Angst und Schrecken in Las Vegas: Eine wilde Reise in das Herz des Amerikanischen Traumes (German Edition)
Stürmen, die wir hinter uns hatten. Es gibt manche Läden, die man – bei meinem Job – sofort als gefährlich erkennt. Auf die Einzelheiten kommt es nicht an. Man merkt nur gleich an der Eingangstür, daß einem brutale Schwingungen das Hirn vibrieren lassen. Irgendwas Wildes und Böses wird geschehen, und man weiß, daß man darin verwickelt wird.
Nichts an der Atmosphäre des North Star machte mich wachsam. Die Kellnerin war auf passive Weise feindselig, aber daran hatte ich mich gewöhnt. Sie war eine mächtige Frau. Nicht fett, aber umfangreich in jeder Beziehung, lange sehnige Arme und Kinnbacken
wie eine Schlammringkämpferin. Die Karikatur einer ausgebrannten Jane Russell: schwarze Mähne, Gesicht voller Lippenstift und ’ne mörderische Oberweite, die vor zwanzig Jahren wahrscheinlich Furore gemacht hatte, als ihre Besitzerin in der Hell’s Angels Ortsgruppe von Berdoo die Mama gespielt hatte . . . aber jetzt waren die Möpse eingepfercht in einen gigantischen rosa Elastik-BH, der wie eine Bandage durch ihre verschwitzte weiße Nylonbluse schimmerte.
Wahrscheinlich war sie mit irgend jemandem verheiratet, aber mir war nicht danach, Gedanken darauf zu verschwenden. Von ihr wollte ich heute nacht nichts anderes als eine Tasse schwarzen Kaffee und einen Hamburger für 29 Cent mit Gurken und Zwiebeln. Kein Terz, keine Debatten – nur einen Ort zum Ausruhen und Sammeln. Ich war nicht mal hungrig.
Mein Anwalt hatte weder eine Zeitung noch etwas anderes, um sich abzulenken. Also fixierte er aus lauter Langeweile die Kellnerin. Sie nahm unsere Bestellungen entgegen wie ein Roboter, als mein Anwalt ihre harte Schale mit der Order »Zwei Glas Eiswasser – mit Eis« zu knacken versuchte.
Er trank seins mit einem Schluck aus, und dann bestellte er noch eins. Ich merkte, daß die Kellnerin innerlich schäumte.
Scheiß drauf, dachte ich. Und las die Comics weiter.
Zehn Minuten später, als sie die Hamburger brachte, sah ich, daß mein Anwalt ihr eine Serviette gab, auf der etwas in Druckschrift stand. Er machte das sehr lässig, ohne die Miene zu verziehen. Aber ich spürte an den Vibes, daß unser Frieden bald hin sein würde.
»Was war das?« fragte ich ihn.
Er zuckte mit den Achseln und lächelte versonnen
der Kellnerin zu, die drei Meter entfernt stand, an der Theke. Sie studierte die Schrift auf der Serviette. Schließlich drehte sie sich um und starrte uns an . . . dann kam sie entschlossen zu uns und schleuderte meinem Anwalt die Serviette entgegen.
»Was soll das sein?« knurrte sie.
»’ne Serviette«, sagte mein Anwalt.
Ein Augenblick unangenehmes Schweigen, dann schrie sie los: »Erzähl mir nicht solche Scheiße! Ich weiß , was das heißen soll! Du gottverdammter fetter Schweinehund von einem Zuhälter!«
Mein Anwalt hob die Serviette hoch, warf einen Blick auf das, was er geschrieben hatte, und ließ sie dann wieder auf die Theke fallen. »Das ist der Name von einem Pferd, das mir mal gehörte«, sagte er ruhig. »Was fehlt Ihnen eigentlich?«
»Du Hurensohn!« schrie sie ihn an. »Ich muß mir ’ne Menge Scheißdreck in diesem Laden bieten lassen, aber ich hab’s verdammt nicht nötig, mich von einem Kanakerzuhälter so behandeln zu lassen!«
Himmel, dachte ich. Was geht hier vor? Ich beobachtete die Hände der Frau und hoffte nur, daß sie nicht irgendwas Schweres oder Scharfes packten. Dann nahm ich die Serviette und las, was der Idiot geschrieben hatte. In sorgfältigen roten Buchstaben stand da: »Hinterhofschönheit?« Das Fragezeichen war besonders dick gemalt.
Und wieder kreischte die Frau: »Bezahlt eure Rechnung und macht, daß ihr verschwindet! Sonst hol ich die Polizei!«
Ich griff nach meiner Brieftasche, aber mein Anwalt war schon auf den Beinen, ohne einen Blick von der Frau zu lassen . . . dann griff er unter sein Hemd, nicht in
die Tasche, und zog plötzlich das Gerber Mini-Magnum hervor, eine gemeine Silberklinge, deren Sprache die Kellnerin sofort zu verstehen schien.
Sie erstarrte: ihr Blick war angsterfüllt auf die Klinge gerichtet. Mein Anwalt ging zwei Meter rückwärts, ohne den Blick von ihr zu wenden, und nahm den Hörer vom Telefon. Er schnitt das Kabel durch und brachte den Hörer mit. Dann setzte er sich auf seinen Barhocker.
Die Kellnerin bewegte sich nicht. Ich war wie betäubt vor Schreck, wußte nicht, ob ich davonlaufen oder lachen sollte.
»Wieviel kostet die Zitronen-Baiser-Torte?« fragte mein Anwalt. Sein Tonfall war ganz lässig, als
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