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Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Fernsehzeitung etwas lesen. Bloß nicht zu interessiert wirken. Blöderweise studiert sie das Programm von letztem Mittwoch. Irgendwie aber auch süß. Ich antworte ganz ruhig: »Ja, ich habe eine Shortmessage bekommen. Warum?«
    »Nur so.«
    Sie liest jetzt original die Film-Film-Empfehlung von Mittwoch. Ich kann mir genau vorstellen, was dieser Bleicher im Krankenhaus meinen Eltern geraten hat. »Bedrängen Sie Ihre Tochter nicht, halten Sie den Kontakt, seien Sie als Ansprechpartner da, aber wühlen Sie nicht in Lindas Gefühlen.« Meine Güte, ich habe Erziehungswissenschaften in der Schule. Was meine Eltern da spielen, ist so durchsichtig, dass es fast schon lustig ist. Fast.
     
    Als ich Luise am Montagmorgen am Frühstückstisch treffe, habe ich fast ein schlechtes Gewissen. Mir ist es unangenehm, dass ich ihren Freund in so einer doofen Situation gesehen habe. Paul sah nicht so aus, als sei ihm das Mädel unangenehm gewesen.
    »Heute Nachmittag ist klar, oder?«

    Sie guckt mich über den Rand ihrer Kaffeetasse an. Ich hebe nur die Augenbrauen.
    »Aktion Schwarzwälder Kirsch. Hast du das etwa vergessen?«
    Ich schlucke schwer an meinem Müsli. Ich habe es wirklich vergessen. Mein Opa hat morgen Geburtstag. Und seit Jahren schon backen Luise und ich ihm dafür seine Lieblingstorte. Früher hat meine Oma das gemacht. Jedes Jahr eine wunderschöne Schwarzwälder Kirschtorte. Als sie das nicht mehr konnte, haben Luise und ich das übernommen. Die Anfänge waren eine Katastrophe. Zumindest optisch. Opa hat sich trotzdem jedes Jahr gefreut - oder so getan. Wir haben uns langsam verbessert. Und dieses Jahr ist es natürlich besonders wichtig. Jetzt, wo Oma tot ist.
    »Ich bin mit Julchen fürs Kino verabredet«, sage ich matt.
    Ich bereue es im selben Moment. Ich hätte nicken sollen, in der Schule hätte ich Julchen Bescheid sagen können, dass sie alleine ins Kino gehen muss - als ob Julchen alleine ginge. Sie könnte zehn andere Mädels fragen und alle würden mitkommen. Es wäre so einfach gewesen, aber jetzt fixieren mich Luises Augen kalt.
    »Das verstehe ich natürlich. Wenn du mit Julchen verabredet bist, hat das natürlich Vorrang. Julchen ist ja schließlich deine neue Göttin. Du hast sie ja mindestens schon zwölf Stunden nicht mehr gesehen, oder? Was ist dagegen Opas Geburtstag? Nächstes Jahr kommt ja schon der nächste. Vielleicht.«
    Sie lächelt zuckersüß und sieht mich gleichzeitig angewidert an.
    Ich kann sie verstehen. Sie ist wütend, gekränkt, sauer, beleidigt, enttäuscht. Ich hätte gerne einen Rückspulknopf für die Zeit. So wie am DVD-Rekorder. Fünf Minuten
würden reichen. In der neuen Version hätte ich gesagt: »Heute Nachmittag geht klar. Wir treffen uns um fünf an der Rührschüssel.« Wir hätten eine super Torte fabriziert. Mit einer Siebenundziebzig aus Sahne. Wir hätten den restlichen Teig mit einem Löffel aus der Schüssel gekratzt und genüsslich abgeleckt. Und vielleicht hätte ich Luise ein bisschen was erzählt. Von dieser Angst. Vielleicht hätte ich ihr sogar alles erzählt, und sie hätte es verstanden.
    Plötzlich werde ich wütend. Nein, sie hätte natürlich nichts verstanden! Sie hätte geglaubt, dass ich wieder »Gespenster sehe«. Sie hätte sich was eingebildet darauf, dass ich offensichtlich ohne sie nicht zurechtkomme. Ich wäre wieder der Psycho gewesen. Überhaupt, diese Situation hier ist auch wieder typisch: Sie hat sich jetzt ausnahmsweise diesen Nachmittag frei gehalten und ich soll gleich springen. Sie gluckt ausnahmsweise nicht auf oder unter ihrem Paul und ich muss zur Stelle sein. Und was soll dieser Scheißspruch über Julchen? Die kümmert sich wenigstens. Sie ist die Einzige, die mir in meiner Angst beisteht. Die von dieser Angst weiß. Der ich davon erzählen kann. Julchen lenkt mich ab von mir.
    »Nur weil dein Paulchen Panther gestern alleine auf der Rolle war, musst du deinen Frust nicht an mir auslassen«, antworte ich kühl.
    »Paul hatte eine Familienfeier.«
    »Coole Familie, dass die in einem Klub feiert.«
    Der Satz trifft sofort. Ihre Augenlider flackern kurz. Sie holt hörbar Luft. Es rasselt ganz leise. Luise raucht zu viel. Sie will jetzt eigentlich nicht fragen, ich will nicht antworten. Aber ich habe die Runde eingeläutet. Sie kann nicht fliehen, muss sich den nächsten linken Haken abholen. Ich will ihr nicht wehtun. Aber wenn ich jetzt ginge, wäre das noch gemeiner.
    »Klub?«

    Ich weiß etwas, was sie nicht weiß. Ich

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