Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
mich nicht für blöd. Ich hab die Blicke gesehen. Warum können wir das Licht nicht anmachen?«
»Die schnelle Heilung macht lichtempfindlich«, erklärte Cherry.
Ich sah sie an und merkte, wie misstrauisch ich aussehen musste. »Nur deshalb habt ihr euch so angesehen?«
»Wir machen uns Sorgen, wie dein Körper auf die ... Heilprozesse reagiert.« Sie kniete sich gegenüber von Micah neben mich. Sie strich mir übers Haar, wie man seinen Hund beschwichtigt. »Wir machen uns nur Sorgen.«
»Das hab ich jetzt kapiert.« Wenn sie alle so verdammt ernst guckten, war es schwer, nicht misstrauisch zu werden. Schließlich musste ich schmunzeln. »Wahrscheinlich geht es auch ohne Licht, bis er fertig ist.«
»Gut.« Cherry lächelte und diesmal auch mit den Augen.
»Macht mal ein bisschen Platz«, schlug Micah vor. »Die Energie könnte ausgreifen.«
Cherry drückte mir noch einmal den Arm, dann stand sie auf und nahm Nathaniel ein Stück mit zurück. Micah blickte zu Merle hoch. »Du auch.«
Merle machte ein missbilligendes Gesicht, rückte aber mit den anderen weg. Schließlich standen sie alle bei Caleb neben dem Bett. Komisch, ich hatte mich so weit wie es irgend ging von dem Bett entfernt. Völlig unbewusst, ehrlich.
Micah kniete, lehnte sich bis auf die Fersen zurück, die Augen geschlossen, die offenen Hände auf den Oberschenkeln. Ich spürte, wie er sich öffnete. Seine Kräfte wirbelten über mich hinweg wie ein heißer Luftstrom, der einem die Kehle austrocknet. Ich bekam schlecht Luft. Er öffnete die Augen, sah mich an, das Gesicht entspannt, als ob er meditierte oder träumte.
Ich glaubte, er werde mir die Hände auflegen, aber die behielt er auf den Oberschenkeln. Stattdessen beugte er sich bis zu meiner Schulter herab.
Ich griff nach seinem Arm, und im Augenblick der Berührung regte sich das Tier in mir. Mir war, als glitte eine große unsichtbare Katze durch mich hindurch, etwa in der Art, wie sie einem um die Beine streichen, nur dass diese Katze Stellen streifte, die nicht mal ein Liebhaber berührte. Mir blieben die Worte im Hals stecken, und nach Micahs Gesichtsausdruck zu urteilen, spürte er es auch. Er war genauso verstört wie ich. Trotzdem kam er mit dem Oberkörper näher. Ich hielt weiter seinen Arm fest, wehrte ihn aber nicht ab und war auch nicht klar genug im Kopf, um ihn zu fragen. Seine Lippen streiften meinen Hals, wo die Narben begannen. Ich stieß einen bebenden Seufzer aus. Er drückte den Mund auf meinen Hals und drängte diese wirbelnden, lebendigen Kräfte in mich hinein. Ich wand mich, aber es tat nicht weh. Es fühlte sich sogar so gut an, dass ich ihn zurückstieß.
Mit gepresster Stimme krächzte ich: »Warte mal. Wieso mit dem Mund? Ich dachte, du legst mir die Hände auf.«
»Ich sagte, ich heile mit dem Körper«, erklärte er. Die Kräfte dehnten sich zwischen uns wie Toffee zwischen den warmen klebrigen Fingern von Kindern. Ich fürchtete, wir könnten bei der nächsten Berührung ineinanderfließen.
Ich zog die Hand weg. Sie fühlte sich an wie in Sirup. Ich war beeindruckt. »Ich dachte, das hieße Hände.«
»Dann hätte ich von Händen gesprochen.« Er beugte sich wieder über meine Schulter. Wellen der Macht schwappten gegen mich. Ich griff in seine wirren Locken und hielt ihn auf. »Was heißt Körper?«
Er lächelte freundlich herablassend und zugleich traurig. Er blieb über mich gebeugt, nah genug, um mich zu küssen, während ich die Hand in seinen Haaren behielt und die Macht um uns pulsierend anschwoll. »Mund, Zunge, Hände. Hände allein reichen nicht. Ich habe gehört, dass du auch mit deinem Körper heilen kannst.«
Ich ließ seine Haare los und hoffte, er würde ein Stück zurückweichen, was er aber nicht tat. Die Wahrheit war, dass ich mit Sex heilen konnte oder vielmehr mit körperlicher Intimität. Auf jeden Fall nichts für die Öffentlichkeit.
»Gewissermaßen«, sagte ich. Ich blickte an Micahs Kopf vorbei zu Cherry. »Ist Fleisch beschwören so ähnlich, wie wenn ich Munin rufe?« Munin war das Ahnengedächtnis der Werwölfe. Eigentlich waren es die Geister ihrer Toten. Man konnte ihr Wissen, ihre Fähigkeiten erlangen, aber auch ihre schlechten Gewohnheiten, falls man imstande war, sie in sich reinzulassen. Ich war Totenbeschwörer - alle Toten mochten mich. Der Munin, der mich am besten leiden konnte, war Raina, die alte Lupa des Rudels. Ich hatte sie
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