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Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)

Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)

Titel: Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Cassidy
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hierher genommen. Er war der Meinung, es wäre höchste Zeit, dass wir uns kennenlernen.«
    »Herrgott, der Junge ist nicht zu fassen! Es tut mir so leid. Ich kann in einer halben Stunde bei dir sein und ihn abholen.«
    »Nein, warte. Lass ihn doch heute Nacht bei mir schlafen und hol ihn morgen irgendwann vor Mittag ab.«
    Wieder folgte ein Moment der Sprachlosigkeit. »Bist du sicher?«, fragte er schließlich. »Ich will nicht, dass er dir zur Last fällt.«
    Annalise blickte zu Charlie hinüber, der auf dem Sofa auf und ab wippte, als wollte er es einem Bequemlichkeitstest unterziehen. »Es ist schon gut so«, sagte sie, und merkwürdigerweise war das ihr Ernst. Jahrelang war sie davor zurückgeschreckt, irgendein Mitglied der anderen Familie ihres Vaters kennenzulernen, aber es war, zumindest im Augenblick, unmöglich, Charlie nicht zu mögen.
    »Er ist ein lieber Junge, Annalise«, sagte ihr Vater leise.
    Ja, weil er in einem Zuhause mit beiden Elternteilen aufgewachsen war. Weil er dich in seinem Leben hatte. Die alte Schmerzensmelodie erklang wieder in ihrem Inneren, doch sie brachte sie zum Schweigen. Sie kamen überein, dass er Charlie am nächsten Tag gegen Mittag abholen würde, dann legte Annalise auf.
    In dem Moment klingelte es unten an der Ladentür. Wer mochte das sein?, fragte sie sich. Sie erwartete niemanden.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte sie zu Charlie. Sie rannte die zwei Treppen hinunter, und als sie sich der Eingangstür näherte, sah sie zwei Polizisten in Uniform. Sie wusste, weswegen sie kamen: zur Nachkontrolle wegen ihres Notrufs. Ein Glück, dass sie bei ihrem Anruf nicht tatsächlich in Gefahr geschwebt hatte. Die Reaktionszeit der Polizei war nicht unbedingt vertrauenerweckend.
    »Annalise Blakely?«, fragte einer der Polizisten, als sie die Tür geöffnet hatte.
    »Ja, die bin ich«, antwortete sie.
    »Wir wollen uns erkundigen, wie es Ihnen geht. Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, alles in Ordnung. Ich dachte, jemand wäre bei mir eingebrochen, aber wie es sich herausstellte, handelte es sich um meinen Bruder.«
    Der Polizist, der mit ihr gesprochen hatte, sah sie eindringlich an, während sein Kollege über ihre Schulter hinweg in den Laden spähte. Vermutlich wollte er sich vergewissern, ob auch wirklich niemand hinter ihr im Dunkeln lauerte und sie zu der Behauptung zwang, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gab.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Mühe, aber hier ist wirklich alles in bester Ordnung.«
    Im nächsten Moment stieg sie wieder die Treppe hinauf in ihr Loft, in dem Charlie auf sie wartete.
    »Mir ist gerade aufgefallen, dass du keinen Fernseher hast«, sagte er, als sie die Tür abschloss.
    »Auf dem Küchentresen steht ein kleines, tragbares Gerät, aber ich sehe nicht oft fern. Ich habe nicht mal einen Kabelanschluss.«
    »Im Ernst?« Einen Augenblick lang musterte Charlie sie, als wäre sie ein Wesen von einem anderen Stern. »Ich glaube, ich kenne keinen Menschen ohne Kabel- oder Satellitenfernseher. Was machst du denn so, wenn du hier oben bist?«
    »Ich höre Musik, und meistens zeichne ich«, antwortete sie.
    »Was zeichnest du?«, wollte er wissen. Die Neugier stand ihm in das junge, hübsche Gesicht geschrieben. »Zeichnest du Puppen?«
    Annalise hatte ihren Skizzenblock bisher keinem Menschen gezeigt. Sie hatte einzelne Blätter abgerissen, um Puppenentwürfe zu besprechen, doch niemand hatte jemals die Seiten mit ihren Modezeichnungen gesehen, Zeichnungen von Kleidern für eine Kollektion, von deren Produktion sie nur träumen konnte.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben wollte sie sich mitteilen. Sie hatte keine Ahnung, was dieser Junge, dieser Bruder, an sich hatte, dass sie sich veranlasst fühlte, ihren Skizzenblock aufzuschlagen, doch genau das wollte sie tun.
    »Manchmal zeichne ich Puppen«, sagte sie. Sie ging zum Schreibtisch und griff nach dem Block, kehrte dann an den Küchentisch zurück und schlug ihn auf. »Aber ich entwerfe auch Kleidung.«
    Charlie erhob sich vom Sofa und setzte sich zu ihr an den Tisch. »Was für Kleidung?«
    Er roch nach Jugend, nach Sonnenschein und Schweiß, was ein bisschen an einen Umkleideraum erinnerte. Sie zögerte mit dem Umblättern und fragte sich, was sie überhaupt dazu getrieben hatte, ihr Hobby zu erwähnen. Ein Dreizehnjähriger, der gern Football spielte, interessierte sich wohl kaum für Ballkleider und Schneiderkostüme.
    Aber er interessiert sich für alles, was du tust, dachte sie. Seit er aus seinem Versteck

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