Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
»Glauben Sie, dass es Regen gibt?«
»Verdammt, Anita. Ich brauche Ihre Hilfe.« »Die haben Sie bekommen«, sagte ich. »Den Namen.« »Noch nicht. Ich überprüfe das, und wenn die Sache verdächtig aussieht, verspreche ich, den Namen zu nennen.«
»Also, wenn das nicht mächtig großzügig ist!« Eine Röte kroch ihm den Hals hinauf. Ich hatte Dolph noch nie wütend werden sehen. Ich fürchtete, nun war es so weit.
»Der erste Tote war ein Obdachloser. Wir dachten, er hätte sich bewusstlos getrunken und sei von Ghulen erwischt worden. Wir fanden ihn dicht beim Friedhof. Klarer Fall, was?« Seine Stimme kletterte bei jedem Wort ein bisschen höher.
»Als Nächstes finden wir dieses Pärchen, Teenager, die im Auto des jungen geknutscht haben. Tot, auch wieder nicht allzu weit vom Friedhof weg. Wir haben einen Kammerjäger und einen Priester zu Rate gezogen. Fall abgeschlossen.« Er senkte die Stimme, aber es klang, als würde er sich zwingen, nicht zu schreien. Ich sah die Anstrengung, sein Zorn war fast zu greifen.
»Jetzt das hier. Es war dieselbe Bestie, welcher Art auch immer. Aber wir sind meilenweit vom nächsten beschissenen Friedhof entfernt. Das war kein Ghul, und wenn ich Sie schon beim ersten oder zweiten Mal geholt hätte, wäre das hier vielleicht nicht passiert. Ich glaube zwar, ich verstehe diesen übernatürlichen Krempel immer besser, und ich habe schon ein paar Erfahrungen, aber das reicht hier nicht. Nicht einmal annähernd.« Seine großen Hände zerquetschten das Notizbuch.
»Das war die längste Rede, die ich je von Ihnen gehört habe«, sagte ich. Fast lachte er. »Ich brauche den Namen, Anita.«
»Dominga Salvador. Sie ist die Voodoopriesterin für den gesamten Mittleren Westen. Aber wenn Sie Polizisten zu ihr schicken, wird sie nicht mit ihnen reden. Mit keinem von denen.«
»Aber mit Ihnen würden sie reden?« »Ja«, bestätigte ich. »Also gut, aber es wäre besser für Sie, wenn ich morgen etwas erfahre.« »Ich weiß nicht, ob ich schon so bald ein Treffen zu Stande bringe.« »Entweder Sie tun's, oder ich tue es«, sagte er. »Schon gut, schon gut. Ich schaffe es irgendwie.« »Danke, Anita. Wenigstens haben wir jetzt einen Ausgangspunkt.« »Es kann auch sein, dass es gar kein Zombie gewesen ist, Dolph. Es ist nur eine Vermutung.«
»Was sonst?« »Also, wenn Blut auf der Scheibe wäre, würde ich sagen, es war vielleicht ein Lykanthrop.« »Na großartig, genau, was ich brauche - ein wild gewordener Gestaltwandler.« »Aber es ist kein Blut auf der Scheibe.« »Also wahrscheinlich irgendein Untoter«, sagte er. »Genau.«
»Sie sprechen mit dieser Dominga Salvador und geben mir baldmöglichst Bescheid.« »Zu Befehl, Sergeant.«
Er schnitt mir eine Grimasse und ging zurück ins Haus. Besser er als ich. Ich brauchte nichts weiter zu tun, als nach Hause zu fahren, mich umzuziehen und mich auf die Totenerweckung vorzubereiten. Bei Dunkelheit warteten heute drei Klienten auf mich.
Ellen Grisholms Therapeut hielt es für heilsam, Ellen mit ihrem Kinder schändenden Vater zu konfrontieren. Das Problem war, dass der Vater seit Monaten tot war. Also würde ich Mr Grisholm von den Toten erwecken, damit seine Tochter ihm sagen konnte, was für ein Scheißkerl er gewesen war. Der Therapeut meinte, es würde reinigend wirken. Ich nehme an, wenn man einen Doktortitel hat, darf man solche Dinge behaupten.
Die beiden anderen Fälle waren gewöhnlicher: eine Testamentsanfechtung und ein Hauptbelastungszeuge, der so taktlos gewesen war, einen Herzanfall zu bekommen, ehe er vor Gericht aussagen konnte. Man war sich noch immer nicht sicher, ob die Aussage eines Zombies vor Gericht statthaft war, aber sie waren verzweifelt genug, um es zu versuchen und für das Sonderrecht zu bezahlen.
Ich stand auf dem grünlich braunen Rasen, froh, dass die Familie sich noch nicht den Sprengern verschrieben hatte. Eine Verschwendung von Trinkwasser. Vielleicht hatten sie sogar ihre Limodosen und das Zeitungspapier aussortiert. Vielleicht waren sie anständige, umweltliebende Bürger gewesen. Vielleicht auch nicht.
Einer der Uniformierten hob das gelbe Absperrband an und ließ mich durch. Ich ignorierte die gaffende Menge und ging zu meinem Wagen. Es war ein älterer Nova. Ich hätte mir etwas Besseres leisten können, aber wozu? Er lief.
Das Lenkrad war zu heiß zum Anfassen. Ich schaltete die Klimaanlage ein und ließ den Wagen abkühlen.
Weitere Kostenlose Bücher