Anita Blake 08 - Göttin der Dunkelheit
mir ein paar Servietten«, bat ich.
Peter stellte keine Fragen. Er griff sich nur eine Hand voll Papiertücher aus dem Spender auf dem Tisch und reichte sie mir. Ich gab sie an Harold weiter. Der nahm sie, während ei' mich ansah, nur einmal huschte sein Blick zu meiner Pistole, die ich am linken Oberschenkel hielt.
»Danke.« »Keine Ursache.« Er drückte die Servietten an Russells Nase und nahm einen Arm. »Nimm den anderen Arm, Newt.« Man hörte Sirenen kommen. Jemand hatte die Polizei gerufen.
Russell war noch wacklig auf den Beinen. Sie hatten ihm das Zelltuch in die platt gedrückte Nase geschoben, und es sah albern und grotesk aus, wie die blutigen Tücher aus seinen Nasenlöchern hingen. Er musste sich zweimal räuspern, ehe er sprechen konnte, dann klang er heiser, verstopft, gequält. »Du blöde Kuh! Das kriegst du noch zu spüren.«
»Wenn Sie wieder ohne Hilfe stehen können und die Nase verbunden haben, rufen Sie mich an. Ich gebe Ihnen gern Revanche.«
Er spuckte in meine Richtung, konnte aber nicht zielen, darum klatschte der Schleim nur auf den Boden. Eklig, aber nutzlos. »Kommt«, sagte Harold. Er wollte mit seiner Truppe zur Tür ziehen. Die Sirenen waren schon ziemlich nahe. Aber Russell war noch nicht fertig. Er drehte sich zu uns um und zwang die anderen beiden mit. »Ich werde dich ficken, du Schlampe, und das Mädchen und den jungen den Kojoten überlassen.«
»Russell lernt nicht sonderlich schnell«, meinte ich.
Becca weinte jetzt, und Donna war so blass, dass ich fürchtete, sie würde in Ohnmacht fallen. Peters Gesicht konnte ich nicht sehen, ohne unsere Besucher aus den Augen zu lassen, darum wusste ich nicht, wie es ihm ging. Aber die ganze Szene war unschön.
Die Polizei drängte herein, als Harold noch versuchte, Russell zur Tür zu zerren. Edward und ich nutzten die Ablenkung, um unsere Waffen wegzustecken. Die beiden Streifenpolizisten waren ein bisschen unsicher, wen sie festnehmen sollten, aber alle Leute sagten aus, sie hätten gehört und gesehen, wie Russell uns bedrohte, bevor ich ihn verletzte. Ich hatte noch nie so kooperative Zeugen erlebt. Meisten sind die Leute taub und stumm, aber ein tränenüberströmtes kleines Mädchen half dem Gedächtnis nach. Theoretisch konnte Russell mich wegen Körperverletzung anklagen, aber alle überschlugen sich, um zu bezeugen, dass er uns massiv bedroht hatte. Einer behauptete sogar, er habe ihn ein Messer ziehen sehen. Verblüffend, wie schnell so eine Geschichte ausgeschmückt wird. Ich konnte das Messer nicht bestätigen, aber die Zahl der Zeugen reichte aus, um mir das Gefängnis zu ersparen. Edward zog seinen Ted-Ausweis hervor, und die Polizisten kannten ihn dem Namen nach, wenn nicht sogar vom Sehen. Ich zeigte meine Henkerzulassung und meinen Waffenschein. Ich erklärte, dass ich die Waffe unter der Jacke getragen habe, um die Kinder nicht zu beunruhigen. Die Polizisten nickten, notierten sich das und schienen alles zu akzeptieren.
Es war günstig für uns, dass Russell auch vor ihnen ausfallend wurde und den Schläger raushängen ließ, während ich so harmlos, so zierlich, so feminin erschien und nicht annähernd so gefährlich wie er. Edward gab seine Adresse an und dass ich bei ihm wohnte, und wir durften gehen.
Das Restaurant bot uns einen anderen Tisch an, aber seltsamerweise war Donna und den Kindern der Appetit vergangen. Ich hatte Hunger, aber mich fragte keiner. Edward bezahlte, was wir bestellt hatten, lehnte es aber ab, das Essen mitzunehmen. Ich legte ein reichliches Trinkgeld auf den Tisch, um die Sauerei auszugleichen. Dann gingen wir. Und ich hatte noch immer nichts im Magen. Vielleicht würde Edward, wenn ich nett fragte, mit mir zu einem Drive-in fahren. In der Not frisst der Teufel Fliegen.
14
Auf dem Parkplatz fing Donna an zu weinen. Becca schloss sich ihr an. Nur Peter blieb still und distanzierte sich von der allgemeinen Hysterie. Je heftiger Donna weinte, desto panischer wurde ihre Tochter, als ob sie sich gegenseitig bestärkten. Becca stieß diese hicksenden Schluchzer aus, die einen an den Rand des Hyperventilierens bringen. Ich sah Edward mit hochgezogenen Brauen an. Er machte ein ausdrucksloses Gesicht. Schließlich stieß ich ihn an. »Welche?«, formte er stumm mit den Lippen.
»Becca«, antwortete ich lautlos. Er ging vor ihnen in die Hocke. Donna saß auf der Stoßstange seines Hummers und hielt Becca auf dem Schoß. »Lass
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