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Angstschrei: Thriller

Angstschrei: Thriller

Titel: Angstschrei: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Hayman
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Kälte. Erst die lange Polypropylen-Unterwäsche über den BH und das Höschen. Dann einen langärmeligen Rollkragenpullover aus Baumwolle. Ein atmungsaktives Hemd. Eine schwarze Gore-Tex-Hose. Eine Fleece-Weste. Thermosocken und die Nike-Laufschuhe. Zum Schluss riss sie eine Plastiktüte auf und holte eine nagelneue Gesichtsmaske aus Neopren hervor. Sie setzte sie auf und schaute in den Spiegel. Ein breites Lächeln trat auf ihr Gesicht. Spider-Man starrte sie an. Bloß, dass dieser Spider-Man nicht rot war, sondern blau. Aber das war egal, sie würde so oder so jedem, dem sie heute Abend noch begegnete, einen fürchterlichen Schrecken einjagen. Die Vorstellung gefiel ihr. Sie bedachte ihr Spiegelbild mit einem grollenden Knurren.
    Gracie lag immer noch unten und sah völlig weggetreten aus. » Geh ins Bett«, brüllte Abby ihr ins Ohr. Keine Reaktion. » Sag gute Nacht, Gracie.« Den Spruch hatte ihr Vater immer gebracht. Immer noch keine Reaktion. Ach, scheiß drauf. Abby setzte sich auf einen Küchenstuhl und befestigte die Spikes an ihren Schuhen. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war, irgendwo auszurutschen und sich etwas zu brechen. Zum Abschluss schlüpfte sie noch in ihre schwarze Gore-Tex-Jacke und schnallte sich die Gürteltasche mit der Mini-Taschenlampe und ihren Medikamenten um. Sie machte ihren Schlüsselring am Gürtel fest. Daran hingen dreizehn Schlüssel. Einer war für die Hintertür des Crow’s Nest. Und dann noch einer für jedes der zwölf Sommerhäuser, auf die Abby aufpasste, wenn die Besitzer nicht da waren. Ihre Joggingstrecke führte an allen zwölf vorbei. Leicht erledigte Arbeit. Leicht verdientes Geld. Und, was für Abby noch wichtiger war, es zeigte, dass sehr viele Menschen ihr zu Recht vertrauten, indem sie ihr ihre wertvollen Häuser überließen.
    Das Thermometer an dem Baum im Vorgarten zeigte minus elf Grad. Kein Wind. Abby ging davon aus, dass sich das ändern würde, sobald sie am Strand und am offenen Meer war. Kein Problem. Sie war für die Kälte gerüstet. Sie lief los und fiel in einen lockeren Trab. Festgetretener Schnee knirschte unter ihren Füßen. Der Vollmond leuchtete ihr den Weg. Ein Mond wie gemacht für die Kreaturen der Nacht. Verrückte und Werwölfe und schräge Vögel so wie sie. Sie folgte dem knapp einen Kilometer langen unbefestigten Weg, der von ihrem Haus bis zum Strand führte. Die Spikes machten sie zwar ein bisschen langsamer, aber das war schon in Ordnung. Dafür hatte sie ein sicheres Gefühl, wenn es vereiste Anstiege hinaufging.
    Sie kam an der Blockhütte der Healys vorbei. Eines von ihren Häusern. Nur eine Rehfährte führte über die gefrorene, unberührte Schneedecke vor dem Haus, und sie lief weiter. Ihre Aufgabe bestand im Grunde genommen hauptsächlich darin, nach Sturmschäden oder Anzeichen für einen Einbruch Ausschau zu halten. Eigentlich passierte fast nie etwas. Einmal hatte sie bei den Morrisseys ein eingeschlagenes Fenster entdeckt. Laut Polizei ein Einbruch. Es stellte sich heraus, dass irgendwelche Vandalen die Wände mit schmutzigen Bildern vollgesprüht hatten. Männer mit großen Schwänzen und baumelnden Eiern, die sich über nach vorn gebeugte Frauen mit dicken Titten hermachten. Ein paar Sachen waren auch gestohlen worden. Ein Flachbildfernseher, eine Stereoanlage und, nach Angaben von Dan Morrissey, drei Flaschen Kahlúa. Die Bullen fanden das ziemlich seltsam, aber Abby kannte viele Jugendliche hier auf der Insel, die auf das Zeug standen. Wieso auch nicht? Man wurde davon nicht nur besoffen, es schmeckte auch noch süß wie Dessert. Die Bullen hatten die Täter nie erwischt. Hatten einfach ein Protokoll zu dem Vorfall geschrieben, damit die Morrisseys ihrer Versicherung Bescheid sagen konnten. So waren die Bullen doch immer drauf. Untätige Arschlöcher.
    Ein anderes Mal hatte Abby bei den Callahans Licht in einem der Schlafzimmer gesehen. Sie war reingegangen und hatte Marie Lopat und Annie Carle im Bett der Callahans erwischt, splitterfasernackt und voll bei der Sache. Sie hatte zu ihnen gesagt, dass sie sich anziehen und nach Hause gehen sollten, sonst würde sie ihre Eltern anrufen. Abby hätte nie gedacht, dass Annie und Marie Lesben waren, aber hey, wenn es ihnen Spaß machte…
    Der Wald hörte auf, und Abby schwenkte nach links auf die Seashore Avenue. Ein kalter Nordostwind schlug ihr ins Gesicht, doch dank ihrer Blauer-Blitz-Maske spürte sie ihn kaum. Riesige Brecher krachten auf die Felsen

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