Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
inseriert hast, ich hab dich auf ›2hot‹ gefunden.«
    Ich kann nicht gut werfen. Es reicht aber. Das Handy zerplatzt, als es auf die Wand trifft. Wenn Opa jetzt wach geworden ist: scheißegal. Ich krieche auf allen vieren über den Boden. Sammle die Teile ein, das Display ist noch ganz. Ich stelle ein Stuhlbein drauf, setze mich unter Knirschen. Aus dem Regal greife ich mir einen Stein vom letzten Urlaub. Ich schlage zu. Zermalme alle Teile, die mir in die Finger kommen. Eine scharfe Kante bohrt sich in meinen Handballen. Ich wische das Blut an der Jeans ab, wo es einen hässlichen braunen Streifen hinterlässt.
    In letzter Zeit gibt es in meinem Leben zu viel Blut.
     
    Ich will es nicht.
    Natürlich will ich es nicht.
    Ich tue es ganz automatisch. Wie unter Zwang. Die Seite baut sich nur langsam auf. Immer mehr Bilder erscheinen. Viel Fleisch, viel Haut. Als »Girl des Tages« präsentiert sich Sabrina. Ihre dicken Brüste springen mich fast an. Sie hat sie mit den Händen umklammert. Zwischen
den Fingern quillt das Fleisch raus. Sie hat den Mund geöffnet. Die Lippen sind nass und leicht nach außen gestülpt. Dahinter lauert eine fette Zunge wie ein hinterhältiges Tier. Mir wird schlecht. Immer wieder zieht sich mein Magen zusammen. Ich lese stockend, was Sabrina schreibt. Über ihre nasse Muschi. Und dass sie mal wieder ausreiten will. Ich hole tief Luft. Versuche mich zu konzentrieren. Ich finde ein Suchfenster. Meine Finger tippen »Belinda« ein. Ganz kurz hoffe ich auf einen Irrtum und weiß doch schon jetzt, dass mich hier gleich das Übelste erwartet. Ich lasse den Cursor auf »Suche« gleiten, tippe auf die Maustaste - und dann springe ich mich an. Riesengroß starre ich vom Monitor. Es ist das Foto vom Strand. Ich stehe da oben ohne. Der Busen ist nicht meiner. Schwer und prall hängt er an mir runter. Auch der Gesichtsausdruck ist nicht von mir. Der Mund wirkt größer, die Augenlider sind halb geschlossen. Aber ich bin zu erkennen. Ich bin eindeutig zu erkennen. Ich sehe dumm aus. Und so nackt. Der Schwall kommt überraschend. Ich kann mich gerade noch zur Seite wenden, sonst hätte ich auf die Tastatur gekotzt. Auch aus der Nase kommt es geschossen. Überall habe ich diesen sauren Geschmack. Es ist nichts gegen das saure Gefühl in mir. Meine Gedanken schmecken wie verdorben. Ich sehe so verdorben aus. So schmutzig.
    Belinda mag es, wenn die Wellen in ihrem Höschen kitzeln. Sie mag es gerne feucht. Du auch? Dann ruf sie doch mal an.
    Meine Handynummer folgt.
    Zum ersten Mal habe ich den Wunsch, nicht mehr leben zu wollen. Nicht nur, dass ich nicht mehr mein Leben leben möchte. Ich möchte einfach nicht mehr. Ich erschrecke mich vor mir selber. Aber ich bin von dem Gedanken auch fasziniert. Da ist ein Ausweg. Es gibt doch eine Möglichkeit, das alles zu beenden. Einen Schlussstrich
zu ziehen. Unter alles. Ich stehe schnell auf, mein Stuhl kippt hinter mir um. Habe ich das gerade gedacht? Ich lege mich unter die Bettdecke. Ganz. Das Bild kommt mit. Ist wie ein Bildschirmschoner hinter meinen Augenlidern. Ich gehe ins Bad, wasche mich. Rubbele mein Gesicht mit Peelingcreme. Im Spiegel sehe ich mich nicht. Nur das Foto vom Strand. Einzelne Worte tauchen auf. Feucht. Kitzeln. Ich gehe zurück in mein Zimmer, trete barfuß in einen Splitter vom Handy. Ich stelle fest, dass es wehtut. Wirklich spüren tue ich es nicht. Plötzlich die neue Angst. Was, wenn er mitkriegt, dass mein Handy kaputt ist? Gibt er dann demnächst meine Adresse an? Meinen richtigen Namen? Riesige Hände wringen meinen Magen aus. Es ist nichts mehr drin. In mir ist nur noch Säure.

6
    D er Schlaf hatte irgendwann ein Erbarmen mit mir. Ist in mich gekrochen, hat von mir Besitz genommen. Nicht lange. Wahrscheinlich haben die Gedanken die ganze Zeit in mir gepocht. Riesige Hämmer in einem Bergwerk. Als die Kraft des Schlafes kurz nachließ, hat mich der klopfende Schmerz in meinem Kopf wieder ins Bewusstsein geholt. Ich werde mühsam wach. Sofort sind da wieder eklige Szenen in meinem Kopfkino. Szenen, bei denen ich mich schäme. Weggucke. Mir ist es immer unangenehm, wenn im Fernsehen oder im Kino Sexszenen gezeigt werden. Ich will das nicht sehen. Am schlimmsten finde ich Vergewaltigungsszenen. Warum wird das gezeigt? In mir zieht sich dann alles zusammen. Ich fühle mich als ungewollter Zuschauer, der nichts tut. Sich das nur ansieht. Ich schlinge meine Arme um mich, jetzt erst wird mir bewusst, dass ich immer noch meine

Weitere Kostenlose Bücher