Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
standen unter der Lampe und sahen zu mir herauf.
Licht. Warum fühlte ich mich augenblicklich besser? Albern, aber wahr. Enzo ließ die Tür hinter uns zuschlagen. Die Schatten waren tief, aber entlang des schmalen gemauerten Ganges hingen noch mehr nackte Glühbirnen.
Ich war fast am Fuß der Treppe angelangt. Der süßsaure Geruch wurde stärker. Ich versuchte, durch den Mund zu atmen, aber da verstopfte er mir den Hals. Der Gestank verwesenden Fleisches klebte auf meiner Zunge.
Dominga ging voraus. An den Wänden gab es in regelmäßigen Abständen andersfarbige Stellen, als wäre dort Zement aufgetragen worden - auf Türen. Der Zement war mit Farbe überstrichen, aber darunter waren Türen gewesen, Räume in regelmäßigen Abständen. Warum sie zumauern?
Warum die Türen mit Zement füllen? Was lag hinter ihnen? Ich rieb mit den Fingerspitzen darüber. Die Oberfläche war uneben und kalt. Die Farbe war nicht sehr alt. Sie wäre sonst von der Feuchtigkeit fleckig. Das war sie nicht. Was befand sich hinter dieser versperrten Tür?
Zwischen meinen Schulterblättern begann es zu kribbeln. Ich widerstand dem Drang, mich nach Enzo umzublicken. Ich wettete, dass er sich anständig benahm. Erschossen zu werden war die geringste meiner Sorgen.
Die Luft war kalt und feucht. Ein Keller, wie er im Buche stand. Es gab drei Türen, zwei zur Rechten, eine zur Linken, schlichte Türen. Eine hatte ein glänzendes neues Vorhängeschloss. Als wir daran vorübergingen, hörte ich die Tür ächzen, als lehnte sich etwas Schweres dagegen.
Ich blieb stehen. »Was ist da drin?«
Enzo war hinter mir stehen geblieben. Dominga und Manny waren um eine Ecke verschwunden, und wir waren allein. Ich berührte die Tür. Das Holz knarrte, rüttelte in den Angeln. Als riebe sich eine riesige Katze an der Tür. Ein Geruch kam darunter hervor. Ich würgte und wich zurück, spürte ihn wie einen Belag auf der Zunge. Ich schluckte krampfhaft und ging weiter, aber der Geschmack blieb.
Das Ding hinter der Tür gab einen wimmernden Laut von sich. Ob Mensch oder Tier konnte ich nicht ausmachen. Es war jedenfalls größer als ein gewöhnlicher Mensch. Und es war tot. Sehr, sehr tot.
Ich hielt mir mit der linken Hand Mund und Nase zu. Die rechte hielt ich frei, für alle Fälle. Für den Fall, dass das Ding ausbrechen sollte. Pistolenkugeln gegen wiederbelebte Tote. Ich wusste es besser, aber die Pistole war trotzdem
ein Trost. Zur Not konnte ich Enzo erschießen. Aber irgendwie wusste ich, dass, wenn das Ding hinter der Tür ausbräche, Enzo in derselben Gefahr schwebte wie ich. »Wir müssen weitergehen«, sagte er.
Seinem Gesicht war nichts zu entnehmen. Wir hätten ebenso gut zum Laden an der Ecke unterwegs sein können. Er wirkte undurchschaubar, und dafür hasste ich ihn. Wenn ich Angst hatte, dann sollte, bei Gott, auch jeder andere Angst haben.
Ich beäugte die vermutlich unverschlossene Tür zu meiner Linken. Ich musste es wissen. Ich öffnete sie mit einem Ruck. Der Raum dahinter war etwa einszwanzig mal zweivierzig groß, wie eine Zelle. Der Zementboden und die weiß getünchten Wände waren sauber und leer. Als warteten sie auf ihren nächsten Insassen. Enzo knallte die Tür wieder zu. Ich ließ ihn. Das war es nicht wert. Wenn ich die Absicht hatte, mich mit jemandem anzulegen, der über hundert Pfund schwerer war als ich, dann kam es auf die Trophäe an. Ein leerer Raum war es nicht wert.
Enzo lehnte sich gegen die Tür. In dem kalten Licht glänzte sein Gesicht vor Schweiß. »Probieren Sie nicht noch eine Tür, Senorita. Das könnte sehr schlecht sein.«
Ich nickte. »Klar, kein Problem.« Ein leerer Raum, und er schwitzte. Schön zu wissen, dass er vor etwas Angst hatte. Aber warum dieser Raum und nicht der mit dem wimmernden Gestank? Ich konnte mir keinen Reim darauf machen.
»Wir müssen die Señora einholen.« Er machte eine freundliche Geste wie ein Maitre d', der mich zu meinem Tisch geleitet. Ich ging in die Richtung, die er wies. Wohin auch sonst?
Der Gang mündete in einen großen rechteckigen Raum. Er war in dem gleichen bestürzenden Weiß gestrichen wie die Zelle. Der weiß gekalkte Boden war mit leuchtenden roten und schwarzen Mustern überzogen. Verve nannte man das. Symbole im Voodooheiligtum, um die Lao zu rufen, die Götter des Vaudun.
Die Symbole fungierten als Mauern entlang eines Weges. Sie führten zum Altar. Wich man vom Weg ab,
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