AnidA - Trilogie (komplett)
aus.« Sie betrachtete mich besorgt. Ich lächelte und drückte ihren Arm.
»Es geht mir prächtig«, log ich fröhlich. »Gut siehst du aus, Ida. Jedes Mal, wenn ich dich sehe, bist du noch ein wenig schöner geworden.«
Sie lachte und hob den Korb auf ihre Hüfte. »Noch ein wenig dicker, meinst du wohl«, spottete sie.
Ich musterte ihre üppige Gestalt und zwinkerte. »Es steht dir. Es gibt dir so etwas Stattliches und Majestätisches. Ganz wie es sich für die Lady von Sendra geziemt.«
Sie warf lachend mit einem angefaulten Apfel nach mir. »Freches Ding. Wenn du so lange wie ich mit Simon verheiratet wärst, wärst du auch nicht mehr so klapperdürr! Aber warte, er wird uns den ganzen Tag bekochen, wenn er erst einmal hier ist. So, wie du aussiehst, kannst du gut etwas kräftigere Kost vertragen.«
Merle hatte uns einen kalten Imbiss bereitet, mit dem wir uns an den langen Holztisch im Garten setzten. Die Bäume, deren Laub sich herbstlich zu verfärben begann, rauschten leise in einer sanften Brise, und eine neugierige Biene summte um unsere Teller. Ida legte den Kopf zurück und blinzelte in den sanften Sonnenschein. »Es ist noch wie im Sommer«, sagte sie versonnen. »Kaum zu glauben, dass wir nächste Woche schon das Erntefest feiern.«
Ich schluckte einen herzhaften Bissen Brot herunter und richtete ihr die Grüße aus, die Mellis, Dix und Tallis mir aufgetragen hatten.
»Wie geht es Tallis?«, fragte Ida.
»Ich habe sie als Kind schon für alt gehalten«, sagte ich mit leiser Verwunderung. »Aber sie hat sich seitdem keinen Deut verändert. Bist du jemals dahintergekommen, wie lange Grennach üblicherweise leben?«
Ida lachte und schob sich ein Stück Käse in den Mund. »Aber nein«, sagte sie fröhlich. »Sie reden nicht gerne darüber. Aber soll ich dir was verraten? Ich glaube, sie sterben einfach nicht.«
Ich lachte zustimmend. Dann griff ich in meine Tasche und holte ein eingewickeltes Päckchen hervor, das ich ihr hinschob. Sie betrachtete es neugierig und tippte sacht mit einem Finger dagegen. »Pack es aus. Mit den besten Empfehlungen von Dix.«
Ida wickelte den Stoff ab und ließ den Inhalt des Päckchens in ihre Hand fallen. Steine funkelten in der Sonne. Sie sah mich verwundert an. »Das ist sehr hübsch.« Ratlos drehte sie die Brosche in ihren Fingern. »Aber was soll ich damit?«
Ich lachte. »Du rätst nie, was das ist.«
»Ein sehr schön gearbeiteter Grennach-Schmuck«, entgegnete sie, immer noch verwundert. »Es ist eine originelle Arbeit, diese Art von Ornament habe ich noch nie zuvor gesehen.« Sie zog die Brauen zusammen und sah mich finster an. »Jetzt hör sofort auf, dich über mich lustig zu machen, und rück heraus damit. Was ist so Besonderes an dieser Brosche, dass du sie mir mitbringen musstest?«
Ich lehnte mich entspannt zurück, den frisch gefüllten Teebecher in der Hand. »Rate«, sagte ich.
Ida schnaubte empört. »Komm, Eddy, lass den Blödsinn.«
Ich ließ sie noch ein wenig zappeln, stellte meinen Becher ab und holte den Tabakbeutel aus der Tasche. Ich drehte mir gemächlich eine Zig, wünschte sie in Brand und nahm einen tiefen Zug, ohne das Rasseln meiner Lungen zu beachten.
»Seit wann rauchst du wieder?«, fragte Ida.
Ich pflückte mir einen Tabakkrümel von der Lippe. »Ist doch gleichgültig. Also, kommst du drauf?« Sie schüttelte ungeduldig den Kopf. Ich atmete den Rauch tief ein und musste husten. Idas Blick wurde besorgt. »Das ist keine übliche Grennach-Arbeit«, sagte ich hastig, um sie abzulenken. »Dieses Stück – und es gibt noch etliche mehr davon – wurde von einem Mann gefertigt.«
Die Ablenkung gelang. Ihre Augen wurden groß vor Staunen. »Nein!«, sagte sie atemlos. Ich nickte befriedigt.
»O doch. Im Großen Nest herrscht helle Aufregung darüber. Männer als Künstler, das hat es noch nie zuvor gegeben. Und jetzt rate, wer seine Hände dabei im Spiel hatte.«
»Dix«, antwortete Ida, ohne nachzudenken. Wir sahen uns an und lachten. Dix hatte es schon lange gewurmt, dass die Grennach ihre Männer derart herablassend behandelten, fast als seien sie Idioten oder zumindest unmündige Kinder. Den Männern wurde jedes Talent abgesprochen. »Männer können nicht strukturiert denken, Männer besitzen keinerlei künstlerische oder handwerkliche Fähigkeiten, hat es jemals einen Grennach-Mann gegeben, das etwas Bedeutendes geschaffen hätte?«, lauteten die gängigen Meinungen. Irgendwann hatte der Kleine jedenfalls die Nase
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