Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
wie es da in meiner Hand lag. Noch vor einer Sekunde war es nicht warm gewesen. »Was tun Sie damit?« Dominga antwortete nicht. Ich blickte auf, aber sie sah gespannt auf meine Hand. Wie eine Katze kurz vor dem Sprung.
Ich schaute wieder auf das Gris-Gris. Die Krallen krümmten sich, dann spreizten sie sich und zogen sich wieder zusammen. Es bewegte sich. »Scheiiiße!« Ich wollte aufstehen. Das abscheuliche Ding gegen die Tür schleudern. Aber ich tat es nicht. Ich saß nur da - jedes Haar an mir knisterte, der Puls schlug mir im Hals - und ließ das Ding sich bewegen. »Also gut«, sagte ich atemlos, »ich habe Ihre kleine Prüfung zugelassen. Jetzt nehmen Sie mir endlich dieses Ding aus der Hand.«
Dominga hob sacht die Klaue hoch. Sie war sorgsam darauf bedacht, meine Haut nicht zu berühren. Ich wusste nicht, warum, aber ihre Mühe war auffällig.
»Verdammt, verdammt!«, flüsterte ich in mich hinein. Ich rieb mir die Hand am Bauch, berührte die verborgene Pistole. Es war tröstlich zu wissen, dass, falls es zum Schlimmsten käme, ich sie einfach erschießen könnte. Ehe sie mich zu Tode ängstigte. »Können wir jetzt zum Wesentlichen kommen?« Ich hörte mich beinahe ruhig an. Schön für mich.
Dominga bettete die Klaue in ihre Hände. »Sie haben bewirkt, dass sich die Klaue bewegt. Sie hatten Angst, waren aber nicht erstaunt. Warum?« Was sollte ich sagen? Nichts, das ich sie wissen lassen wollte. »Zwischen mir und den Toten gibt es eine Affinität. Das Tote spricht auf mich an, so wie manche Leute Gedanken lesen können.«
Sie lächelte. »Glauben Sie wirklich, dass Ihre Fähigkeit, Tote zu wecken, so etwas wie Gedankenlesen ist? Ein Salonspiel?« Dominga war offenbar noch nie einem wirklich guten Telepathen begegnet. Sonst hätte sie nicht darüber spotten können. Auf ihre Art waren Telepathen genauso beängstigend wie sie.
»Ich erwecke Tote, Señora. Das ist nur ein Beruf.« »Das glauben Sie nicht mehr als ich.« »Ich gebe mir ehrlich Mühe«, sagte ich. »Sie sind schon einmal von jemandem geprüft worden.« Es klang wie eine Feststellung.
»Meine Großmutter mütterlicherseits hat mich geprüft, aber nicht damit.« Ich zeigte auf die Klaue, die noch immer in Bewegung war. Sie sah aus wie eine dieser falschen Hände, die man bei »Spencer's« kaufen kann. Jetzt, wo ich sie nicht mehr in der Hand hielt, konnte ich mir einreden, es steckten irgendwo ein paar kleine Batterien darin. Klar doch.
»Sie war Vaudun?« Ich nickte. »Warum haben Sie nicht bei ihr gelernt?« »Ich habe eine angeborene Gabe, Tote zu erwecken. Das schreibt mir keine bestimmte Religion vor.« »Sie sind Christin.« Sie sagte das, als sei es etwas Schlechtes. »Richtig.« Ich stand auf. »Ich wünschte, ich könnte sagen, es war mir ein Vergnügen, aber das war es nicht.«
»Stellen Sie Ihre Fragen, chica.« »Wie bitte?« Der Themenwechsel kam zu schnell für mich. »Fragen Sie, was immer Sie fragen wollen«, bat sie.
Ich warf Manny einen Blick zu. »Wenn sie sagt, dass sie Auskunft gibt, dann tut sie das.« Er wirkte nicht völlig glücklich damit.
Ich setzte mich, wieder einmal. Noch eine Beleidigung, und ich bin hier raus. Aber wenn sie wirklich helfen kann ... Oh Mann, sie ließ diesen dünnen Hoffnungsschimmer aufleuchten. Und nach dem, was ich im Haus der Reynolds gesehen hatte, gierte ich danach.
Ich hatte bei der Wortwahl eigentlich so höflich wie möglich sein wollen. Jetzt kümmerte es mich einen Dreck. »Haben Sie in den letzten Wochen einen Zombie erweckt?«
»Einige«, antwortete sie.
Gut. Ich zögerte vor der nächsten Frage. Das Gefühl der krabbelnden Klaue in meiner Hand stellte sich wieder ein. Ich rieb mir die Hände an der Hose ab, als könnte damit das Gefühl verschwinden. Was war das Schlimmste, das sie mir antun könnte, falls ich sie beleidigte? Nicht fragen. »Haben Sie Zombies mit Aufträgen ausgeschickt ... zum Beispiel einem Racheauftrag?« Sieh an, wie höflich, das war erstaunlich.
»Keinen.« »Sind Sie sicher?«, fragte ich. Sie lächelte. »Ich würde mich erinnern, wenn ich Mörder aus dem Grab befreit hätte.« »Killerzombies müssen nicht unbedingt Mörder gewesen sein«, sagte ich. »Ach?« Ihre hellen Augenbrauen hoben sich. »Kennen Sie sich mit >Killerzombies< so gut aus?«
Ich kämpfte dagegen an, mich wie ein Schulkind zu winden, das bei einer Lüge ertappt wird. »Nur mit einem.« »Erzählen Sie es mir.«
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