Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
zurück und begann seinen Gürtel zu lösen.
Jetzt, aus dieser Nähe, konnte ich erkennen, was mit seinen Haaren nicht stimmte. Ich wollte mich näher heranbeugen, aber Micah hielt mich eisern fest. Ich streckte den Arm aus und strich mit den Fingerspitzen über Reece' Brust. Er stockte und sah mich an.
Das waren keine Haare. »Das sind Federn«, sagte ich leise, »weich wie Kükenflaum.« Ich wollte darüberstreichen, mich darin wälzen, die Wärme seiner Haut spüren. Ich hörte seinen hämmernden Puls, und als ich aufsah, traf ich seinen Blick. Ihm schlug das Herz im Hals wie ein eingesperrtes Tier, und ich konnte seine Angst schmecken. Schon die eine sachte Berührung und mein weicher, träumerischer Ton hatten ihn in Angst versetzt.
Micah griff um meinen Hals und meine Schultern, klemmte mich zwischen seinen Beinen ein und zog mich zu sich heran. Er beugte sich zu mir herab und drückte seine Wange an meine. »Schsch, Anita, schsch«, sagte er, aber das war mehr als nur beruhigender Zuspruch. Sein Tier rief mich. Es fühlte sich an, als ob Micah mit der Hand durch meinen Körper streichelte, mit einer sehr großen Hand. Mein Unterleib zog sich zusammen, ich wurde nass, mein Puls beschleunigte.
»Was hast du da eben gemacht?«, fragte ich keuchend.
»Der Hunger kann in sexuelle Gefühle verwandelt werden«, antwortete Micah.
»Ich wollte ihm doch gar nichts tun«, sagte ich.
»Deine Haut war heiß. Kurz vor dem Gestaltwechsel gehen wir auf Höchsttemperatur, wie ein Mensch vor einem Krampfanfall.«
Ich drehte mich zwischen seinen Knien und Armen um. »Du dachtest, ich würde die Gestalt wechseln?«
»Gewöhnlich passiert das erst nach Wochen oder beim ersten Vollmond. Aber du scheinst eher als andere Probleme zu bekommen. Wenn du dich eben zum ersten Mal verwandelt hättest, wären Rafael und ich bestimmt nicht imstande gewesen zu verhindern, dass du Reece in Stücke reißt.«
»Der erste Gestaltwechsel ist mit viel Gewalt verbunden«, bestätigte Rafael.
Reece starrte mich an, und bestimmt nicht mit romantischen Gefühlen. Micah hielt mich weiterhin fest, für den Fall, dass die sexuelle Ablenkung nicht mehr wirkte. »Sie ist seit über einem Jahr Nimir-Ra«, sagte Reece.
»Da war sie noch ein Mensch, jetzt nicht mehr«, erwiderte Rafael.
Reece starrte mich noch zwei Sekunden lang an, dann sagte er: »Also gut. Ich habe ein Muttermal in Form eines Schwans. Meine Familie wusste seit meiner Geburt, was meine Bestimmung war.«
»Davon habe ich schon gehört«, sagte Micah, »aber ich habe das immer für ein Märchen gehalten.«
Reece schüttelte den Kopf. »Es ist aber wahr.« Er lehnte sich in seinen Sitz zurück und stopfte das Unterhemd zurück in seine Hose.
»Kaspar hatte statt Haare Federn auf dem Kopf«, sagte ich.
»Bei mir wird das auch so kommen, wenn ich lang genug lebe, heißt es.« Er schien sich nicht darauf zu freuen.
»Sie sind wohl nicht gerade glücklich darüber«, sagte ich.
Er sah mich düster an, während er sich das Hemd zuknöpfte. »Sie waren mal ein Mensch, Ms. Blake, ich bin nie einer gewesen. Ich wurde als Schwanenkönig geboren, wurde von Anfang an dazu erzogen, diesen Platz einmal einzunehmen. Sie wissen gar nicht, wie das ist. Ich habe darauf bestanden, aufs College zu gehen und einen Hochschulabschluss zu machen, aber ich werde wohl nichts damit werden können, weil ich von Ort zu Ort reise, um mich um die Schwäne zu kümmern, und das kostet sehr viel Zeit.«
Meine innere Anspannung ließ allmählich nach, aber ich blieb zwischen Micahs Beinen am Boden sitzen. »Mit zehn Jahren habe ich meine erste Seele gesehen, und meinen ersten Geist noch früher. Mit dreizehn weckte ich versehentlich meinen toten Hund aus seinem Grab. Ich war im Grunde nie ein Mensch, Reece, glauben Sie mir.«
»Sie klingen verbittert«, sagte er.
Ich nickte. »Oh ja.«
»Man muss akzeptieren, wer und was man ist, sonst macht man sich selbst unglücklich«, meinte Rafael.
Reece und ich sahen ihn an, und unsere Blicke fielen nicht freundlich aus. »Lass mir ein, zwei Wochen Zeit, dann werde ich mich schon mit meinem inneren Kätzchen angefreundet haben«, sagte ich.
»Das meine ich gar nicht«, erwiderte Rafael. »Mir ist schon bei unserer ersten Begegnung aufgefallen, dass du dich selbst nicht leiden kannst. Richard ist vor seinem Tier davongelaufen und du vor deinen Gaben.«
»Ich
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