Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
untersucht worden. Sie klaffte unterhalb des Kinns wie ein riesiger zweiter Mund.
Dr. Saville bog ihr beiläufig den Kopf zurück. »Der Schnitt ging sehr tief. Er durchtrennte die Muskeln und die Schlagader. Der Tod trat ziemlich schnell ein.« »Professionell gemacht«, sagte ich.
»Nun ja, wer das getan hat, kennt sich aus. Es gibt ein Dutzend Wege, den Hals so zu verletzen, dass der Tod nicht oder nicht so schnell eintritt.«
John Burke schaltete sich ein: »Wollen Sie damit sagen, dass mein Bruder Übung hatte?«
»Ich weiß es nicht«, gab ich zu. »Haben Sie ihre persönlichen Gegenstände hier?« »Ja.« Dr. Saville öffnete eine Tüte und leerte sie auf dem Tisch aus. Das goldene Armband funkelte unter den Neonleuchten. Ich nahm es in die Hand. Ein Bogen samt Pfeil, ein weiteres Notenzeichen und zwei verschlungene Herzen. Alles, was Evans genannt hatte.
»Woher wissen Sie von dem Armband und der toten Frau?«, fragte Burke. »Ich habe ein Beweisstück zu einem Hellseher gebracht. Er sah den Tod der Frau und das Armband.« »Was hat das mit Peter zu tun?«
»Ich glaube, dass eine Voodoopriesterin Peter veranlasst hat, den Zombie zu erwecken. Er ist ihm entkommen. Jetzt bringt er Leute um. Um zu vertuschen, was sie getan hat, hat sie Peter ermordet.«
»Wer ist sie?« »Ich habe keinen Beweis, es sei denn, das Gris-Gris wird es beweisen.« »Eine Vision und ein Gris-Gris.« Burke schüttelte den Kopf »Einer Jury schwer begreiflich zu machen.« »Ich weiß. Darum brauchen wir weitere Beweise.« Dr. Saville lauschte unserem Gespräch wie ein gebannter Fernsehzuschauer. »Den Namen, Anita, sagen Sie mir den Namen.«
»Nur wenn Sie schwören, dass Sie sie nicht zu stellen versuchen, bevor das Gesetz seine Chance hatte. Erst wenn das Gesetz versagt hat, versprechen Sie das.«
»Ich gebe Ihnen mein Wort.«
Ich musterte sein Gesicht. Seine dunklen Augen blickten mich an, klar und sicher. Jede Wette, dass er ohne schlechtes Gewissen lügen konnte. »Ich vertraue auf niemandes Wort.« Ich musterte ihn weiter. Er wich keine Sekunde lang aus. Wahrscheinlich war mein stahlharter Blick ein bisschen weicher geworden. Oder er wollte wirklich sein Wort halten. So etwas gibt es manchmal.
»Also gut, ich glaube Ihnen. Geben Sie mir keinen Grund, es zu bedauern.« »Das werde ich nicht«, sagte er. »Jetzt nennen Sie mir den Namen.«
Ich drehte mich zu Dr. Saville um. »Entschuldigen Sie uns, Marian. Je weniger Sie darüber wissen, desto größer sind Ihre Chancen, dass nicht eines Nachts ein Zombie durch Ihr Fenster klettert.« Eigentlich eine Übertreibung aber sie erfüllte den Zweck.
Sie machte ein Gesicht, als wollte sie protestieren, aber dann nickte sie. »Also gut, aber ich würde wirklich gern eines Tages, wenn nichts mehr passieren kann, die ganze Geschichte hören.« »Wenn es in meiner Macht steht, soll es so sein«, versprach ich.
Sie nickte noch einmal, schloss die Schublade mit Jane Doe und ging. »Rufen Sie, wenn Sie hier fertig sind. Ich habe noch zu arbeiten«, sagte sie und schloss hinter sich die Tür.
Sie ließ uns mit dem Beweisstück in der Hand allein. Vermutlich vertraute sie mir. Oder uns?
»Dominga Salvador«, sagte ich. Er atmete scharf ein. »Ich kenne den Namen. Wenn die Geschichten stimmen, besitzt sie Furcht erregende Kräfte.« »Sie stimmen«, bestätigte ich. »Sie sind ihr begegnet?« »Ich hatte das Pech.«
Er hatte einen Gesichtsausdruck, der mir nicht besonders gefiel. »Sie haben geschworen, keine Rache.« »Die Polizei wird sie nicht kriegen. Dafür ist sie zu verschlagen«, sagte er.
»Wir können sie auf legalem Wege fassen. Davon bin ich überzeugt.« »Sie sind nicht sicher«, widersprach er. Was sollte ich sagen? Er hatte Recht. »Ich bin so gut wie sicher.« »Das reicht nicht für den Mord an meinem Bruder.« »Der Zombie hat eine Menge mehr Menschen umgebracht als ihren Bruder. Auch ich will sie haben. Aber wir tun es legal, per Gericht.«
»Es gibt andere Wege«, sagte er. »Wenn das Rechtssystem versagt, steht es Ihnen frei, Voodoo zu benutzen. Erzählen Sie es mir nur nicht.« Er sah verdutzt und belustigt aus. »Keine Empörung, weil ich schwarze Magie benutze?«
»Diese Frau hat einmal versucht, mich zu ermorden. Ich glaube nicht, dass sie ihren Plan aufgegeben hat.« »Sie haben einen Angriff der Señora überlebt?«, fragte er verblüfft. Mir gefiel seine Verblüffung nicht.
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