Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
wurde ein bisschen kleiner, verschwand aber nicht völlig. »Mir bedeutet sie einiges, Anita. Ich dachte, dir auch.« »Tut sie, ja. Aber ... « »Aber was hat das mit Jean-Claude zu tun.« Richard sagte es
leise, aber es musste von jemandem ausgesprochen werden. Ich nickte und zog mir die Decke bis unters Kinn. »Ja.« »Kannst du einfach weiter mit ihm zusammen sein nach dieser Nacht?«
Ich setzte mich auf und griff nach seiner Hand. Er überließ sie mir. »Ich habe dich so sehr vermisst, Richard. Es war schön, mit dir zu schlafen, aber ...« Er zog die Brauen hoch. »Schön? Nur schön?«
Ich lächelte. »Es war wundervoll, und das weißt du. Und du weißt auch, dass ich das so nicht gemeint habe.« Er nickte. Die Haare fielen ihm in die Augen. Er strich sie zurück. »Ich weiß. Ich habe dich auch vermisst. Am Wochenende fühle ich mich verloren ohne dich.«
»Ich mich auch.« Ich schmiegte die Wange in seine Hand. Er seufzte. »Also willst du mit uns beiden zusammen sein?« Ich ließ seine Hand in meinen Schoß sinken und hielt sie fest.
»Würdest du damit zurechtkommen?« »Vielleicht.« Er beugte sich heran und küsste mich ganz sanft auf die Stirn. »Beachte, dass ich dich nicht gebeten habe, ihn aufzugeben und mit mir zu gehen.«
»Ich weiß, und ich bin erleichtert und überrascht. Danke, dass du das nicht verlangst.« Er blickte mich prüfend an. Er wirkte sehr ernst. »Du magst keine Ultimaten. Wenn ich dich drängen würde, würde ich verlieren.«
»Warum willst du gewinnen, Richard? Warum lässt du mich nicht einfach fallen?« Er lächelte. »Jetzt lässt sie mir die Wahl.«
»Ich habe dir schon vorher die Wahl gelassen«, sagte ich. »Ich meine, ich weiß, warum Jean-Claude sich mit mir abgibt. Ich nütze seiner Machtstellung. Du wärst besser dran, wenn du dir eine nette, sichere Wölfin als Lupa aussuchen würdest. Ich habe deine Machtstellung erschüttert.«
»Ich liebe dich«, sagte er schlicht. »Warum meinst du, dass du dich dafür entschuldigen musst?«, fragte ich. »Ich habe viel darüber nachgedacht, warum ich dich nicht hassen kann. Warum ich dich nicht aufgeben kann.«
»Und?« Ich hatte die Decke um mich gezogen wie ein Nest, damit ich mir nicht nackt vorkam. Wenn er mich im Laufe dieser Unterhaltung doch noch fallen ließ, wollte ich nicht nackt sein. Albern, aber wahr.
Richard hingegen schien seine Nacktheit nicht im Geringsten zu stören. Für mich war das ehrlich gesagt ablenkend. »Ich brauche eine menschliche Freundin, jemanden, der kein Monster ist.«
»Viele Frauen wären glücklich, dein Betthäschen zu sein.« »Das habe ich schon festgestellt«, sagte er, »aber ich habe mit keiner von ihnen geschlafen.« »Warum nicht?«
»Wenn der Vollmond nicht so nah ist, habe ich eine bessere Selbstbeherrschung. Die Augen verwandeln sich nicht, die Hände auch nicht. Man kann mich für einen Menschen halten aber ich bin keiner. Du weißt, was ich bin, und selbst du konntest es nicht akzeptieren.«
Es gab nichts, was ich dem entgegenhalten konnte, daher sagte ich nichts.
Er senkte den Blick, spielte mit dem Saum der Bettdecke. Dann wurde er sehr leise. »Während meines ersten Jahres im Rudel hatte einer von den neueren Wölfen eine menschliche Freundin. Er brach ihr das Becken, als sie miteinander schliefen.« Ich riss ein bisschen die Augen auf. »Etwas zu grob.«
Richard schüttelte den Kopf. Er ließ die Haare so nach vorne fallen, dass sie sein Gesicht zum großen Teil verdeckten. »Du verstehst das nicht, Anita. Kraft ist Kraft. Wir können Kleinwagen stemmen und werfen. Wenn man seine Kraft nicht kennt, kann man sie nicht beherrschen.« Er sah mich durch den Haarschleier an. Gabriel hatte das auch gern getan, so als wären die Haare beruhigend oder ein Fellersatz. »Du bist der erste Mensch, mit dem ich Sex hatte, seit ich Lykanthrop bin.«
»Ich fühle mich geschmeichelt, schätze ich.«
»Ich hatte Angst, dich zu verletzen wie mein Freund damals seine Freundin oder auf irgendeine andere Weise. Beim Sex verlieren wir die Kontrolle. Das gehört dazu. Ich kann sie nur ganz aufgeben, wenn ich mit einem anderen Lykanthropen zusammen bin.«
Ich sah ihn an. »Was willst du mir sagen, Richard?« »Ich will sagen, dass du mit uns beiden gehst, mit uns beiden schläfst, macht mir viel aus, aber ...« Ich starrte ihn an. Es gefiel mir nicht, dass er den Satz nicht beenden wollte. Es machte mich
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