisten, der ihn zurückhalten wollte, zeigte er seine Dienstmarke.
    »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Ein anonymer Notruf, dass eine Leiche im Straßengraben liegt. Wir sind hergekommen, um nachzusehen. Es ist tatsächlich eine Leiche.«
    Bevor Tyler antworten konnte, fuhr ein ihm bekannter Wagen vor, und seine Partnerin Jennifer Tompkins sprang heraus. »Hey, was ist hier los?«, rief sie und lief auf Tyler und den Polizisten zu.
    »Ich bin selbst gerade erst angekommen. Einzelheiten weiß ich noch nicht«, erwiderte Tyler. Er holte Einmalhandschuhe und eine Taschenlampe vom Rücksitz. Ein Paar Handschuhe warf er Jennifer zu, dann sah er den Polizisten an. »Ist die Spurensicherung schon informiert? Der Gerichtsmediziner?«
    »Müssten jeden Moment eintreffen«, antwortete dieser.
    Tyler blickte Jennifer an. »Sehen wir uns die Sache mal an.«
    Im Licht der Taschenlampe entfernte er sich vorsichtig vom Straßenrand und stieg die Böschung

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