Anita Blake 07 - Dunkle Glut
wollte ihm mit den Zähnen den Bauch aufreißen und kämpfte gegen den Drang an.
Thomas kniete sich neben mich. »Gebrauchen Sie Ihre Zeichen, um ihn zu besänftigen, bevor er Fernando umbringt.«
Ich schüttelte den Kopf. Meine Finger bohrten sich durch Fleisch. Ich musste mir die Hände an die Augen drücken, um mich zu vergewissern, in welchem Körper ich steckte. Ich fand meine Stimme wieder, und das half der Trennung. Ich wusste wieder, wer ich war und was ich war. »Scheiße, ich weiß nicht wie.«
»Dann benutzen Sie seinen Zorn, sein Tier.« Thomas nahm meine Hände, hielt sie fest, nicht um mir wehzutun, sondern um mich in seinem Körper zu verankern. Ich erwiderte seinen Druck und starrte ihm ins Gesicht wie eine Ertrinkende.
»Ich weiß nicht wie, Thomas.« Er schnaubte aufgebracht. »Gideon wird dazwischen gehen müssen, bis Sie ihn beruhigt haben.«
Ich nickte. Sicher, ich war selbst drauf und dran gewesen, Fernando umzubringen, aber ich wusste auch, dass wir dann den nächsten Tag nicht mehr erleben würden. Padma würde uns töten, uns alle.
Ich starrte Thomas ins Gesicht, aber ich spürte nur Gideon, der Richard packte und von Fernando herunterzog. Richard wand sich und schlug auf Gideon ein, brachte ihn zu Fall, dann sprang er auf ihn. Sie rollten sich am Boden. Das Einzige, was einen tödlichen Kampf verhinderte, war, dass sie beide an ihrer Menschengestalt festhielten und nur so taten, als hätten sie Klauen. Aber Richards Tier wurde immer mächtiger in ihm. Wenn er sich verwandelte, wäre das Schlimmste nur zu verhindern, indem wir ihn töteten.
Thomas berührte mich im Gesicht, und ich merkte, dass ich ihn gar nicht mehr gesehen hatte. Ich hatte aus nächster Nähe in Gideons fremdartige Augen geblickt, während ich versuchte, ihm mit bloßen Händen die Kehle zu zerquetschen. Aber es waren nicht meine Hände gewesen.
»Helfen Sie mir«, sagte ich.
»Öffnen Sie sich seinem Tier«, bat Thomas. »Öffnen Sie sich, und es strömt in Sie hinein. Es sucht nach einem Fluchtweg. Geben Sie ihm einen, dann strömt es in Sie.« In dem Moment wurde mir klar, dass Gideon und Thomas auch zu einem Triumvirat gehörten.
»Ich bin kein Lykanthrop«, sagte ich. »Das spielt keine Rolle. Tun Sie es, sonst müssen wir ihn töten.«
Ich schrie auf und tat, was er sagte. Aber es blieb nicht beim Öffnen. Ich griff nach diesem Zorn, nach der Macht, die er sein Tier nannte, und sie kam bei meiner Berührung. Ich roch für sie nach Bau und sie strömte in mich ein, über mich, durch mich wie ein blendender Hitzesturm. Es war so ähnlich wie damals, als ich mit Richard und Jean-Claude die Macht beschwor, aber diesmal gab es kein Ritual, um die Macht für etwas einzusetzen, keiner. Platz, wo das Tier hin flüchten konnte. Sie versuchte, mir durch die Haut zu kriechen, sich in mir auszudehnen, aber da war kein Tier, das auf sie reagieren konnte. Ich hatte keins, und so wütete sie in mir. Ich fühlte sie anschwellen. bis ich meinte, platzen zu müssen. Der Druck baute sich immer weiter auf und konnte nirgendwohin.
Ich stieß einen Schrei nach dem anderen aus, so schnell wie ich Luft holen konnte. Ich fühlte, wie Richard auf mich zu kroch, die Hände und Beine über den Boden schob, wie seine Muskeln sich in ein pirschendes Wesen verwandelten. Er erschien über mir, nur sein Gesicht, das auf mich herabsah. Seine langen Haare fielen nach vorn wie ein Vorhang. In seinem Mundwinkel glänzte Blut. Ich spürte seinen Drang, es abzulecken, und wie er sich bezwang. Ich wusste, warum er es nicht tat. Meinetwegen. Aus Angst, dass ich ihn für monströs hielt.
Seine Macht versuchte noch immer, einen Weg aus meinem Körper zu finden. Auch sie strebte nach dem Blut, wollte es ihm aus dem Gesicht lecken und auf der Zunge schmecken, wollte sich in die Wärme seines Körpers hüllen und eins mit ihm werden. Seine Macht schrie auf wie ein frustrierter Liebhaber, er möge ihr die Arme, den Körper, den Geist öffnen und sie an sich ziehen. Richard gab ihr einen Namen, als wäre sie etwas Eigenständiges, nannte sie sein Tier, aber sie war nichts Eigenständiges. In diesem Moment begriff ich, warum Richard so hartnäckig und so lange vor seiner Macht davongerannt war. Sie war er. Wie seine pelzige Gestalt aus der Substanz seines menschlichen Körpers gezogen wurde, so auch der Zorn, die Zerstörungskraft aus seiner menschlichen Psyche. Sein Tier war nichts anderes als dieser
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