Angstpartie - Thriller
klares Ziel setzte, alles erreichen konnte, was er wollte. Bokus musste allerdings
zugeben, dass in seinem Fall auch eine gehörige Portion Glück dabei gewesen war. Nachdem eine Verletzung im zweiten College-Jahr eine Karriere als Football-Profi unmöglich gemacht hatte, hatte er sich zum ersten Mal auf sein Hauptfach Politik konzentriert. Und schon bald wollte er mehr von der Welt sehen, als das ländliche Ohio zu bieten hatte. Einer seiner Professoren schlug vor, er solle doch zum Eignungstest bei der CIA gehen, und er hatte diese Chance genutzt.
Inzwischen hatte er tatsächlich viel von der Welt gesehen. Vor London war er in Madrid stationiert gewesen. Er mochte die Spanier: Die Männer waren stolz und geradeheraus, die Frauen oft schön und voller Anmut. Mittlerweile beherrschte er ihre Sprache fließend. Außerdem war er in einer ereignisreichen Zeit dort gewesen. Die Bombenanschläge auf die Züge in Madrid hatten das Land wachgerüttelt, und in Langley hatte man für die Agenten dort stets ein offenes Ohr gehabt. Für seine Verdienste dort war ihm schließlich dieser Traumjob in London angeboten worden.
Aber glücklich war er hier nicht. Bokus fand die Engländer knochentrocken und ziemlich hochnäsig - obwohl sie durchaus auch hinterhältig sein konnten, wenn es ihren Zwecken diente. Sie setzten zwar auf die militärische Stärke der Amerikaner, ließen jedoch gleichzeitig keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie sich ihnen intellektuell überlegen fühlten. Wie Fane, der nie ganz verbergen konnte, dass er Bokus für einen Volltrottel hielt.
Doch im Augenblick verursachte ihm nicht Fanes herablassende Art Kopfzerbrechen, sondern das, was er gesagt hatte. Man musste die Briten nicht mögen - das tat Bokus weiß Gott nicht -, um sie zu respektieren. Wenn sie sich einmal in eine Sache verbissen hatten, vergaßen sie ihr joviales Getue und gebärdeten sich wie Bluthunde. Aufgeben kam für sie nicht infrage.
Bokus konnte den Briten in dem Fall, dass die Gleneagles-Konferenz bedroht wurde, schlecht die Zusammenarbeit verweigern. Doch er musste sich vorsehen. Er durfte nicht durchblicken lassen, dass er die Informationen bereits kannte. In Langley war man ganz sicher der Meinung, dass »Tiger« - der Informant, der direkt unter der Nase des MI5 seit achtzehn Monaten für Bokus arbeitete - zu wichtig war, um ihn der Gefahr einer Entdeckung auszusetzen. Wenn die Briten auch nur ahnten, dass es ihn gab, würden Köpfe rollen. Tiger war eine so sensible Quelle, dass niemand sonst bei der CIA in London Bescheid wusste. Bokus’ Berichte gingen direkt an eine kleine Gruppe in Langley. Solche Top-Informationen waren nur für einen auserwählten Kreis bestimmt und nur eine Handvoll Agenten war eingeweiht. Falls die Briten von Tiger erfuhren, würde man in Langley getreu einer englischen Redensart aus Bokus’ Därmen Strumpfbänder machen.
Auf ein Klopfen an der offenen Tür hin wandte sich Bokus um und winkte Brookhaven herein. Dieser blieb vor dem Schreibtisch stehen, während Bokus ein paar Unterlagen ordnete, um noch etwas Zeit zum Nachdenken zu haben. »Hören Sie zu«, sagte er schließlich. »Ich habe einen besonderen Auftrag für Sie.«
»Was gibt es denn?«
»Sorgen Sie dafür, dass Sie an die MI5-Frau rankommen, diese Carlyle.«
»Kein Problem«, sagte Brookhaven pflichtschuldig. »Ich habe sie bei der Besprechung im Kabinettsbüro kennengelernt. Sie wirkte sehr kompetent - und nett obendrein.«
Wo hatte er nur diese Ausdrucksweise her? Aus der Schule für höhere Söhne? »Ja, schön. Kompetent mag sie vielleicht sein. Aber ich möchte, dass Sie an die Frau rankommen und nicht umgekehrt. Diese Leute tun, als wären sie unsere besten Freunde. Sind sie aber nicht. Verstanden?«
»Ja«, antwortete Brookhaven murrend. Doch Bokus erwärmte sich zunehmend für das Thema. »Sicher wird diese Carlyle wunderbar charmant sein. Sie wird gurren und plaudern und Ihnen Tee einschenken.« Er sah Brookhaven scharf an. »Sie könnte sogar so tun, als sei noch mehr für Sie drin. Dann schließen Sie beim ersten Kuss die Augen, und, wenn Sie sie wieder öffnen, stellen Sie fest, dass Ihnen die Schuhe geklaut wurden. Haben Sie mich verstanden?«
»Sicher.« Brookhaven verdrehte leicht die Augen.
Hoffen wir’s, dachte Bokus. Er antwortete mit einem Grunzen.
11
Ben Ahmad verließ die syrische Botschaft in London kurz vor drei Uhr nachmittags. Seiner Sekretärin sagte er, er werde erst am nächsten Tag wiederkommen.
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